Jahresbericht des bundespatentgerichts für das jahr 2005
herausgegeben von der Stelle für Presse und Öffentlichkeitsarbeit des Bundespatentgerichts Hausanschrift:
Cincinnatistraße 64
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Schwerpunkt auch dieses Jahresberichts ist die Dokumentation der Rechtsprechung des
Bundespatentgerichts. In den Bereichen Patentrecht, Gebrauchsmusterrecht,
Geschmacksmusterrecht und Markenrecht werden insbesondere die Entscheidungen
dargestellt, in denen die Senate neue Probleme abgehandelt oder ihre bisherige
Rechtsprechung fortentwickelt haben.
Der zweite Teil des Berichts enthält Einzelheiten zur Geschäftslage des Gerichts. Im Jahr
2005 sind die Eingänge im Markenbereich zurückgegangen. Das hat es ermöglicht, die große
Zahl der anhängigen Markenbeschwerdeverfahren zu reduzieren. Im Bereich der technischen
Senate und der Nichtigkeitssenate unterstreicht das unvermindert hohe Geschäftsaufkommen
die Bedeutung des Bundespatentgerichts auch im Zeitalter der Globalisierung. Ein weiteres
Anwachsen der Bestände ließ sich hier nicht vermeiden. Eine Entlastung der Technischen
Beschwerdesenate wird sich aber daraus ergeben, dass die Zuständigkeit für Entscheidungen
über Einsprüche gegen Patenterteilungen ab dem 1. Juli 2006 wieder grundsätzlich beim
Deutschen Patent- und Markenamt liegen wird. Von diesem Zeitpunkt an soll nach dem
Regierungsentwurf eines Patentrechtsänderungsgesetzes vom Dezember 2005 nur noch unter
bestimmten engen Voraussetzungen eine unmittelbare Zuständigkeit des Bundespatent-
gerichts für Einspruchsentscheidungen gegeben sein.
Ergänzend zu den Jahresberichten sind die Entscheidungen des Bundespatentgerichts von nun
an auch elektronisch abrufbar. Alle Urteile und Beschlüsse, die ab dem 1. Januar 2006
ergehen, werden zeitnah aufbereitet und im Rahmen der Internet-Präsentation des
Bundespatentgerichts - www.bpatg.de - der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Dr. Hans-Georg Landfermann
Präsident des Bundespatentgerichts
BPatG Jahresbericht 2005
Organigramm (Stand: 31.12.2005)
8
Aus der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts im Jahre 2005
Patentrecht
Patentfähigkeit 10
Technische Erfindung und Erfindungsbegriff
Ausführbarkeit, klare und vollständige Lehre
Ausführbarkeit bejaht
Ausführbarkeit verneint
Definition von Begriffen und Parametern
Zum Verständnis eines Patentanspruchs
Technische Brauchbarkeit
III. Unzulässige Erweiterung
Unzulässige Erweiterung bejaht
Unzulässige Erweiterung verneint
IV. Fassung der Unterlagen
VI. Arzneimittel-Schutzzertifikate 25
VII. Einspruchsverfahren 25
Einspruchsverfahren allgemein
Einspruchsverfahren vor dem Bundespatentgericht
Zulässigkeit des Einspruchs
Einspruchsgebühr 31
Prüfung der Widerrufsgründe
Verspätetes Vorbringen
Änderung der Patentansprüche
Tenorierung bei unzulässigem Einspruch
Rechtsschutzinteresse bei Verzicht oder Erlöschen des Patents
10. Kostenfragen 38
BPatG Jahresbericht 2005
VIII. Nichtigkeitsverfahren 40
Zulässigkeit der Klage
Zulässigkeit einer Beschränkung
Akteneinsicht 41
Prüfung der Klagegründe
IX. Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt
Akteneinsicht 43
Erfinderbenennung 43
Fristverlängerung 44
Rechtliches Gehör
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Verfahrensfehler 48
Wiedereinsetzung 49
10. Kosten und Gebühren
11. Verschiedenes 54
Sonstige Verfahrensfragen
Wirksamkeit, Zulässigkeit und Statthaftigkeit der Beschwerde
Rechtliches Gehör
Kosten und Gebühren
Verfahrenskostenhilfe 60
Gebrauchsmusterrecht 62
Schutzfähigkeit 62
III. Kosten und Gebühren
Geschmacksmusterrecht 68
Verstoß gegen die guten Sitten
Kosten und Gebühren
III. Verschiedenes 69
Markenrecht 72
Nichtkonventionelle Markenformen
Dreidimensionale Marken
Positionsmarken 84
BPatG Jahresbericht 2005
Veranstaltungsmarken 88
Absolute Schutzfähigkeit
Fragen zur Verkehrsdurchsetzung
Geografische Herkunftsangaben
Berühmte Personen
III. Löschungsverfahren nach § 50 Abs. 1 MarkenG
Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse
Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit
IV. Kollisionsverfahren 106
Art der Benutzung
Allgemeine Grundsätze zur Verwechslungsgefahr
Verfahrensrecht 115
Kosten und Gebühren
Beteiligtenwechsel im Widerspruchsverfahren 116
Geschäftsbericht 2005
Überblick zur Geschäftslage
Statistiken
Rechtsmittel 126
Berufungen und Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen des Bundespatentgerichts 126
Rechtsmittelentscheidungen des Bundesgerichtshofs
Personal
Ausbildung der Patentanwaltsbewerberinnen und -bewerber
Dokumentation der Rechtsprechung
Bibliothek
Elektronischer Rechtsverkehr beim Bundespatentgericht
Zusammenarbeit mit Partnern im In- und Ausland, Öffentlichkeitsarbeit
Gesamtstatistik über die Tätigkeit des Bundespatentgerichts in den Jahren 2000-2005
BPatG Jahresbericht 2005
(Stand: 31.12.2005)
Präsident
des Bundespatentgerichts
Dr. Landfermann
Dipl.-Ing. Tödte
15. Senat
24. Senat
30. Senat
Dr. Landfermann
Dipl.-Ing. Tödte
Dipl.-Chem. Dr. Kahr
Dr. Ströbele
Dr. Buchetmann
17. Senat
25. Senat
32. Senat
Meinhardt
Dipl.-Ing. Kowalski
Dipl.-Phys. Dr. Fritsch
Prof. Dr. Hacker
19. Senat
26. Senat
33. Senat
Dr. Schermer
Dipl.-Ing. Petzold
Dipl.-Phys. Dr. Kellerer
Winkler, Matthias
10. Senat
20. Senat
27. Senat
34. Senat
Winkler, Gabriele
Dipl.-Phys. Dr. Bastian
Dr. Albrecht
Dr.-Ing. Ipfelkofer
11. Senat
21. Senat
28. Senat
35. Senat
(Beschw.Senat für
Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt
14. Senat
23. Senat
29. Senat
Dr.-Ing. Lischke
Dipl.-Chem. Dr. Schröder
Dipl.-Phys. Dr. Tauchert
Grabrucker
Verwaltung
Referent 1 Ri Knoll
(Richterliches Personal)
Referent 2 Ri Schramm
(Haushalt u. Organisation)
(Datenschutz u. Geheimschutz)
Referent 3a Ri Brandt
(Nichtrichterl. Personal)
Referent 3b ORR Schreindorfer
(Allgemeine Verwaltung)
Ri'in Dr. Mittenberger-Huber
Referent 4 Ri Dr. Mayer
(Informationstechnik)
Referent 5 Ri'in Sredl
BPatG Jahresbericht 2005
Aus der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts im Jahre 2005
Patentrecht, Gebrauchsmusterrecht und Geschmacksmusterrecht
Bei der großen Anzahl der im Berichtszeitraum 2005 ergangenen Entscheidungen des Bun-
despatentgerichts aus den Bereichen Patente, Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster kann
dieser Beitrag die aus Sicht des Autors relevanten Beschlüsse und Urteile nur schlaglichtartig
wiedergeben. Wie schon im vergangenen Jahr betreffen viele Entscheidungen unverändert die
Einspruchsproblematik. Die in diesem Bereich teilweise heterogene Spruchpraxis bei der Te-
norierung bei unzulässigem Einspruch und bei der Anzahl fälliger Gebühren bei mehreren
Einsprechenden hat sich fortgesetzt, hier tritt aber voraussichtlich eine Vereinheitlichung
durch den Gesetzgeber ein1.
Die Zusammenstellung referiert nicht nur Beschlüsse zu erstmals behandelten Fragestel-
lungen, sondern sie enthält auch teilweise Bestätigungen bereits ergangener Entscheidungen,
um deutlich zu machen, dass diese Linie weiterverfolgt wird, oder weil darin neuere Recht-
sprechung oder neuere Aufsätze berücksichtigt sind.
Um das Auffinden bestimmter Themenschwerpunkte zu erleichtern, wird zB der Komplex
„Erfindungshöhe" ausschließlich im allgemeinen Kapitel I (Patentfähigkeit) und nicht noch
einmal ergänzend im Kapitel VIII (Nichtigkeitsverfahren) behandelt. Allgemeine Gebühren-
fragen, Wiedereinsetzungsanträge und Umschreibungen findet man in der entsprechenden
patentrechtlichen Rubrik, auch wenn im konkreten Fall nicht Patente, sondern Gebrauchs-
muster oder Geschmacksmuster betroffen sind. Die unzulässige Erweiterung einer Anmel-
dung gemäß § 38 PatG und die unzulässige Erweiterung i.S.d. §§ 21 Abs. 1 Nr. 4, 22 Abs. 1
PatG werden gemeinsam unter „Unzulässige Erweiterung" behandelt.
Vgl. Regierungsentwurf unter http://www.bmj.bund.de/media/archive/1087.pdf.
BPatG Jahresbericht 2005
A. Patentrecht
I. Patentfähigkeit
Obwohl die Neuheit eine zentrale Grundvoraussetzung für die Patentfähigkeit ist, sind Be-
schlüsse, die sich mit der Neuheit des Patentgegenstands auseinandersetzen, auch im Be-
richtszeitraum 2005 eher selten. In einem solchen Fall, in dem die fehlender Neuheit von
insgesamt acht Anspruchsfassungen festgestellt wurde, hat der 4. Senat2 entschieden, dass bei
einem Sachpatent, bei dem der Schutzbereich durch eine Verwendungsangabe nicht einge-
schränkt wird, auch durch einen Disclaimer die Neuheit nicht hergestellt werden kann, wenn
dieser Disclaimer (vorliegend: „Katheter
nicht für die Kardioplegie") lediglich eine bestimmte
Verwendung ausschließt.
Die übrigen Entscheidungen zur materiellen Patentfähigkeit betreffen vorwiegend die erfin-
derische Tätigkeit und sind bis auf wenige Fälle Einzelentscheidungen ohne allgemeine Rele-
vanz. Auch die in den vergangenen Jahresberichten behandelten Fragen im Zusammenhang
mit der gewerblichen Anwendbarkeit oder der Einheitlichkeit sind derzeit nicht aktuell.
Gestiegen ist dagegen die Zahl der Entscheidungen, die sich mit der Technizität und hier ins-
besondere mit computerimplementierten Erfindungen sowie der Problematik auseinander-
setzen, wann eine im Sinne des Patentgesetzes nicht patentierbare gedankliche oder
geschäftliche Tätigkeit vorliegt.
Technische Erfindung und Erfindungsbegriff3
Computerbezogene Erfindungen
Nach einem Nichtigkeitsurteil des 2. Senats4 wird ein Datenverarbeitungsprogramm, das
keine Merkmale aufweist, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit
technischen Mitteln dienen, nicht allein dadurch zu einer Lehre auf technischem Gebiet, dass
es als „in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert" beansprucht wird (Anschluss an BGH
GRUR 2005, 143 – Rentabilitätsermittlung). Im zu entscheidenden Fall handelte es sich im
Übrigen um ein „Strukturierungsprogramm für eine Datenverarbeitungsanlage unter
Urt. v. 26.07.2005 – 4 Ni 6/04 (EU), Berufung eingelegt [X ZB 161/05].
Vgl. auch den Abschnitt „Schutzfähigkeit" in der Sektion B „Gebrauchsmusterrecht".
Urt. v. 03.03.2005 – 2 Ni 49/03 (EU), GRUR 2005, 1025 = BlPMZ 2006, 35 = CR 2005, 554 – Kfz-Kürzel.
BPatG Jahresbericht 2005
Berücksichtigung geografischer Indizierung", was dazu geführt hatte, dass der Patentinhaber
vor erfolgter Nichtigkeitserklärung etwa 6000 Betreiber von Websites abgemahnt hatte, die in
ihrem Domain-Namen ein Kfz-Kennzeichen trugen, obwohl die betreffenden Domain-
Adressen ersichtlich kein „Strukturierungsprogramm für eine Datenverarbeitungsanlage"
In einer Entscheidung vom 15.04.2003 hatte der 17. Senat5 ausgeführt, dass ein Patentan-
spruch, der auf die Implementierung einer geschäftlichen Methode mit Datenverarbeitungs-
mitteln gerichtet ist, dann nicht zum Kreis der patentfähigen technischen Erfindungen
gerechnet werden kann, wenn die geschäftliche Methode im Vordergrund steht und die Imple-
mentierung sich auf den Einsatz von gängigen Datenverarbeitungsmitteln beschränkt. Auf die
zugelassene und eingelegte Rechtsbeschwerde hin hatte der BGH6 festgestellt, dass mit den
vom BPatG getroffenen Feststellungen die Technizität der angemeldeten Lehre noch nicht
verneint werden kann. Der BGH hielt weitere tatrichterliche Aufklärung für erforderlich und
verwies die Sache an das Bundespatentgericht zurück. In seiner erneuten Entscheidung7 führt
der 17. Senat aus, dass zwar weder in der Verwendung von Schlüsselinformationen noch in
der Erzeugung des Überweisungsdatensatzes eine Anweisung zu erkennen ist, die der Lösung
eines konkreten technischen Problems dient. Dagegen erkennt der Senat an, dass dem
Verfahren zur gesicherten Durchführung einer Transaktion im elektronischen Zahlungs-
verkehr aufgrund der Anweisung, zur Übermittlung des Überweisungsdatensatzes ein
elektronisches Zahlungssystem zu benutzen, ein konkretes technisches Problem zugrunde
liegt, so dass bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit eine Aussage darüber möglich ist,
ob eine Bereicherung der Technik vorliegt, die den Patentschutz rechtfertigt. Bei dem
Anspruchsgegenstand, der technische und nichttechnische Aspekte umfasst, hat der Senat bei
der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit lediglich diejenigen Anweisungen berücksichtigt,
denen eine konkrete technische Problemstellung zugrunde liegt. Für die Prüfung des
Anspruchsgegenstandes mit technischen und nichttechnischen Aspekten auf erfinderische
Tätigkeit hat der Senat als zuständigen Fachmann denjenigen angesehen, der üblicherweise
mit der Lösung der konkreten technischen Problemstellung betraut wird, und ist dann zum
Jahresbericht BPatG 2003 Seite 10; Beschl. v. 15.04.2003 – 17 W (pat) 46/02, GRUR 2003, 1033 = BPatGE 2004, 265 – Transaktion im elektronischen Zahlungsverkehr.
BGH GRUR 2004, 428 – Elektronischer Zahlungsverkehr.
Beschl. v. 10.02.2005 – 17 W (pat) 46/02, GRUR 2006, 43 = BlPMZ 2005, 356 = Mitt 2005, 363 – Transaktion im elektronischen Zahlungsverkehr II.
BPatG Jahresbericht 2005
Ergebnis gekommen, dass das beanspruchte Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit
Programm als solches
Ein Computerprogramm, das im Rahmen der Planung einer Bahnstrecke zur Abstimmung des
Folgeabstandes zweier Züge und der Anzahl sowie der Positionen von Gleisabschnittsgrenzen
(Anordnung von Signalen bzw. Isolierstößen) eines neu zu bauenden oder zu
modernisierenden Streckenabschnitts dient und hierzu in einem Optimierungsalgorithmus
keine aktuellen Fahr- und Zugdaten der Züge auf dem Streckenabschnitt verarbeitet, sondern
das nur typische Fahrkurven von zwei Zügen verwendet, ist nach einer Entscheidung des
19. Senats8 wegen fehlender Anweisung zur Lösung einer technischen Problemstellung ein
Computerprogramm „als solches" und somit dem Patentschutz nicht zugänglich.
Geschäftliche und gedankliche Tätigkeiten
Ist ein Patentanspruch auf ein Verfahren zu Darstellung von Prozessen gerichtet, also auf den
zeitlichen Ablauf von Schritten, an deren Ende die gewünschte Darstellung des Prozessbildes
auf der Anzeigeeinheit des Rechners steht, so ist – bei zutreffend gewählter Patentkategorie –
schon zu erwägen, ob dieses Verfahren nicht unter den Schutzausschluss von Programmen für
Datenverarbeitungsanlagen fällt. Hat der Anspruch aber tatsächlich nicht eine Abfolge von
Verfahrensschritten zum Gegenstand, sondern enthält er lediglich Vorgaben zur Form der
Darstellung des Prozessbildes, so ist Gegenstand des Patentanspruchs nur eine bestimmte
Form der bloßen Wiedergabe von Informationen, die nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 4 PatG
als dem Patentschutz nicht zugängliche Erfindung anzusehen ist. Zwar kommt den in § 1 Abs.
3 Nr. 1 bis 4 PatG aufgeführten Ausnahmetatbeständen – mithin auch der Wiedergabe von
Informationen – dann technischer Charakter zu, wenn mit den beanspruchten Anweisungen
ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst wird. Ein solches konkretes
technisches Problem liegt aber dann nicht vor, wenn das beanspruchte Verfahren – wie
vorliegend – lediglich eine bestimmte Form der Prozessdarstellung erzeugt und die
eigentliche Analyse des angezeigten Prozesses sowie die sich hieraus ggf. ergebenden
Verbesserungen eines technischen Prozessablaufs nicht Gegenstand der Anmeldung sind,
Beschl. v. 11.05.2005 – 19 W (pat) 24/03, Mitt 2006, 25 – Schienengebundenes Verkehrssystem.
BPatG Jahresbericht 2005
sondern dem Betrachter der Darstellung und seinen intellektuellen Fähigkeiten überlassen
Ein Verfahren, das sich mit der Vergabe von Lizenzen für die Benutzung von
Softwaremodulen befasst und zum Zweck einer flexibleren Handhabung der Lizenzierung
vorschlägt, dass ein Lizenznehmer von einem Lizenzgeber das Recht erwirbt, im Rahmen
eines Lizenzguthabens beliebige Softwaremodule zu nutzen und nicht, wie bisher, nur das
Recht zur Nutzung genau spezifizierter Module, betrifft eine geschäftliche Tätigkeit und fällt
damit unter die im § 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG (Anm.: jetzt: § 1 Abs. 3 Nr. 3) aufgeführten
Tatbestände, die nicht als Erfindungen i.S.d. § 1 Abs. 1 PatG anzusehen sind. Dabei kann es
dahinstehen, ob das Verfahren auf eine geschäftliche Tätigkeit „als solche" gerichtet ist und
deshalb unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG (Anm.: jetzt § 1 Abs. 3 Nr.
3) fällt. Denn die Erteilung eines Patents für ein Verfahren, das der Abwicklung eines
Geschäfts mittels Computer dient, kommt nur dann in Betracht, wenn der Patentanspruch über
den Vorschlag hinaus, für die Abwicklung des Geschäfts Computer als Mittel zur
Verarbeitung verfahrensrelevanter Daten einzusetzen, weitere Anweisungen enthält, denen
ein konkretes technisches Problem zugrunde liegt. Können dem Patentanspruch über den
Einsatz eines Computers bzw. einer industriellen Steuerung hinaus jedoch keine
Anweisungen entnommen werden, die zur Lösung eines konkreten technischen Problems
dienen, liegt keine Erfindung i.S.d. § 1 PatG vor10. In die gleiche Richtung geht eine weitere
Entscheidung des 17. Senats11.
Ist ein Patentanspruch auf eine Einrichtung gestützt, der für sich gesehen zweifellos
technischer Charakter zukommt, so ist die Patentfähigkeit der Lehre des Patentanspruchs
bekanntlich nur dann zu bejahen, wenn die Lösung eines konkreten technischen Problems
gelehrt wird12. Eine solche konkrete technische Problemstellung kann nach einer
Entscheidung des 17. Senats13 in der angestrebten Vermeidung von Terminkollisionen bei der
Planung einer Reise nicht erkannt werden. Diese Problemstellung liegt vielmehr auf
geschäftlichem oder organisatorischem Gebiet. Ergibt sich eine konkrete technische
Beschl. v. 09.06.2005 – 17 W (pat) 51/03.
Beschl. v. 23.11.2004 – 17 W (pat) 59/02.
Beschl. v. 07.04.2005 – 17 W (pat) 5/03.
Vgl. auch BGH GRUR 2005, 143 – Rentabilitätsermittlung.
Beschl. v. 12.07.2005 – 17 W (pat) 333/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Problemstellung auch nicht implizit aus den im Anspruch genannten Lösungsmerkmalen,
liegt die beanspruchte Einrichtung nicht auf technischem Gebiet und ist deshalb keine dem
Patentschutz zugängliche Erfindung.
II. Ausführbarkeit,
klare und vollständige Lehre
Ausführbarkeit bzw. Klarheit und Vollständigkeit der Lehre werden zwar insbesondere im
Einspruchsverfahren häufig angegriffen. Wie in den vergangenen Jahren haben die Senate die
Ausführbarkeit aber dann dahinstehen lassen, wenn der Anmeldungsgegenstand ohnehin nicht
erfinderisch war. Es gibt jedoch eine Reihe von Beschlüssen, die sich explizit mit dieser
Fragestellung auseinandersetzen.
1. Ausführbarkeit
Nach einem Urteil des 4. Senats14 stellt bei einem „Verfahren zum Betreiben einer Anordnung
zur Haltung von Schweinen" das Merkmal, dass „jedes Tier aus eigenem Antrieb seinen Kopf
durch den Vorhang in den Einatembereich außerhalb der Schlafbox bewegt" kein
Wunschdenken im Sinne fehlender Ausführbarkeit dar, denn das tatsächliche Tierverhalten
bei der praktischen Umsetzung des Verfahrens ist kein anderes, da die Möglichkeit der
Ausrichtung der Tiere in diesem Sinne und aus eigenem Antrieb nicht allgemeinen
naturgesetzlichen Abläufen widerspricht. Da die einzelnen Tiere als Individuen zu betrachten
sind, die eigene Entscheidungen treffen können und auch gelegentlich durch andere Einflüsse
abgelenkt werden können, sieht der Senat in Fotos, welche ein zum Teil davon abweichendes
Tierverhalten zeigen, keinen Beleg dafür, dass es hinsichtlich dieses Merkmals ein generelles
Ausführungshindernis gäbe, so dass damit die generelle Ausführbarkeit in patentrechtlichem
Sinne in diesem Bereich (Biologie) nicht in Frage gestellt wird.
Widerspricht ein in einem Unteranspruch angegebenes Längenverhältnis einem in einer Figur
angegebenen Längenverhältnis, so liegt der Mangel der nicht deutlichen und vollständigen
Offenbarung dann nicht vor, wenn im Rahmen des durch den Hauptanspruch definierten
Patentgegenstands unterschiedliche spezielle Ausführungen möglich sind und die
Unterschiede die Ausführbarkeit der patentgemäßen Lehre nicht in Frage stellen15.
Urt. v. 08.12.2004 – 4 Ni 21/03 (EU), Berufung eingelegt [X ZB 46/05].
Beschl. v. 10.08.2005 – 7 W (pat) 33/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Die Wiederholbarkeit mikrobiologischer Verfahren ist nicht schon dann zu verneinen, wenn
eine spontane Mutation nur mit einer geringen Rate auftritt, die sich in einem Größenbereich
von 10-5 bis 10-10/Gen/Replikation bewegt, denn dieser sehr geringen Häufigkeit wird der
Fachmann, der mit dem Auffinden bestimmter, über spontane Mutation entstandener
Mutanten befasst ist, durch entsprechend große Ansätze zu begegnen wissen16.
Ist im Patentanspruch auf einen sehr kleinen durchschnittlichen Partikeldurchmesser (hier: 50
bis 500 Nanometer) abgestellt und enthält die Streitpatentschrift keinerlei Angaben, wie die
Bestimmung so kleiner Partikeldurchmesser vorzunehmen ist, so stellt dies zumindest dann
keinen Offenbarungsmangel im Sinne von § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG dar, wenn im Stand der
Technik Methoden beschrieben sind, die eine Bestimmung der Größe der Partikel (zB durch
Betrachten mit einem Rasterelektronenmikroskop mit anschließender arithmetischer
Ermittlung der durchschnittlichen Partikelgröße) ermöglichen17.
Für eine vollständige Offenbarung ist es ausreichend, wenn der Fachmann aufgrund seiner
Fachkenntnis die beanspruchte Lehre nachvollziehen kann. Für die Forderung nach
Benennung eines zum Anmeldetag auf dem Markt verfügbaren Bausteins zur Durchführung
eines beanspruchten Schnittstellenbetriebs gibt es keine rechtliche Grundlage18.
Obwohl es verschiedene Arten von Pilzen mit unterschiedlichen Formen gibt und somit der
Begriff „pilzförmig" nicht eine einheitliche Gestalt beschreibt, ist der Begriff „pilzförmig"
zumindest dann nicht unklar, wenn sich aus der Beschreibung ergibt, welche der
unterschiedlichen Pilzformen gemeint ist19.
Von Einsprechenden wird zur Geltendmachung der mangelnden Ausführbarkeit häufig die
Auffassung vertreten, der Patentanspruch 1 müsse eine vollständige Lehre zum technischen
Handeln angeben. Dies ist rechtlich nicht zutreffend, denn nach ständiger Rechtsprechung
müssen die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung der geschützten Erfindung benötigt,
nicht im Patentanspruch 1 enthalten sein, es genügt vielmehr, wenn sie sich aus dem Inhalt
Beschl. v. 10.05.2005 – 14 W (pat) 33/03.
Beschl. v. 13.05.2005 – 14 W (pat) 325/03.
Beschl. v. 23.06.2005 – 17 W (pat) 14/03.
Beschl. v. 17.08.2005 – 20 W (pat) 307/05, Mitt 2006, 25 – Semantischer Disclaimer.
BPatG Jahresbericht 2005
der Patentschrift insgesamt ergeben20. Diese Auffassung hat der 23. Senat21 in einer aktuellen
Entscheidung bestätigt und zusätzlich hervorgehoben, dass es auch unschädlich ist, wenn die
Merkmale des Anspruchs 1 zwar allgemein und breit gefasst sind, so dass viele Aspekte und
Realisierungen darunter fallen, wenn der Fachmann aber weiß, wie diese zu verwirklichen
2. Ausführbarkeit
verneint
Vermittelt ein Patentanspruch die Lehre, die Trocknung eines Imprägnats so durchzuführen,
dass mit Erreichen der angestrebten Restfeuchte das Harz noch unvernetzt ist, und offenbart
die erläuternde Beschreibung hierzu, dass die Trocknung bei 120°C erfolgen kann, bei der
jedoch nach der Patentschrift bei üblichen Trocknungszeiten bereits die Vernetzung eintritt,
so ist dem Patent keine Lehre dahingehend zu entnehmen, wie bei der Trocknung des Impräg-
nats vorgegangen werden muss, damit das Harz nach der Trocknung noch unvernetzt ist.
Demgegenüber greift die Argumentation, der Begriff „unvernetzt" schließe patentgemäß auch
Vernetzungsgrade bis zu 7 % mit ein, nicht durch, denn unter „unvernetzt" versteht der
Fachmann ohne jeden Zweifel zumindest dann einen Vernetzungsgrad von 0 %, wenn der
Patentschrift an keiner Stelle zu entnehmen ist, dass vom vorliegenden Patent auch höhere
Vernetzungsgrade umfasst werden sollen22.
Der 17. Senat23 hat sich mit der Frage der Zulässigkeit des Verweises auf eine eigene
Parallelanmeldung als Offenbarungsquelle auseinandergesetzt. Er bejaht die grundsätzliche
Möglichkeit, dass sich der Inhalt eines fremden Dokumentes in den Offenbarungsgehalt einer
Anmeldung mit aufnehmen lässt24. Diese setzt aber eine ausdrückliche Bezugnahme voraus,
aus der hervorgeht, was genau aus dem fremden Dokument als wesentlich für die
beanspruchte Erfindung angesehen wird. Ein Bezug mit der Formulierung, dass eine
Anmeldung den „nachfolgend beschriebenen Teil der Erkenntnisse aus der Erfindung . "
(gemeint ist eine Parallelanmeldung) nutzt und vier konkrete Punkte aufgezählt werden, ist
abschließend und lässt nicht zu, dass ein über das in der Anmeldung konkret Zitierte
BGH GRUR 2003, 223 – Kupplungsvorrichtung II mwNachw; BGH GRUR 2004, 47 – blasenfreie Gummibahn I mwNachw.
Beschl. v. 26.04.2005 – 23 W (pat) 330/03; ebenso bereits Beschl. v. 30.07.2003 – 20 W (pat) 305/02, BPatGE 47, 163 = Mitt 2003, 557 = BlPMZ 2004, 63 – Frühestmöglicher Auslösezeitpunkt.
Beschl. v. 16.11.2004 – 14 W (pat) 321/03.
Beschl. v. 28.07.2005 – 17 W (pat) 43/03.
Vgl. auch Beschl. v. 11.07.1990 – 19 W (pat) 22/88, BPatGE 31, 204.
BPatG Jahresbericht 2005
hinausgehender Inhalt der Parallelanmeldung als erfindungswesentlich offenbart zu
betrachten ist. Der Offenbarungsgehalt der Parallelanmeldung kann somit nicht zur
Erläuterung der zu prüfenden Anmeldung herangezogen werden.
Ist im Patentanspruch lediglich angegeben, dass „alle gewünschten" Frequenzen aus dem kos-
mischen Frequenzspektrum von null Hertz bis zur Lichtfrequenz mit einem verstellbaren
Plattenkondensator eingestellt werden können, und ist zum Plattenkondensator in den
Anmeldeunterlagen nicht mehr ausgeführt, als dass über zwei Zahnräder eine Übersetzung
stattfindet, um die wählbaren Frequenzen anzeigen zu können, so fehlt es an der
erforderlichen Deutlichkeit und Vollständigkeit der Offenbarung, wenn der Fachmann auch
dem Stand der Technik keine Hinweise entnehmen kann, wie mit einem Plattenkondensator
die gewünschten Frequenzen eingestellt werden sollen25.
Definition von Begriffen und Parametern
Begründet die Angabe „mikroporös" in einem Patentanspruch keinen Unterschied zum Stand
der Technik, sondern ist lediglich als qualitativer Hinweis zu verstehen, so ist dies nicht zu
beanstanden. Da dem Fachmann geläufig ist, dass die kristallografische
Dichte von
Tonmaterialien bei ca. 2,6 g/cm3 liegt, schließt er aus der Dichteangabe von weniger als 1
g/cm3 auf den pulverförmigen Zustand bezieht. Mangels näherer Angaben denkt er dann
zunächst an die für Pulverschüttungen gebräuchlichste Größe, die
Schüttdichte. Eine
ungewöhnlichere Bezugsgröße, wie bspw. die
Rütteldichte, hätte einer besonderen
Charakterisierung bedurft, so der 14. Senat26.
Ein Patentanspruch, der ohne nähere Konkretisierung die Formulierung „
geringerer Anteil
Linoleumzement" verwendet, ist zumindest dann zulässig, wenn dadurch keine Zahlenangabe
ersetzt, sondern nur für den Fachmann verständlich ausgedrückt wird, dass die eingestreuten
Partikel
weniger Linoleumzement enthalten als das Linoleumwalzfell, wie es auch in der
ursprünglichen Beschreibung angegeben ist27.
Beschl. v. 16.11.2004 – 21W (pat) 20/03.
Beschl. v. 07.12.2004 – 14 W (pat) 25/04.
Beschl. v. 09.12.2005 – 15 W (pat) 304/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Zum Verständnis eines Patentanspruchs
Sind dem Anspruchswortlaut zufolge („das Bowdenzug-Grundelement
besteht aus der
Bowdenzugseele und der Bowdenzughülle") die Bestandteile des Bowdenzug-Grundelements
mit Bowdenzugseele und Bowdenzughülle zwar
abschließend, also ohne irgendwelche
„Anschluss-Stangen" aufgezählt, sollen aber anspruchsgemäß solche „Anschluss-Stangen" an
der Bowdenzugseele
angebracht sein, sind sie demzufolge nicht Bestandteil der
Bowdenzugseele, so dass nach dem reinen Anspruchswortlaut (wie auch der ursprünglichen
Beschreibung folgend) das Bowdenzug-Grundelement die Anschluss-Stangen
nicht enthielte.
Kann der Fachmann aber aufgrund der übrigen Beschreibung unter einem
Grundelement nur
ein funktionell zusammengehöriges
Grundmodul verstehen, an das nach Art eines
Baukastensystems weitere Teile angefügt werden können, enthält ein solches Bowdenzug-
Grundmodul auch die Anschluss-Stangen und Anschluss-Hülsen28.
5. Technische
Kann mit einer Vorrichtung die angestrebte Wirkung (hier: dauernd nutzbare Energie zu
erzeugen), nicht erreicht werden, ohne der Vorrichtung von außen einen gleichwertigen
Betrag an Energie zuzuführen, so ist die Vorrichtung technisch nicht brauchbar, im Hinblick
auf die angestrebte Wirkung nicht ausführbar und somit dem Patentschutz nicht zugänglich.29
III. Unzulässige
Erweiterung
Wie differenziert die Problematik der unzulässigen Erweiterung zu betrachten ist, zeigen die
Ausführungen in einem Beschluss des 6. Senats30, in dem zunächst festgestellt wird: „Sind in
den ursprünglichen Unterlagen die Ausführungsbeispiele durchgehend in einer solchen Weise
beschrieben, dass bei einem Schwingungsdämpfer ein vorhandener Ringkanal mit einem
viskosen Medium befüllt ist, wodurch eine hydraulische Dämpfung erreicht wird, so stellt ein
geänderter Patentanspruch, der die Möglichkeit zulässt, den Ringkanal sowohl mit einem
viskosen Medium als auch ohne eine solches Mittel auszubilden, eine unzulässige
Erweiterung dar". Auf der anderen Seite formuliert der Senat dann: „Fehlt im geänderten
Anspruch die Angabe aus dem ursprünglichen Anspruch, dass der Ringkanal mit einem
Beschl. v. 08.11.2004 – 19 W (pat) 37/03.
Beschl. v. 10.01.2005 – 9 W (pat) 80/04; Beschl. v. 10.01.2005 – 9 W (pat) 91/04.
Beschl. v. 26.10.2004 – 6 W (pat) 701/03, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt.
BPatG Jahresbericht 2005
praktisch geschlossenen Querschnitt ausgeführt und durch einen Flansch verschlossen ist,
stellt der geänderte Anspruch dann keine unzulässige Erweiterung dar, wenn der Fachmann
ohne Weiteres erkennt, dass es sich hierbei nur um detaillierte Auslegungsmaßnahmen
handelt, die im Hinblick auf die beanspruchte Konzeption der hydraulischen Dämpfung nicht
zwingend ist, sondern nur die Verdrängung des viskosen Mediums beeinflusst".
Unzulässige Erweiterung bejaht
Häufig stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit, wenn bei einer Anspruchsneuformulierung
nur Teilmerkmale einer im Zusammenhang mit weiteren Merkmalen erwähnten Lehre
aufgegriffen werden. Hier hat der 5. Senat31 in einer Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerde
ausgeführt: Ist das in einen Schutzanspruch neu aufgenommene Merkmal, wonach eine
Wandung
konkave Aushöhlungen aufweist, zwar für den Fachmann den ursprünglichen
Anmeldungsunterlagen zu entnehmen, in sämtlichen Ausführungsbeispielen jedoch
ausschließlich in Kombination mit dem zugehörigen weiteren Merkmal, dass die besagten
konkaven Aushöhlungen jeweils
im Bereich der zugehörigen konvexen Ausbauchungen der
Wandung angeordnet sind, wird vom geänderten Schutzanspruch ersichtlich eine Lehre mit
umfasst, nach welcher die
konkaven Aushöhlungen auch ohne die zugehörigen
konvexen
Ausbauchungen vorhanden sein können. Kann der Fachmann eine solche Modifikation den
ursprünglichen Unterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen, geht
der beanspruchte Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich
eingereichten Fassung hinaus.
Die Formulierung, dass ein Bauteil aus verschiedenen Metallen, Keramiken oder anderen
Verbundwerkstoffen herstellbar ist, mag zunächst offen lassen, ob darunter auch Metall-
Kunststoff-Verbundstoffe fallen. Sind Verbundstoffe aber nach der Definition des
Patentinhabers dadurch charakterisiert, dass im Endwerkstoff die unterschiedlichen Vorteile
der einzelnen Werkstoffe unter Ausschließung ihrer Nachteile kombiniert werden sollen, um
bestimmte Eigenschaften – zB eine höhere Verschleißfestigkeit – zu erzielen, und ist an
keiner Stelle der Unterlagen als erfindungswesentlich offenbart, dass diese Eigenschaften im
beanspruchten Metall-Kunststoff-Verbund vorliegen, so stellt das Merkmal, dass das Bauteil
aus Metall-Kunststoff-Verbundstoffen besteht, eine den Widerruf des Patents begründende
Beschl. v. 29.09.2004 – 5 W (pat) 434/03.
BPatG Jahresbericht 2005
unzulässige Erweiterung dar, aus der keine Rechte hergeleitet werden können. Dieser Mangel
kann jedoch durch einen Disclaimer geheilt werden, der zur Folge hat, dass dieses Merkmal
bei der Beurteilung der Patentfähigkeit außer Betracht bleibt32.
Ist in den Ursprungsunterlagen ausschließlich offenbart, „dass der Türanschlagrahmen
gegenüber der Zargenverkleidung
rechtwinklig abgesetzt ist", so stellt die Weglassung des
Wortes
„rechtwinklig" eine unzulässige Erweiterung dar33.
Ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen angegeben, dass ein Steg „Z-förmig"
ausgebildet ist, und sind andere Formen nicht angesprochen, so beinhaltet ein Patentanspruch,
bei dem dieses Merkmal fehlt, zumindest dann eine unzulässige Erweiterung, wenn sich dem
Fachmann aus den Anmeldeunterlagen nicht unmittelbar erschließt, dass auch ein anders als
„Z-förmig" geformter Steg mit den übrigen Bauteilen der beanspruchten Vorrichtung
vorteilhaft zusammenwirken könnte34.
Anders als bei Bezugszeichen, die lediglich das Verständnis eines Patentanspruchs im Blick
auf eine – das gleiche Bezugszeichen enthaltende – Zeichnung erleichtern soll, kommt einer
Klammereinfügung in Form eines Begriffs nach Auffassung des 19. Senats35 eine den
Patentgegenstand bestimmende Bedeutung zu, was vorliegend auch der Anmelder geltend
gemacht hatte. Beinhaltet die Klammereinfügung eine Umdeutung ursprünglicher Merkmale,
so liegt eine unzulässige Erweiterung vor.
Ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen ausschließlich von „digitaler Aufzeichnung" die
Rede, so stellt die Formulierung „
vorzugsweise digitale Aufzeichnung" eine unzulässige
Erweiterung dar36.
Beschl. v. 12.05.2005 – 8 W (pat) 332/02; es wurde die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt [X ZB 17/05].
Beschl. v. 30.05.2005 – 11 W (pat) 319/02.
Beschl. v. 27.09.2005 – 19 W (pat) 305/02.
Beschl. v. 22.08.2005 – 19 W (pat) 337/03.
Beschl. v. 12.07.2005 – 21 W (pat) 23/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Unzulässige Erweiterung verneint
Ist im ursprünglichen Patentanspruch und in der ursprünglichen Beschreibung für ein Bauteil
ein spezieller Werkstoff (hier: „Plastik") angegeben, so stellt eine Verallgemeinerung unter
Weglassung des speziellen Werkstoffs zumindest dann keine unzulässige Erweiterung dar,
wenn in den ursprünglichen Unterlagen in einem nebengeordneten Anspruch eine alternative
Ausführungsform offenbart ist, die keine Bezugnahme auf ein bestimmtes Material enthält37.
Wird das Merkmal eines im Patentanspruch genannten Kanals durch den Zusatz „einzigen"
ergänzt, wobei das Merkmal „einziger Kanal" der Patentschrift expressis verbis nicht
entnehmbar ist, so stellt dies zumindest dann keine unzulässige Erweiterung dar, wenn dieser
Kanal in der Patentschrift immer nur im Singular genannt wird38.
Geht das neu eingefügte Merkmal, dass eine Nachverdichtung „ohne weitere Materialzugabe"
erfolgt, aus den ursprünglichen Unterlagen wörtlich nicht hervor, ist aber der
Verfahrensschritt der Nachverdichtung in den gesamten Unterlagen so beschrieben, dass der
Fachmann nur an eine Verdichtung mittels eines mechanischen Verdichtungselements denkt
und an keiner Stelle von einer Nachverdichtung mittels weiterer Materialzugabe die Rede ist,
erschließt sich das fragliche Merkmal dem Fachmann ohne weiteres, so dass keine
unzulässige Erweiterung vorliegt39.
Ist in der ursprünglichen Beschreibung angegeben, dass sich das Gewicht alternativ durch
eine Rechenschaltung oder durch einen Gewichtssensor ermitteln lässt, so folgt hieraus, dass
die Gewichtsbestimmung zur Ermittlung des Restrollendruckwertes nicht nur berechnet,
sondern auch auf andere Weise ermittelt und einer Regelschaltung zugeführt werden kann.
Dieses Ermitteln und Weitergeben ist aber nichts anderes als eine Vorgabe an die
Regelschaltung, so dass die Wortwahl „vorgegebener" (als Alternative zu „berechneter")
Restrollendruckwert den Sachverhalt im Einklang mit der Ursprungsoffenbarung zutreffend
beschreibt und demgemäß nicht zu beanstanden ist. Insofern stellt es keine unzulässige
Erweiterung dar, wenn die ursprüngliche Angabe „weniger als 3 %" durch „vorgegebener
Restrollendruckwert" ersetzt wird40.
Urt. v. 24.11.2004 – 4 Ni 33/03 (EU), Berufung eingelegt [X ZB 44/05].
Beschl. v. 29.09.2004 – 7 W (pat) 55/02.
Beschl. v. 18.11.2004 – 8 W (pat) 9/02.
Beschl. v. 27.09.2004 – 11 W (pat) 315/02.
BPatG Jahresbericht 2005
Wird das Merkmal „voneinander gleich oder unterschiedlich beabstandet" unter Streichung
von „gleich oder unterschiedlich" abgeändert in „voneinander beabstandet", so liegt keine
unzulässige Erweiterung vor. Für die relativen Abstände von mehreren Objekten gibt es nur
die Möglichkeiten jeweils „gleich beabstandet" oder jeweils „verschieden beabstandet", so
dass die Streichung dieser platt selbstverständlichen Konkretisierung den unter Schutz zu
stellenden Gegenstand in keiner Weise verändert41.
Heißt es in einem geänderten Patentanspruch anstelle der ursprünglichen Formulierung „zur
Aufnahme und Positionierung" nunmehr lediglich „zur Positionierung", so stellt dies keine
unzulässige Erweiterung dar, weil ein Gegenstand, damit er sich irgendwo positionieren lässt,
dort selbstverständlich aufgenommen werden muss42.
Eine auf den ersten Blick als unzulässige Funktionsvertauschung erscheinende
Umformulierung eines Patentanspruchs (ursprünglicher Anspruch: „wobei die Kathoden mit
den Permanentmagneten Magnetfelder erzeugen", erteilter Anspruch: „Permanentmagnete,
die mit den Kathoden Magnetfelder erzeugen"), stellt zumindest dann keine unzulässige
Erweiterung dar, wenn es sich dabei lediglich um eine andere sprachliche Umschreibung des
gleichen physikalischen Sachverhalts handelt, wonach Permanentmagnete mit den Kathoden
(aus magnetisierbarem Material) „zusammenwirken" und dadurch Magnetfelder „erzeugen"43.
Beansprucht ein erteilter Anspruch 1 bei einem Zigarettenfilter eine Tabakstopfdichte von
350 bis 450 g/cm3, so stellt das für den Fachmann ohne weiteres erkennbar keine sinnvolle
Angabe dar, da diese Dichte sogar die dichtesten chemischen Elemente um ein Mehrfaches
übertreffen würde. Da Tabakstopfdichten mit dreistelligen Zahlenangaben üblicherweise in
der Einheit „mg/cm3" angegeben sind44 und da die im erteilten Anspruch 1 angegebene
Dichte um den Faktor 1000 von den bei der Zigarettenherstellung überhaupt sinnvoll
angewandten Stopfdichten abweicht, ist für den Fachmann ohne weiteres erkennbar, dass dem
Patentinhaber bei der Angabe der Einheit für die Stopfdichte im Anspruch 1 ein Schreibfehler
unterlaufen ist und es richtig „mg/cm3" heißen muss. Eine entsprechende Korrektur des
Patentanspruchs 1 ergibt daher keine unzulässige Erweiterung und schafft auch keinen
Beschl. v. 06.06.2005 – 11 W (pat) 344/03.
Beschl. v. 05.04.2005 – 21 W (pat) 303/03.
Beschl. v. 26.04.2005 – 23 W (pat) 330/03.
Anm.: Es erfolgt im Beschlusstext an dieser Stelle ein Hinweis auf einen einschlägigen Fachartikel.
BPatG Jahresbericht 2005
Nichtigkeitsgrund durch Erweiterung des Schutzbereichs. Wird diese offenbare Unrichtigkeit
nach Veröffentlichung der Patentschrift lediglich durch einen Hinweis im Patentblatt
„berichtigt", so stellt das keine Berichtigung des Erteilungsbeschlusses dar, der allein für den
Inhalt des Patents maßgeblich ist45.
3. Disclaimer
Geht der Gegenstand eines Patents über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus und
ist eine beschränkte Aufrechterhaltung unter Einfügung einer entsprechenden Erklärung –
eines „Disclaimers" – möglich, so dient es nach einer Entscheidung des 20. Senats46 der
Rechtssicherheit, wenn der Disclaimer erläutert, in welchem Zusammenhang das ursprünglich
nicht offenbarte Merkmal mit anderen Merkmalen steht, die ursprünglich offenbart sind, so
dass deutlich wird, in welchem Umfang das Patent durch die Aufnahme des Disclaimers
beschränkt wird. Dies kann auch durch die Erläuterung des Bedeutungsinhalts des
ursprünglich nicht offenbarten Merkmals erfolgen; Fortführung der bisherigen
Rechtsprechung des Senats47. Grundsätzlich erachtet es der Senat zur eindeutigen Information
der Öffentlichkeit für sinnvoll, einen für notwendig gehaltenen Disclaimer unmittelbar in die
Patentansprüche aufzunehmen. Wenn es allerdings das Verständnis des Patentanspruchs
erheblich erschweren würde, weil der Disclaimer relativ lang ist, kann dieser zweckmäßig als
Fußnote angebracht und die Bezugsstelle im Anspruch durch ein Bezugszeichen
gekennzeichnet werden.
IV. Fassung
Unterlagen
Die an sich unverständliche Angabe „ "-sec Impuls kann zumindest dann nachträglich in
„μ"-sec Impuls geändert werden, wenn aus der Beschreibung hervorgeht, dass ein 100 msec
Impuls um den Faktor 1000 größer als ein 100 „ "-sec Impuls ist, d.h. dass es sich nach
üblichem Sprachgebrauch bei letzterem um einen 100 μsec- Impuls handeln muss48.
Beschl. v. 14.10.2004 – 34 W (pat) 319/02.
Beschl. v. 17.08.2005 – 20 W (pat) 307/05, Mitt 2006, 25 – Semantischer Disclaimer.
47 Beschl. v. 26.03.2002 – 20 W (pat) 15/00, BPatGE 45, 80 = Mitt 2002, 279 – Automatische
Beschl. v. 19.05.2005 – 17 W (pat) 73/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Beschreibt ein lediglich aus Sachmerkmalen bestehender Oberbegriff eines
Verfahrensanspruchs eine Anlage mit „Einheiten", so kommt der Spezifizierung „Einheiten
in
einer Anlage" keine Bedeutung hinsichtlich des Betriebszustandes der Anlage zu, sondern
sagt nur etwas über die räumliche und funktionelle Zuordnung der Einheiten zur Anlage als
solcher aus. Eine Aussage darüber, ob und in welcher Weise diese Einheiten zB bei
Wartungsarbeiten mit der Anlage verbunden sind, entnimmt der Fachmann dem Wort „in"
nicht. Eine Streichung des Wortes „in" mit der schließlichen Formulierung „Einheiten einer
Anlage" stellt daher keine (unzulässige) Änderung des Verfahrens bzw. der Vorrichtung dar.49
Ist eine elektronische Steuereinrichtung als Mikrocontroller ausgebildet, der anspruchsgemäß
nur einen Bedienschalter und nur einen Programmierschalter aufweist, versteht der Fachmann
diese Formulierung so, dass alle vorgesehenen Bedien- und Programmierfunktionen durch
diese beiden Schalter allein ausgeführt werden können. Da an Mikrocontrollern keine
tatsächlichen „Schalter" vorhanden sind, wird der Fachmann die Formulierung „aufweisen"
als eine Wirkverbindung (über eine elektrische Leitung oder Funk) verstehen.50
Da die neuere Rechtsprechung51 des Bundesgerichtshofes für die Wirksamkeit einer Teilungs-
erklärung nicht voraussetzt, dass bereits durch die Teilungserklärung ein gegenständlich
bestimmter Teil des Patents definiert wird, der von diesem abgetrennt wird, ist auch für den
Fall, dass – zB durch Einreichung von Patentansprüchen – tatsächlich ein gegenständlich
bestimmter Teil der Patentanmeldung definiert worden ist, die Wirksamkeit der
Teilungserklärung als solche nicht mehr zu prüfen. Sind die weiteren in § 39 Abs. 2 und 3
PatG vorgeschriebenen Erfordernisse fristgemäß erfüllt, liegt eine in jeder Hinsicht wirksame
Teilung vor, auch wenn hierdurch möglicherweise in der Stammanmeldung gar nicht
vorhandene Gegenstände herausteilt werden. Insoweit kann eine unzulässige Erweiterung –
ebenso wie die unzulässige Doppelpatentierung– nicht durch inhaltliche Anforderungen an
die Teilungserklärung vermieden werden, sondern allein durch entsprechende Anforderungen
Beschl. v. 03.08.2005 – 19 W (pat) 315/03.
Beschl. v. 17.01.2005 – 19 W (pat) 341/02.
BGH BlPMZ 2003, 66 – Sammelhefter.
BPatG Jahresbericht 2005
an die jeweils zu gewährenden oder aufrechtzuerhaltenden Ansprüche in der
Trennanmeldung52.
VI. Arzneimittel-Schutzzertifikate
Der Zeitpunkt, zu dem für das Erzeugnis als Arzneimittel die Genehmigung für das
Inverkehrbringen nach Art. 3 Buchst. b) der Verordnung Nr. 1768/92 EWG des Rates (VO)
erteilt wurde und ab dem gemäß Art. 7 Abs. 1 der VO die Frist für die Anmeldung des
Zertifikats läuft, ist der Zeitpunkt der Genehmigung, wie er nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. d) der
VO aus den Anmeldeunterlagen zu ersehen sein muss (vgl. auch Art. 9 Abs. 2 Buchst. d) und
Art. 11 Abs. 1 Buchst. d) der VO). Das ist das Ausstellungsdatum der Genehmigung.53
VII. Einspruchsverfahren
1. Einspruchsverfahren
allgemein
Der Antrag eines Einsprechenden, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, sofern der
Patentinhaber innerhalb des Einspruchsverfahrens nicht auf den Patentanspruch X verzichten
sollte, ist so auszulegen, dass der Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt ist unter
der auflösenden Bedingung, dass der Patentinhaber auf den Anspruch X verzichtet. Diese an
eine innerprozessuale Bedingung geknüpfte Formulierung eines Antrags ist zulässig. Auch
der Hilfsantrag, das Patent teilweise zu widerrufen, und zwar im Umfang des Gegenstands
des dem Patentanspruch 1 untergeordneten Patentanspruchs X, ist zulässig.54
Der Patentinhaber muss im Einspruchsverfahren keinen förmlichen Antrag stellen. Beantragt
der Patentinhaber im Einspruchsverfahren die Aufrechterhaltung seines Patents allein in einer
unzulässig geänderten Fassung, so ist das Patent zu widerrufen. Es ist dann nicht mehr zu
prüfen, ob dem Patent in der erteilten Fassung Widerrufsgründe des PatG § 21 Abs. 1
entgegenstehen.55
Beschl. v. 27.06.2005 – 10 W (pat) 23/03; Fortführung von Beschl. v. 07.05.2004 – 10 W (pat) 27/02.
53 Beschl. v. 23.06.2005 – 15 W (pat) 59/03, Mitt 2006, 73 – Zeitpunkt der Genehmigung für das
Inverkehrbringen eines zugelassenen Arzneimittels; Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt [X ZB 30/05].
Beschl. v. 26.01.2005 – 11 W (pat) 340/03.
55 Beschl. v. 08.08.2005 – 34 W (pat) 702/03, GRUR 2006, 46 = BlPMZ 2006, 41 – Vollmantel-
Schneckenzentrifuge, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt.
BPatG Jahresbericht 2005
Einspruchsverfahren vor dem Bundespatentgericht
Auch bei einem gemäß § 4 Abs. 1 ErstrG erstreckten Patent sind grundsätzlich die
Vorschriften des Bundesrechts anzuwenden, eine Ausnahme machen nur die Voraussetzungen
der Schutzfähigkeit und die Schutzdauer (§ 5 ErstrG). Zwar lag bei DD-Patenten gemäß § 6
ErstrG i.V.m. § 58 Abs. 1 PatG schon ein zunächst als bestandskräftig geltender
Erteilungsbeschluss vor, der Antrag nach § 12 Abs. 1 ErstrG hat aber ein Prüfungsverfahren
eröffnet, das einem solchen nach §
44 PatG entspricht56. Nach einem solchen
Prüfungsverfahren ist eine zügige Erledigung von Einsprüchen mindestens ebenso
erstrebenswert wie bei nicht erstreckten Patenten. Dies zeigt auch § 12 Abs. 4 ErstrG, der die
Nichtigkeitsklage – abweichend von § 81 Abs. 2 PatG – bereits vor rechtskräftigem
Abschluss des Prüfungsverfahrens zulässt, um zu verhindern, dass ungeprüfte Schutzrechte zu
lange als bestandskräftig gelten. Gegen die Anwendbarkeit von § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG auf
erstreckte DD-Patente bestehen daher keine Bedenken.57
Für die Zeit vom 01.01.2002 bis zum Inkrafttreten des § 147 Abs. 3 Satz 3 PatG im Rahmen
des sogen. Transparenz- und Publizitätsgesetzes vom 19.07.2002 – gültig seit 26.07.2002 –
hatten Einsprechende in Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes ein Wahlrecht, den
Einspruch beim DPMA oder beim BPatG einzulegen. Dies gilt in verfassungskonformer
Auslegung von § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PatG aus Gründen der Gleichbehandlung auch für
Einsprechende gegen ein Patent, das noch im Jahr 2001 veröffentlicht worden war, wenn die
Einspruchsfrist erst im Jahr 2002 ablief. Eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des
Einspruchs ist in einem solchen Fall nicht zwingend geboten58; vgl. dazu ergänzend den
Abschnitt „rechtliches Gehör".
Zulässigkeit des Einspruchs
Die Rechtsprechung zur Thematik der ausreichenden Substantiierung von Einsprüchen
erscheint uneinheitlich. Dies gilt insbesondere für die Rechtsprechung des juristischen
Beschwerdesenats auf der einen Seite und der technischen Beschwerdesenate auf der anderen
Vgl. auch Beschl. v. 15.04.2004 – 10 W (pat) 47/01.
Beschl. v. 15.02.2005 – 8 W (pat) 315/02, Mitt 2006, 76 (nur Leitsatz) – Einspruch gegen DD-Patent.
Beschl. v. 03.11.2004 – 9 W (pat) 701/04.
BPatG Jahresbericht 2005
Seite; vgl. dazu bspw. die Entscheidung des 10. Senats59 und des 19. Senats60, die weiter
unten behandelt werden.
Zulässigkeit bejaht
Hat die im Einspruchsschriftsatz als Einsprechende bezeichnete Firma (hier: „Gesellschaft für
. mbH & Co. KG") unbestritten nie existiert und ist aus den innerhalb der Einspruchsfrist
eingegangenen Unterlagen erkennbar, dass eine fehlerhafte Bezeichnung für eine andere
Firma (hier: „Gesellschaft für . mbH") vorliegt, so ist der Einspruch zumindest dann
zulässig, wenn das Patentamt zB durch die im Einspruchsschriftsatz in Bezug genommene
allgemeine Vollmacht die tatsächliche Person des Einsprechenden bestimmen kann.61
Bei der Verschmelzung zweier Firmen ist kein individueller Nachweis der Übertragung von
Rechten erforderlich, weil nach § 20 Nr. 1 UmwG das gesamte Vermögen des übertragenden
Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger
übergeht. Insoweit bedarf es auch bei Geltendmachung einer widerrechtlichen Entnahme im
Falle des Wechsels der Einsprechenden für die Beurteilung der Zulässigkeit des Einspruchs
keines weiteren Nachweises, dass der übernehmende Rechtsträger auch Inhaber der Rechte
geworden ist, die sich aus einem Zusammenarbeitsvertrag zwischen dem übertragenden
Rechtsträger und Dritten ergeben.62
Wendet der Einsprechende gegen ein wesentliches Merkmal des streitpatentgemäßen Ver-
fahrens nur pauschal ein, dass dies dem Fachmann „allgemein bekannt sei", so hat er damit
die aus seiner Sicht einen Widerruf des Patents rechtfertigenden Gründe in ausreichender
Weise angegeben. Ob diese Begründung auch trägt, ist keine Frage der Zulässigkeit des
Einspruchs, sondern eine Frage der Begründetheit.63
Die BGH-Rechtsprechung, dass im Einspruch ein Tatsachenvortrag auch in knappster Form
genügt, sofern er nur einen bestimmten Tatbestand erkennen lässt64, hat der 10. Senat65 aktuell
Beschl. v. 09.09.2005 – 10 W 60/03.
Beschl. v. 21.07.2005 – 19 W 333/03.
Beschl. v. 16.12.2004 – 6 W (pat) 705/02, Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt [X ZB 32/04].
Beschl. v. 21.03.2005 – 9 W (pat) 353/02.
Beschl. v. 29.06.2005 – 7 W (pat) 323/03.
BGH GRUR 1988, 364 – Epoxidation.
Beschl. v. 09.09.2005 – 10 W (pat) 60/03.
BPatG Jahresbericht 2005
wie folgt konkretisiert: Betrifft der Stand der Technik von der Bezeichnung her eine
bestimmte Vorrichtung, so bedarf es dann keiner zusätzlichen Darlegung einer bestimmten
Eigenschaft dieser Vorrichtung, wenn diese Eigenschaft bereits begrifflich vorliegen
muss.
Enthält der Streitgegenstand „wenigstens eine Öffnung", so bedarf es – auch ohne
ausdrücklichen Hinweis in der Einspruchsschrift – keines Eingehens auf dieses Merkmal,
wenn ohne eine solche Öffnung der bestimmungsgemäße Gebrauch der bekannten
Vorrichtung gar nicht möglich wäre.
Ein Einspruch, der sich bei den Ausführungen zum Hauptanspruch mit einem bestimmten
Teilmerkmal nicht auseinandersetzt, ist zumindest dann zulässig, wenn dieses Teilmerkmal
im Zusammenhang mit Unteransprüchen abhandelt wird. Da die Unteransprüche auf den
Hauptanspruch zurückbezogen sind, schließen sie somit dessen Merkmale ein.66
Ein Einspruch, der sich ausschließlich mit den kennzeichnenden Merkmalen des
Hauptanspruchs auseinandersetzt, ist zumindest dann zulässig, wenn die im
Einspruchsschriftsatz nicht erörterten Merkmale des Oberbegriffs dieses Anspruchs derart
allgemein üblich sind, dass der Fachmann diese Merkmale als selbstverständlich in Gedanken
gleich mitliest.67
Zulässigkeit verneint
Hebt die Prüfungsstelle auf eine Beschwerde wegen nicht antragsgemäßer Erteilung ihren
(ersten) Erteilungsbeschluss lediglich auf und behält die Patenterteilung ausdrücklich einem
besonderen Beschluss vor, so stellt diese Entscheidung keine Abänderung des
Erteilungsbeschlusses mit der Wirkung einer Abhilfe dar. Zum Abschluss der Abhilfe ist
vielmehr ein neuer (antragsgemäßer) Erteilungsbeschluss zu erlassen. Erst die dann folgende
dementsprechende Veröffentlichung der Erteilung ist für die Einspruchsfrist maßgeblich. Die
bereits aufgrund des ersten Erteilungsbeschlusses erfolgte Veröffentlichung ist mangels
Patenterteilung unwirksam, so dass ein dagegen gerichteter Einspruch gegenstandslos und als
unzulässig zu verwerfen ist.68
Beschl. v. 23.02.2005 – 19 W (pat) 343/02.
Beschl. v. 07.04.2005 – 23 W (pat) 333/03.
Beschl. v. 17.03.2005 – 11 W (pat) 369/04.
BPatG Jahresbericht 2005
Trägt die Titelseite einer im Einspruchsverfahren als Entgegenhaltung genannte und eine
„Installations- und Wartungsanleitung" betreffende Firmenschrift den optisch markanten und
mit Ausrufungszeichen versehenen Hinweis „Nur für den Fachhandwerker!", so kann anders
als bei einer Informationsschrift für Kunden oder einer Werbebroschüre nicht untersterstellt
werden, dass für diese Firmenschrift eine „alsbaldige Verteilung an eine unbegrenzte
Öffentlichkeit" üblich ist. Für eine solche Installations- und Wartungsanleitung muss
vielmehr davon ausgegangen werden, dass diese erst bei der Auslieferung des jeweiligen
Geräts diesem beigepackt ist. Ist diese Firmenschrift die einzige Entgegenhaltung, so ist der
Einspruch in seinem Kern auf eine behauptete Vorbenutzung gestützt und muss bezüglich der
Vorbenutzung die üblichen Anforderungen (bspw. Angaben über Lieferungen ohne
Geheimhaltungsverpflichtung) erfüllen. Ist aber im Einspruchsschriftsatz nicht einmal
behauptet, dass das zugehörige Gerät – und damit die beigepackte Installations- und
Wartungsanleitung – vor dem Anmeldetag durch Lieferung ohne
Geheimhaltungsverpflichtung der Öffentlichkeit zugänglich geworden ist, so ist der Einspruch
nicht ausreichend substantiiert und damit unzulässig.69
Ein Einspruch, der lediglich darauf hinweist, dass einige Merkmalen des strittigen Anspruchs
an sich bekannt sind, und keinen Zusammenhang zwischen diesen an sich bekannten
Merkmalen und den weiteren beanspruchten Merkmalen herstellt, ist unzureichend
substantiiert.70
Ein Einspruch, der bezüglich des Oberbegriffs keinen dem Oberbegriff des Streitpatents
entsprechenden Stand der Technik nennt und auch nicht einmal pauschal auf den in der
Streitpatentschrift genannten Stand der Technik Bezug nimmt, ist nicht ausreichend
substantiiert und somit unzulässig71.
Ist nach dem Hauptanspruch ein „gummielastisches" Element vorgesehen, so ist ein
Einspruch, der lediglich auf das Bekanntsein von „elastischen" Elemente abstellt, unzulässig
und somit als unzulässig zu verwerfen.72
Beschl. v. 26.09.2005 – 19 W (pat) 305/04.
Beschl. v. 21.07.2005 – 19 W (pat) 333/03.
Beschl. v. 22.09.2005 – 21 W (pat) 343/04.
Beschl. v. 22.02.2005 – 23 W (pat) 318/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Hat ein Einsprechender, der bis zum Anmeldetag des Patents Angestellter des Patentinhabers
war, in einer Besprechung mit einem Patentanwalt mit dem Ziel der Vorbereitung der
Anmeldung des Streitpatents auf die Frage des Patentanwalts, wer der Erfinder sei,
geschwiegen und ist er auch seiner Verpflichtung zur Erfindungsmeldung gemäß § 5
ArbnErfG nicht nachgekommen, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass der
Patentinhaber ohne Einwilligung des Einsprechenden gehandelt hat. Da somit die
Voraussetzung für die widerrechtliche Entnahme nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG, nämlich die
Entnahme des wesentlichen Inhalts des Patents
ohne Einwilligung, fehlt, ist der auf
widerrechtliche Entnahme gestützte Einspruch unzulässig.73
Die Frage, ob das Vorliegen einer Nichtangriffsverpflichtung der Wirksamkeit eines
Einspruchs entgegensteht oder nicht, ist seit langem strittig74.
Während der 6. Senat75 und der 12. Senat76 in älteren Entscheidungen zu dem Ergebnis
gekommen waren, dass sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben eine im
Einspruchsverfahren zu berücksichtigende Nichtangriffspflicht ergeben kann, hatte der
21. Senat77 im Jahr 2004 entschieden, dass der Einwand der Nichtangriffsverpflichtung im
Einspruchsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist. Dieser Auffassung ist nun der
15. Senat78 in einer aktuellen Entscheidung gefolgt und hat sich ebenfalls auf den Standpunkt
gestellt, dass gegen die Zulassung des Einwands der Nichtangriffsabrede im
Einspruchsverfahren schon die Rechtsnatur des Einspruchs als Popularrechtsbehelf spricht.
Das Einspruchsverfahren wird vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht, die Beteiligten
können weder über den Streitstoff noch über das Verfahren frei verfügen (§ 61 Abs. 1 S. 2),
denn das Verfahren wird von Amts wegen ohne den Einsprechenden fortgesetzt, wenn der
Einspruch zurückgenommen wird.
Beschl. v. 07.12.2004 – 23 W (pat) 335/03.
Vgl. auch
Winterfeldt in: Festschrift 50 Jahre VPP 2005, 210-224.
GRUR 2005, 182 – Feuerwehr-Tableau-Einheit, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt.
Beschl. v. 20.01.2005 – 15 W (pat) 313/02.
BPatG Jahresbericht 2005
4. Einspruchsgebühr
Wie schon in den Vorjahren79 ist der 20. Senat80 erneut zum Ergebnis gekommen, dass für
den gemeinsamen Einspruch mehrerer Einsprechender, die jeweils auf eine einheitliche
Einspruchsbegründung gestützt sind, in einem gemeinsamen Schriftsatz und durch einen
gemeinsamen Bevollmächtigten erhoben wurden, die Entrichtung einer einzigen
Einspruchsgebühr in Höhe von 200 € ausreicht81.
Demgegenüber hat jetzt aktuell der 11. Senat82 festgestellt, dass die Einspruchserhebung für
mehrere Einsprechende durch gemeinsame Vertreter mit einem gemeinsamen Schriftsatz
gebührenrechtlich nicht privilegiert ist, so dass ausnahmslos die allgemeine Gebühren-
regelung nach dem Patentkostengesetz gilt83. Da der Einspruch nicht teilbar ist, hat jeder
Einsprechende für seinen Einspruch eine Einspruchsgebühr zu zahlen. Jeder Einsprechende
muss Beteiligtenfähigkeit besitzen, also partei- und rechtsfähig sein. Eine Personenmehrheit
kann nur dann gemeinsam einen einzigen Einspruch erheben, wenn sie – innerhalb der
Einspruchsfrist erkennbar – eine rechtsfähige Personengesellschaft, insbesondere (Außen-)
Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bildet, die als eine selbst beteiligtenfähige Einsprechende
handelt. Wie der vom BGH in seinen die gemeinsame Beschwerdeeinlegung mehrerer
Einsprechender betreffenden Entscheidungen „Einsteckschloss"84 und „Transportfahrzeug"85
verwendete Begriff „Rechtsgemeinschaft" zu verstehen ist und weshalb eine
„Rechtsgemeinschaft" die gebührenrechtliche Einheit begründen soll, erscheint dem Senat
Wird dagegen von einem gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten für mehrere
Einzelpersonen Einspruch eingelegt, die keine Personengesellschaft i.S.d. § 14 Abs. 2 BGB
bilden, und werden für die Einzelpersonen auch unterschiedliche Widerrufsgründe geltend
gemacht, handelt es sich um rechtlich getrennte Einsprüche, für die die Zahlung einer
Vgl. bspw. Jahresbericht BPatG 2003, Seite 33.
Beschl. v. 01.12.2004 – 20 W (pat) 335/03.
81 Vgl. auch Beschl. v. 01.12.2003 – 20 W (pat) 309/03, Mitt 2004, 437 – Eine Einspruchsgebühr bei
gemeinsamem Einspruch; Beschl. v. 26.01.2004 – 34 W (pat) 325/02; Beschl. v. 26.03.2004 – 14 W (pat) 327/02; Beschl. v. 26.10.2004 – 23 W (pat) 325/03.
Beschl. v. 24.01.2005 – 11 W (pat) 345/04 – Einspruchsgebühren, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt.
Entgegen Beschl. v. 01.12.2003 – 20 W (pat) 309/03, BlPMZ 2004, 469 = Mitt 2004, 174.
BPatG Jahresbericht 2005
einzigen Einspruchsgebühr nicht ausreicht. Da sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen
innerhalb der Einspruchsfrist erfüllt sein müssen, lässt sich die nicht gegebene Voraussetzung
„gemeinsame Begründung" auch nicht dadurch erreichen, dass die einheitliche Begründung
nachgereicht wird oder die Einsprüche bis auf einen zurückgenommen werden. Kann die
gezahlte (einfache) Einspruchsgebühr innerhalb der Einspruchsfrist nicht einem bestimmten
Einsprechenden zugeordnet werden, gelten sämtliche Einsprüche als nicht erhoben.86
Wird bei Einspruchseinlegung nicht zugleich die erforderliche Einspruchsgebühr entrichtet,
gibt es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Verpflichtung des Patentamts gegenüber
dem Einsprechenden, diesen auf die ablaufende Frist zur Zahlung der Einspruchsgebühr
hinzuweisen. Ein solcher Hinweis verbietet sich im zweiseitigen Einspruchsverfahren schon
aus grundsätzlichen Überlegungen, da das Patentamt andernfalls Gefahr liefe, sich dem
Vorwurf der Parteilichkeit auszusetzen.87
Prüfung der Widerrufsgründe
Widerrechtliche Entnahme
Liegt unbestritten eine Diensterfindung vor, kann von einem – nicht als Miterfinder
genannten – Beschäftigten des Patentinhabers keine widerrechtliche Entnahme geltend
gemacht werden, eine solche kommt erst nach Freigabe der Erfindung in Betracht. Eine
Freigabe nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbEG hat aber zur Vorraussetzung, dass der Einsprechende
die Erfindung ordnungsgemäß nach § 5 Abs. 1, 2 ArbEG gesondert in schriftlicher Form
gemeldet oder der Arbeitgeber auf die Schriftform verzichtet hat. Bloße Gespräche zwischen
dem Einsprechenden und dem in der Anmeldung genannten Erfinder sowie weiteren
Beschäftigten des Patentinhabers stellen keine ordnungsgemäße Meldung gemäß § 5 Abs. 1, 2
ArbEG dar. Ob der Patentinhaber die Erfindung des Einsprechenden durch entsprechende
Erklärung gegenüber dem Einsprechenden nach Einlegung des Einspruchs noch wirksam in
Anspruch genommen hat, kann offen bleiben, denn eine Entnahmehandlung muss zeitlich vor
der Anmeldung liegen.88
Beschl. v. 04.11.2005 – 14 W (pat) 364/03.
Beschl. v. 22.12.2004 – 20 W (pat) 343/04.
Beschl. v. 17.10.2005 – 34 W (pat) 336/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Tatbestand der widerrechtlichen Entnahme
begrifflich die Patentfähigkeit des angegriffenen Schutzrechts voraus. Schutzunfähiges kann
nicht entnommen werden, so auch eine aktuelle Entscheidung des 8. Senats89. Dies bedeutet
jedoch, dass einem nur auf widerrechtliche Entnahme gestützten Einspruch der Erfolg versagt
bleibt, wenn fehlende Patentfähigkeit festgestellt wird und somit ein an sich schutzunfähiges
Patent bestehen bleibt. Ein Widerruf des Patents aus anderen Gründen als dem geltend
gemachten der widerrechtlichen Entnahme scheidet möglicherweise aus, weil dadurch das
Nachanmelderecht gemäß § 7 Abs. 2 PatG abgeschnitten wird. Es wird daher zunehmend die
Auffassung vertreten, dass die Patentfähigkeit nur in einer eventuellen Nachanmeldung des
Einsprechenden geprüft werden soll90. In einem aktuellen Fall, in dem der Einspruch
ausschließlich auf widerrechtliche Entnahme gestützt war, hat nun der 34. Senat91 zwar von
Amts wegen den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit aufgegriffen. In dem
vorliegenden Sonderfall waren aber die Belange des Einsprechenden, der nur den
Einspruchsgrund der widerrechtlichen Entnahme geltend gemacht hat, nicht berührt, weil der
Einsprechende in der mündlichen Verhandlung explizit erklärt hat, dass er keine
Nachanmeldung gemäß PatG § 7 Abs. 2 einreichen wolle. Deshalb hat der 34. Senat die
Streitfrage, ob bei der widerrechtlichen Entnahme die Patentfähigkeit der Erfindung, die
Inhalt des Patents ist, gegeben sein muss, ausdrücklich offen gelassen. In einem weiteren
Beschluss92 hat der 34. Senat erneut festgestellt, dass nach Rücknahme des einzigen, allein
auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme gemäß § 21 Abs. 1 Nummer 3 PatG
gestützten Einspruchs nicht mehr geprüft werden darf, ob dieser Widerrufsgrund vorliegt. Der
Einspruch wird auch nicht dadurch unzulässig, dass der Einsprechende zum Patentinhaber
Sonstige Widerrufsgründe
Seit der Patentinhaber aufgrund der neueren BGH-Rechtsprechung bei der Teilung des
Patents im Rahmen der entstehenden Teilanmeldung auf den gesamten Offenbarungsgehalt
der ursprünglichen Gesamtanmeldung zurückgreifen kann, ist der Widerruf eines Patents
Beschl. v. 12.05.2005 – 8 W (pat) 332/02; es wurde die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt [X ZB 17/05].
Kraßer Lehrbuch Patentrecht, 5. Auflage, § 20 II Nr. 5 = S 375;
Busse/Schwendy § 21 Rdn. 78,
Niedlich, VPP-Rundbrief 2001, 122.
Beschl. v. 21.04.2005 – 34 W (pat) 337/03, Mitt 2006, 76 – Doppelrohrsystem.
Beschl. v. 01.09.2005 – 34 W (pat) 337/04.
BPatG Jahresbericht 2005
wegen einer unzulässigen Erweiterung selten geworden, denn der Patentinhaber kann dem
drohenden Widerruf durch Teilung des Patents und Verzicht auf das Stammpatent entgehen.
Mit einem solchen seltenen Fall hat sich der 14. Senat93 befasst und die bisherige
Rechtsprechung insofern bestätigt, als er entschieden hat, dass der Patentinhaber infolge der
Zäsurwirkung der Patenterteilung auf zwar ursprünglich Offenbartes aber nicht Erteiltes nicht
mehr zurückgreifen kann, da die Wiederaufnahme eines solchen Merkmals einer unzulässigen
Erweiterung des Schutzbereiches gleichkommt.
Das Merkmal „Korngrößenbereich bis 0,2 mm" ist zwar unklar, wenn in der Beschreibung
kein Messverfahren zur Bestimmung dieser Korngröße definiert ist und es bekannt ist, dass
unterschiedliche Bestimmungsmethoden zu graduell abweichenden Ergebnissen führen
können. Der Einwand mangelnder Klarheit ist aber – so berechtigt er sein mag – kein
Einspruchs- oder Widerrufsgrund. Die sich dadurch für den Einsprechenden eröffnende
Möglichkeit, bei der Auswertung des Standes der Technik die für ihn günstigste Meßmethode
zu wählen, muss der Patentinhaber aber gegen sein unklares Schutzbegehren gelten lassen.94
6. Verspätetes
Vorbringen
Das PatG sieht eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens nur in § 117 PatG für den BGH
im Nichtigkeitsberufungsverfahren vor, für das Verfahren vor dem Patentamt und dem
Bundespatentgericht dagegen nicht. Spätes Vorbringen ist grundsätzlich auf seine sachliche
Relevanz für die Entscheidung zu prüfen und kann nicht als verspätet übergangen werden95.
Ist es erheblich, muss es der Entscheidung zugrunde gelegt werden, wie jetzt der 14. Senat96
bestätigt hat. Ist es entscheidungsunerheblich, ist es als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass
es eines sachlichen Eingehens auf das späte Vorbringen in der Entscheidung bedarf, wie der
9. Senat97 aktuell entschieden hat: Ist den erst nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereichten
Belegen zum Nachweis der offenkundigen Vorbenutzungen bzw. den erst nach Ablauf der
Einspruchsfrist geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen eine relevante Bedeutung
in Bezug auf den Gegenstand des Streitpatents nicht schlüssig entnehmbar, so ist dieses
Beschl. v. 29.07.2005 – 14 W (pat) 349/03.
Beschl. v. 07.12.2004 – 14 W (pat) 25/04.
BGH BlPMZ 1977, 277 – Gleichstromfernspeisung.
Beschl. v. 06.10.2005 – 14 W (pat) 6/04.
Beschl. v. 16.03.2005 – 9 W (pat) 349/02.
BPatG Jahresbericht 2005
verspätete Vorbringen als unzulässig zurückzuweisen. Die behaupteten Vorbenutzungen
können keine Berücksichtigung finden.
7. Änderung
Wird ein Patentanspruch durch den – in der Patentschrift offenbarten – Zusatz „o. dgl."
dahingehend geändert, dass nunmehr auch gleichwirkende Austauschmittel (Äquivalente)
beansprucht werden, die vom Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 nicht umfasst werden, so
stellt diese Änderung keine Beschränkung, sondern eine Verallgemeinerung dar, die zu einer
unzulässigen Erweiterung des Schutzbereichs des Patents führt98; vgl. auch den Abschnitt
„Sonstige Widerrufsgründe".
Tenorierung bei unzulässigem Einspruch
Wie schon im Jahr 200499, haben sich auch im Jahr 2005 die unterschiedlichen Auffassungen
einzelner Senate zur Frage der Tenorierung im Einspruchsverfahren fortgesetzt. Erstmals im
Jahr 2003 war der 20. Senat von der bisherigen Praxis des juristischen Beschwerdesenats
abgewichen und hatte festgestellt, dass bei einem unzulässigen Einspruch nicht die
Verwerfung des Einspruchs, sondern gleichwohl die Aufrechterhaltung des Patents
auszusprechen ist. Aktuell gab es im Berichtszeitraum die folgenden Entscheidungen zu
dieser Thematik:
6. Senat100: Ist der einzige (zurückgenommene) Einspruch unzulässig, so ist festzustellen, dass
der zurückgenommene Einspruch unzulässig war und das Einspruchsverfahren beendet ist.
Eine Fortsetzung des Einspruchsverfahrens gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG findet nicht statt.
Der 7. Senat101 tenoriert: Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.
Der 10. Senat hält an seiner Entscheidung vom März 1984 fest102, der in über 20-jähriger
Praxis gefolgt wurde. Der 10. Senat bekräftigt, dass seiner Auffassung nach der mit drei
rechtskundigen Mitgliedern besetzte juristische Beschwerdesenat gemäß § 67 Abs. 1 PatG zur
Beschl. v. 11.08.2005 – 34 W (pat) 382/03.
Winterfeldt in GRUR 2005, 449-468.
100 Beschl. v. 07.06.2005 – 6 W (pat) 305/04, Mitt 2005, 555 (Leitsatz) – Lagerspiel. 101 Beschl. v. 07.09.2005 – 7 W (pat) 374/03. 102 BPatGE 26, 143.
BPatG Jahresbericht 2005
Entscheidung über eine Beschwerde zuständig ist, die sich gegen die Verwerfung eines
Einspruchs als unzulässig durch das Patentamt richtet.103
Vom 19. Senat sind zu dieser Thematik mehrere Entscheidungen ergangen. (1)104: Ist der
einzige Einspruch gegen ein Patent unzulässig, ist gleichwohl die Aufrechterhaltung des
Patents (ohne weitere Sachprüfung) auszusprechen, ein alleiniger Ausspruch über die
Verwerfung des Einspruchs kommt nicht in Betracht. (2)105: Angesichts der Neuregelung des
Einspruchsrechts nach § 147 PatG kann die bisher übliche „Verwerfung" eines unzulässigen
Einspruchs nicht mehr mit einer planwidrigen Unvollständigkeit und einer daher sachgerecht
erforderten Ergänzungsbedürftigkeit des Einspruchsrechts begründet werden, wie es aufgrund
der Entscheidung des juristischen Beschwerdesenats von 1984106 bisher durchgängige Praxis
war. Wenn – wie der Senat bereits herausgestellt hat107 – Gegenstand des gerichtlichen
Einspruchsverfahrens das Patent ist, dann kann – mangels einer abweichenden gesetzlichen
Regelung – auch im Falle eines unzulässigen Einspruchs nichts anderes gelten. (3)108: Ein
alleiniger Ausspruch über die Verwerfung des Einspruchs kommt schon deshalb nicht in
Betracht, weil in PatG § 61 Abs. 1 Satz 1 abschließend geregelt ist, durch welche Art der
Entscheidung das Einspruchsverfahren zu beenden ist. Es ist daher durch Beschluss zu
entscheiden, ob und in welchem Umfang das Patent aufrechterhalten oder widerrufen wird.
Die bloße Verwerfung des Einspruchs als unzulässig ist nicht vorgesehen.
Der 23. Senat109 hält an seiner bisherigen Auffassung fest: Liegt kein zulässiger Einspruch
vor, ist das Einspruchsverfahren ohne weitere Sachprüfung über die Rechtsbeständigkeit des
Streitpatents zu beenden, das Patent ist gleichwohl aufrechtzuerhalten.
Der Grund für die Abweichung einiger technischer Beschwerdesenate von der langjährigen
Praxis des juristischen Beschwerdesenats war der Versuch, die Entscheidung über die
Zulässigkeit von Einsprüchen vom juristischen Beschwerdesenat zu den technischen
103 Beschl. v. 02.12.2004 – 10 W (pat) 29/02, BPatGE 48,171 = BlPMZ 2005, 315 = Mitt 2005, 302 –
Messvorrichtung.
104 Beschl. v. 21.07.2005 – 19 W (pat) 333/03. 105 Beschl. v. 26.09.2005 – 19 W (pat) 305/04. 106 Beschl. v. 23.03.1984 – 4 W (pat) 27/83, BPatGE 26, 143. 107 Beschl. v. 12.08.2002 – 19 W (pat) 701/02, BPatGE 46, 134 – Gerichtliches Einspruchsverfahren. 108 Beschl. v. 14.03.2005 – 19 W (pat) 701/04. 109 Beschl. v. 22.02.2005 – 23 W (pat) 318/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Beschwerdesenaten zu verlagern110. Dieser „Zuständigkeitsstreit" wird voraussichtlich durch
den Gesetzgeber dadurch beendet, dass im geplanten Gesetz zur Änderung des
patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes111 in § 67 Abs. 1 Nr. 2b
PatG explizit angegeben ist, dass der technische Beschwerdesenat zuständig ist, wenn der
Einspruch als unzulässig verworfen wurde.
Rechtsschutzinteresse bei Verzicht oder Erlöschen des Patents
Das erforderliche Rechtsschutzinteresse seitens des Einsprechenden an einem rückwirkenden
Widerruf eines
ex nunc erloschenen Patents ist bereits darin begründet, dass der Patentinhaber
in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er könne eine Verzichtserklärung betreffend
Ansprüche gegen die Einsprechenden nicht abgeben. Schon aufgrund dieser Äußerung des
Patentinhabers besteht für den Einsprechenden die Besorgnis, möglichen Ansprüchen seitens
des Patentinhabers ausgesetzt zu sein. Die Auffassung, das Rechtsschutzinteresse müsse
anhand eines konkreten Gegenstandes nachgewiesen werden, findet weder in der Literatur
noch in der Rechtsprechung eine entsprechende Stütze und vermag bereits von daher keine
Zweifel an dem Rechtsschutzinteresse des Einsprechenden zu begründen. Auch der Umstand,
dass der Einsprechende sein Rechtsschutzinteresse erst in der mündlichen Verhandlung
dargetan hat, vermag die Zulässigkeit des eingelegten Einspruchs nicht zu berühren, da die
Geltendmachung eines Rechtsschutzinteresses nicht zu den im § 59 PatG abschließend
aufgezählten Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Einspruch gehört.112
Wird ein Patent in der mündlichen Verhandlung vor dem BPatG widerrufen und verzichtet
der Patentinhaber dann nach Beschlussverkündung, aber noch vor Erstellung der schriftlichen
Beschlussbegründung, gegenüber dem DPMA auf das Patent, so ist das gerichtliche
Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt, sofern der Einsprechende nicht ein eigenes
Rechtsschutzinteresse geltend macht. Das Vorbringen, der Patentinhaber versuche lediglich,
eine vollständige Beschlussbegründung zu verhindern, ist in rechtlicher Hinsicht nicht
geeignet, ein besonderes, eigenes Rechtsschutzinteresse zu begründen. Ebenso vermag der
Vortrag des Einsprechenden, auf ein bereits widerrufenes Patent könne nicht verzichtet
werden, da der Widerruf
ex tunc gelte, der Verzicht aber nur
ex nunc, so dass das Verhindern
110 Vgl. dazu auch
Hövelmann in Mitt 2005, 193-198. 111 http://www.bmj.bund.de/media/archive/1087.pdf. 112 Beschl. v. 13.01.2005 – 6 W (pat) 358/03.
BPatG Jahresbericht 2005
einer vollständigen Beschlussbegründung durch den Patentinhaber rechtsmissbräuchlich sei,
kein eigenes Rechtsschutzinteresse des Einsprechenden zu begründen, wenn der
Einsprechende nicht gleichzeitig darlegt, warum gerade er in seinen eigenen Rechten verletzt
ist, wenn keine schriftliche Begründung ergeht.113
Hat der Patentinhaber nicht nur auf sein Patent verzichtet, sondern darüber hinaus erklärt, er
werde aus dem Patent keine Ansprüche für die Vergangenheit gegen den Einsprechenden
geltend machen, so ist der Einsprechende keinerlei Ansprüchen aus dem Patent mehr
ausgesetzt, und das Verfahren in der Hauptsache ist erledigt. Daran ändert auch nichts, dass
der Einsprechende weiterhin in gleichem Umfang, wie er vor der Erledigung Ansprüchen aus
dem Patent ausgesetzt war, sich Ansprüchen aus dem deutschen Teil des europäischen Patents
gegenüber sieht. Beide Schutzrechte bestehen unabhängig voneinander. Ihr Inhaber kann frei
wählen, aus welchem Schutzrecht er vorgehen will. Dagegen spricht auch nicht IntPatÜG
Art. II § 8 Abs. 1, aus dem der Einsprechende eine Verknüpfung beider Schutzrechte herleitet.
Diese Vorschrift kommt nicht zum Tragen, wenn das europäische Einspruchsverfahren noch
nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (IntPatÜG Art. II § 8 Abs. 1 Nr. 2), das deutsche Patent
aber bereits erloschen ist und deshalb keine Wirkungen mehr hat.114
10. Kostenfragen
Ist nach einem Zurückverweisungsbeschluss des BGH an das Bundespatentgericht von
diesem auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden, so ist das in der
Vorschrift des § 109 PatG eingeräumte und auf einen Beschwerdesenat des
Bundespatentgerichts übertragene Ermessen dahingehend auszuüben, dass es zumindest dann
bei dem allgemeinen Grundsatz bleibt, dass jeder Beteiligte die bei ihm durch das
Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Kosten selbst trägt, wenn besondere Umstände, die
unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit eine abweichende Kostenverteilung gebieten würden,
weder dargetan noch sonst ersichtlich sind. Eines gesonderten Ausspruchs über diese
regelmäßige Kostenfolge, der ohnehin nur deklaratorisch sein könnte, bedarf es nicht.115
113 Beschl. v. 28.04.2005 – 15 W (pat) 326/03. 114 Beschl. v. 26.10.2004 – 34 W (pat) 12/04. 115 Beschl. v. 03.02.2004 – 8 W (pat) 46/99.
BPatG Jahresbericht 2005
Mit einer Wertfestsetzung nach §§ 7, 10 Abs. 1 BRAGebO hatte sich der 9. Senat
auseinanderzusetzen und entschied116: Gilt ein Einspruch mangels Zahlung der
Einspruchsgebühr als nicht erhoben, so ist eine vom Patentinhaber beantragte Wertfestsetzung
gleichwohl zulässig und auch geboten, wenn im patentgerichtlichen Verfahren, für das
Festgebühren gelten, eine Rechtsanwältin mitgewirkt hat, deren Gebühren sich nach dem
Gegenstandswert bestimmen. Haben die Parteien lediglich über die Vorfrage gestritten, ob bei
der fehlenden Einspruchsgebühr eine sachliche Überprüfung der Schutzfähigkeit des Patents
überhaupt zulässig sei, und haben weder der Einsprechende noch der Patentinhaber Umstände
vorgetragen, aus denen sich Anhaltspunkte für eine Beurteilung des Wertes des Patents
ergeben könnten, bestehen Bedenken des Senats, bei der Wertfestsetzung den Wert des
Patents zugrunde zu legen, so dass es dem Senat gerechtfertigt erscheint, gemäß § 8 Abs. 2
Satz 2 BRAGebO auf den dort angegebenen Richtwert von 4.000 Euro zuzüglich des Wertes
des Kostenantrags festzusetzen. Von der vom Patentinhaber beantragten ziffernmäßigen
Festsetzung des Wertes des Kostenantrages sieht der Senat schon deshalb ab, weil insoweit
ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Eine derartige Bezifferung des Wertes des Kostenantrags ist
nicht geboten, da sich die Kosten, die dem Patentinhaber im Einspruchs- und
Erinnerungsverfahren unter Zugrundelegung eines Wertes von 4.000 Euro für den Antrag, das
Einspruchsverfahren von Amts wegen fortzusetzen, entstanden sind, für die Beteiligten ohne
weiteres ermitteln lassen, während der Senat keine Kenntnis darüber hat, welche Auslagen
dem Patentinhaber im einzelnen entstanden sind. Deshalb hält es der Senat auch für wenig
zweckmäßig, den Gegenstandswert des Kostenantrages unter Zugrundelegung nur der
Festgebühren, die sich aus der BRAGebO ergeben, zu beziffern, da dieser Betrag von den
tatsächlich entstandenen Kosten abweichen kann.
Ist ein Patent während des Einspruchsverfahrens gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG durch
Verzicht erloschen, so hat sich der Patentinhaber dadurch zwar freiwillig in die Rolle des
Unterlegenen begeben, er muss aber nicht schon deshalb zwingend kraft Gesetzes die Kosten
des Verfahrens tragen. Anders als § 91 ZPO, wonach die unterliegende Partei die Kosten des
Rechtsstreit zu tragen hat, knüpft § 62 Abs. 1 PatG nicht an das bloße Unterliegen eines
Beteiligten an. Auch regelt § 20 PatG nicht, dass mit einem Verzicht auf ein Patent
zwangsläufig die Kostentragungspflicht verbunden ist. Auch das Argument, dem
Patentinhaber sei bekannt gewesen, dass vor dem Prioritätstag des angegriffenen Patents der
116 Beschl. v. 22.12.2004 – 9 W (pat) 317/04.
BPatG Jahresbericht 2005
Patentgegenstand durch eine offenkundige Vorbenutzung seitens des Einsprechenden
neuheitsschädlich vorweggenommen worden sei, bietet keinen Anlass zu einer
Kostenauferlegung, denn die Frage einer offenkundigen Vorbenutzung ist eine Rechtsfrage,
für die eine umfassende Beweisaufnahme erforderlich wäre, die aber allein zur Frage der
Kostenauferlegung nicht angezeigt ist. Eine einseitige Unterstellung des Vortrags der
Einsprechenden als zutreffend wäre eine vorweggenommene Beweiswürdigung und damit
VIII. Nichtigkeitsverfahren
Zulässigkeit der Klage
In einem früheren – in der Literatur118 kritisierten – Urteil119 hatte der 1. Senat die Meinung
vertreten, wegen der auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortwirkenden Pflicht
der Vertragsparteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme sei eine Nichtigkeitsklage des
früheren Arbeitgebers i.d.R. ausgeschlossen, wenn die Freigabe der Erfindung unter dem
Vorbehalt einer nichtausschließlichen Benutzung gemäß § 16 Abs. 3 ArbEG erklärt worden
ist. Der Senat hatte aber schon in diesem früheren Urteil zum Ausdruck gebracht, dass es
Umstände geben könne, unter denen dem (ehemaligen) Arbeitgeber trotz Vorbehalts eines
Mitbenutzungsrechts die Auferlegung einer Nichtangriffspflicht nicht zugemutet werden
könne. Derartige Umstände sieht der Senat in einem aktuellen Urteil120 darin, dass der
Beklagte die Klägerin wegen angeblicher Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch
nimmt und damit das Mitbenutzungsrecht, aus dem sich die Treuwidrigkeit der
Nichtigkeitsklage ergeben soll, selbst in Frage stellt. Der Klägerin darf es nicht verwehrt sein,
sich gegen die Verletzungsklage mit einem Angriff auf das Streitpatent zur Wehr zu setzen.
Auch mit Äußerungen der Klägerin im Prüfungsverfahren der zur Anmeldung des
Streitpatents parallelen deutschen Patentanmeldung kann die Unzulässigkeit der Klage nicht
begründet werden. Derartige gegenüber dem Patentamt abgegebene Äußerungen können für
sich genommen keine Nichtangriffspflicht gegenüber einem späteren Patentinhaber
begründen. Hinzu kommt, dass ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs. 1
ArbEG die Übertragung einer Diensterfindung anbietet, dies häufig tut, weil er – etwa unter
117 Beschl. v. 24.02.2005 – 15 W (pat) 302/04. 118 z.B.
Bartenbach/Volz, ArbEG, 4. Aufl., § 25 Rdn. 20. 119 GRUR 1991, 155 – Tiegelofen. 120 Urt. v. 05.10.2004 – 1 Ni 13/03 (EU).
BPatG Jahresbericht 2005
dem Eindruck negativer Prüferbescheide – zu dem Schluss gekommen ist, dass der
Gegenstand der Anmeldung nicht patentfähig sei. Wird später auf die Anmeldung zu Gunsten
des Arbeitnehmers dennoch ein Patent erteilt, steht ein Angriff des Arbeitgebers auf dieses
Patent daher nicht im Widerspruch zu seiner früheren, durch die Aufgabe der Anmeldung
bekundeten Einschätzung.
Da im Nichtigkeitsverfahren – im Gegensatz zum Einspruchsverfahren121 – eine
Nichtangriffsabrede die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hat, stellt sich im
Nichtigkeitsverfahren häufig die Frage, ob eine wirksame Nichtangriffsvereinbarung vorliegt.
Hier hat der 2. Senat122 entschieden, dass eine die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage
ausschließende stillschweigende Nichtangriffsvereinbarung noch nicht aus einer
gemeinsamen Beauftragung eines Sachverständigengutachtens und anschließendem
Abschluss eines Vertrages über eine nicht ausschließliche Lizenz hergeleitet werden kann.
Die – von den Parteien ausführlich erörterte – Frage einer kartellrechtlichen Zulässigkeit einer
etwaigen Nichtangriffsvereinbarung kann unter diesen Umständen offen bleiben.
Zulässigkeit einer Beschränkung
Eine zulässige Beschränkung des Patents im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens liegt dann
nicht vor, wenn an die Stelle des Hauptanspruchs eine Reihe nebengeordneter Ansprüche
treten sollen, bei denen zusätzlich aufgenommene Anspruchsmerkmale jeweils eine Reaktion
auf die „vielfältigen Verletzungsgegenstände" darstellen sollen.123
3. Akteneinsicht
Ein der Einsicht in die Akten von Nichtigkeitsverfahren entgegenstehendes schutzwürdiges
Interesse gem. § 99 Abs. 3 Satz 3 PatG fehlt, wenn der Patentinhaber lediglich private
Interessen am Bestand des Streitpatents geltend macht. Die von einem anwaltlichen Vertreter
beantragte Gewährung der Akteneinsicht hängt weder von der Benennung des Auftraggebers
121 Vgl. auch den Punkt „Nichtangriffsverpflichtung" im Abschnitt „Zulässigkeit des Einspruchs"; Beschl. v.
27.05.2004 – 21 W (pat) 40/03, GRUR 2005, 182– Feuerwehr-Tableau-Einheit;
Winterfeldt in Festschrift 50 Jahre VPP 2005, 210-224.
122 Urt. v. 20.01.2005 – 2 Ni 25/03 – Monokulares Fernrohr. 123 Urt. v. 10.03.2005 – 2 Ni 15/03 – Sektionaltorblatt, Berufung eingelegt [X ZB 115/05].
BPatG Jahresbericht 2005
ab noch davon, ob die Einsicht im eigenen oder fremden Namen oder Interesse beantragt
Prüfung der Klagegründe
Der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung des Patentgegenstands gegenüber der
ursprünglichen Anmeldung (Art. 138 Abs. 1 lit. c EPÜ, §§ 21 Abs. 1 Nr. 4, 22 PatG) kann –
wenn dadurch an die Stelle der angemeldeten Erfindung eine im patentrechtlichen Sinne
„andere" gesetzt wurde – weder durch eine (Wieder-)Aufnahme eines lediglich in den
Anmeldungsunterlagen enthaltenen Merkmals in die Anspruchsfassung noch durch einen so
genannten Disclaimer beseitigt werden.125
5. Sonstiges
Nach § 81 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 PatG hat ein Kläger auf Verlangen des Beklagten
Sicherheit zu leisten, wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt weder in einem Mitgliedstaat
der Europäischen Union noch in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum hat. Im Falle eines Klägers aus der Volksrepublik China hat der 1. Senat126
entschieden, dass dieser nicht gemäß § 110 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO von der Leistung
einer Prozesskostensicherheit befreit ist. Der Kläger kann sich nicht auf § 81 Abs. 6 Satz 1
Halbsatz 2 PatG i.V.m. § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO berufen, wonach die Verpflichtung zur
Leistung einer Prozesskostensicherheit nicht eintritt, wenn auf Grund völkerrechtlicher
Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann, denn diese Ausnahmevorschrift setzt voraus,
dass die Befreiung von der Pflicht zur Sicherheitsleistung durch einen (zwei- oder
mehrseitigen) Staatsvertrag vorgeschrieben wird. Das ist im Verhältnis zwischen Deutschland
und China nicht der Fall127. So gilt das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.
März 1954128, nach dessen Art. 17 den Angehörigen eines der Vertragsstaaten unter
bestimmten Voraussetzungen kein Vorschuss zur Deckung der Gerichtskosten abverlangt
werden kann, nicht im Verhältnis zu China. Auch aus dem TRIPS-Übereinkommen, das als
Bestandteil des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation vom 15. April
124 Beschl. v. 02.11.2004 – 3 ZA (pat) 32/04 zu 3 Ni 14/03, BlPMZ 2005, 367. 125 Urt. v. 10.03.2005 – 2 Ni 15/03 – Sektionaltorblatt, Berufung eingelegt [X ZB 115/05]. 126 Beschl. v. 02.05.2005 – 1 Ni 5/04 (EU), BlPMZ 2006, 34 127 LG Hamburg, NJW-RR 2000, 918. 128 BGBl II 1958 S 576.
BPatG Jahresbericht 2005
1994129 für alle WTO-Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland und China – verbindlich ist130,
ergibt sich keine Befreiung von der Prozesskostensicherheit.
In der mündlichen Verhandlung müssen die Parteien ihre Vorträge grundsätzlich in freier
Rede halten und dürfen nicht nur Schriftsätze verlesen. Unterstützt eine Partei in der
mündlichen Verhandlung ihren in freier Rede gehaltenen Vortrag durch eine PowerPoint-
Präsentation, indem sie mittels eines Computers Auszüge aus der Streitpatentschrift bzw. aus
als patentschädlich entgegengehaltenen Druckschriften zur besseren Lesbarkeit und
Verdeutlichung an die Wand des Gerichtssaals projiziert, so verstößt diese Art des Vortrags
weder gegen den Grundsatz der Mündlichkeit (§ 99 Abs. 1 PatG i.V.m. § 137 Abs. 2 ZPO)
noch gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens bzw. der Waffengleichheit als Ausprägung
des Gebots zur rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3
IX. Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt
1. Akteneinsicht
In Fällen freier Akteneinsicht ist die Beteiligung des Schutzrechtsinhabers zumindest dann
geboten, wenn das Vorliegen einer freien Akteneinsicht zunächst strittig ist und erst mit der
Klärung dieser Problematik zugleich die Frage der Notwendigkeit der Beteiligung des
Schutzrechtsinhabers beantwortet wird. Insoweit ist nicht zu beanstanden, wenn das
Patentamt den Schutzrechtsinhaber beteiligt hat, und ihm kann auch die Beteiligung am Be-
schwerdeverfahren nicht verwehrt werden, Letzteres schon aufgrund seiner förmlichen
Beteilung am patentamtlichen Verfahren.132
2. Erfinderbenennung
Hat ein Anmelder die Zusammenfassung seiner Anmeldung erst nach Ablauf der Frist des
§ 36 Abs. 1 PatG nachgereicht, so rechtfertigt dieser Umstand für sich gesehen nicht die
129 WTO, BGBl II S 1438. 130 Art. II Abs. 2 WTO-Übereinkommen, vgl. BlPMZ 1995, 19; 2003, 143. 131 Urt. v. 15.06.2005 – 4 Ni 38/03 (EU), Berufung eingelegt [X ZB 128/05]. 132 Beschl. v. 11.08.2005 – 10 W (pat) 704/03, BlPMZ 2006, 68 – Schulheftseiten, Rechtsbeschwerde
zugelassen, aber nicht eingelegt.
BPatG Jahresbericht 2005
Zurückweisung der Anmeldung, da § 36 PatG keine gesetzliche Ausschlussfrist enthält. Eine
Nachreichung ist vielmehr auch nach Ablauf der 15-Monats-Frist möglich.133
3. Fristverlängerung
Teilt die Prüfungsstelle dem Anmelder mit, dass im Hinblick auf die zahlreichen (nicht näher
begründeten, aber genehmigten) Anträge auf Fristverlängerung die Frist nunmehr letztmalig
verlängert werde, und stellt der Anmelder daraufhin den Antrag, das Verfahren für sechs
Monate auszusetzen, so hat die Prüfungsstelle zumindest dann vor einer Entscheidung in der
Sache zunächst über den Aussetzungsantrag zu befinden, wenn zu dessen Begründung
erstmalig auf eine parallele europäische Anmeldung hingewiesen wird, die als ein konkretes
neues Vorbringen zu werten ist. Im Übrigen wäre es angesichts der parallelen Anmeldung
auch unter Berücksichtigung des Ziels, die Verfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu
bringen, sinnvoll gewesen, mit der Entscheidung – ob nun mit oder ohne förmliche
Aussetzung des Verfahrens – noch eine angemessene weitere Frist zuzuwarten.134
4. Rechtliches
Widerspricht der Anmelder unter Angabe von Gründen im Einzelnen den mit dem einzigen
Prüfungsbescheid geäußerten Bedenken der Prüfungsstelle gegen das Patentbegehren und be-
antragt zugleich, für den Fall des Fortbestehens der Bedenken der Prüfungsstelle die Anbe-
raumung einer Anhörung, so ist nach einer Entscheidung des 7. Senats135 die Anhörung in der
Regel sachdienlich, auch wenn keine geänderten Patentansprüche vorgelegt werden.
Für die Umschreibung einer Patentanmeldung oder eines Patents reicht es nicht aus, dass die
von den Umschreibungsrichtlinien geforderten Nachweise für den Rechtsübergang vorliegen.
Sofern nicht von allen am Umschreibungsverfahren Beteiligten Umschreibungsanträge oder
Umschreibungsbewilligungen vorliegen, ist es vielmehr erforderlich, den übrigen Beteiligten
Gelegenheit zu geben, sich zu der beantragten Umschreibung zu äußern, so der 10. Senat136
im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung137.
133 Beschl. v. 25.11.2004 – 20 W (pat) 66/04. 134 Beschl. v. 02.06.2005 – 23 W (pat) 3/03, Mitt 2005, 555 (Leitsatz) – Wirbelstromsensor. 135 Beschl. v. 22.06.2005 – 7 W (pat) 57/03, Mitt 2005, 554 – Anhörung im Prüfungsverfahren. 136 Beschl. v. 06.10.2005 – 10 W (pat) 1/04 – Umschreibung/Rechtliches Gehör II. 137 Beschl. v. 10.05.1999 – 10 W (pat) 4/99 – BlPMZ 1999, 370 – Umschreibung/Rechtliches Gehör.
BPatG Jahresbericht 2005
Die mit Wirkung vom 1. Juni 2004 geänderte Patentverordnung (PatV) enthält keine
Bestimmungen mehr für den Fall der Anmeldermehrheit. Stattdessen sieht seit diesem
Zeitpunkt die geänderte DPMAV in § 14 Abs.
1 vor, dass für den Fall einer
gemeinschaftlichen Beteiligung mehrerer Personen ohne gemeinsamen Vertreter anzugeben
ist, wer für alle Beteiligten als zustellungs- und empfangsbevollmächtigt bestimmt ist. Diese
Erklärung ist von allen Anmeldern zu unterzeichnen. Fehlt eine solche Angabe, so gilt die
zuerst genannte Person als zustellungs- und empfangsbevollmächtigt. Danach fehlt einer von
der Prüfungsstelle unter Hinweis auf § 4 Abs. 2 Nr. 5 PatV a.F. angedrohten Zurückweisung
der Anmeldung für den Fall, dass ein Zustellungsbevollmächtigter innerhalb einer gesetzten
Frist nicht benannt wird, jegliche Rechtsgrundlage.138
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Im Verfahren vor der Prüfungsstelle ist die einmalig beantragte Anhörung zwar grundsätzlich
sachdienlich, allerdings kommt ausnahmsweise auch eine Ablehnung eines solchen Antrags
in Betracht, wenn triftige Gründe dafür vorliegen. Legt die Prüfungsstelle in zwei
Prüfungsbescheiden ausführlich und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Anmelders
dar, warum auf die vorliegenden Ansprüche ein Patent nicht erteilt werden kann, und reicht
der Anmelder dann zwar einen neuen Patentanspruch 1 ein, der aber nur formal neu
abgegrenzt ist und in der Sache weiterhin an der ursprünglich beantragten
Gesamtmerkmalskombination festhält, so ist die Zurückweisung der Anmeldung nicht als
Verfahrensfehler zu beanstanden. Bei einer solchen Reaktion kann die Prüfungsstelle davon
ausgehen, dass der Anmelder auch zukünftig nicht an einer eingeschränkten
Anspruchsfassung interessiert ist und eine zusätzliche Anhörung das Verfahren nicht fördern
kann, so dass Billigkeitsgründe für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht erkennbar
Lässt sich dem Wortlaut eines Zurückweisungsbeschlusses nicht entnehmen, dass sich die
Prüfungsstelle mit den auf einen Prüfungsbescheid hin vom Anmelder neu eingereichten
Patentansprüchen auseinandergesetzt hat, sondern wird in dem Beschluss vielmehr zweimal
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Anmelder sein Patentbegehren gegenüber dem
138 Beschl. v. 30.03.2005 – 20 W (pat) 24/05. 139 Beschl. v. 13.10.2004 – 7 W (pat) 83/03.
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Prüfungsbescheid unverändert aufrechterhalten habe, rechtfertigt dies die Zurückzahlung der
Beschwerdegebühr.140
6. Umschreibung
Hat das Patentamt über den Antrag auf Umschreibung nicht förmlich entschieden, so stellt
nach ständiger Rechtsprechung der Inhalt einer versandten Umschreibungsmitteilung eine
abschließende, die Rechte der Beteiligten berührende Regelung und damit einen mit der
Beschwerde anfechtbaren Beschluss im Sinne des § 73 PatG dar. Die – gesetzlich nicht
geregelte – Rückgängigmachung einer vollzogenen Umschreibung kommt ausnahmsweise
dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Rechtskraft einer
gerichtlichen Entscheidung im Wege der Wiederaufnahme beseitigt werden kann, oder - auf
Antrag eines zu Unrecht nicht Gehörten - wenn das rechtliche Gehör nicht in ausreichender
Weise gewährt wurde und die Umschreibung auf diesem Verfahrensmangel beruht141. Auch
bei Anwendung der Umschreibungsrichtlinien142, bei denen es sich nicht um eine
Rechtsnorm, sondern lediglich um eine behördeninterne Anweisung handelt, müssen
Umschreibungsvorgänge – im Hinblick auf die gravierenden Folgen einer falsch
vorgenommenen Umschreibung – so behandelt werden, dass der grundgesetzliche Anspruch
auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt wird. Dem Wesen des
Registerverfahrens entspricht es, den Rahmen der rechtlichen Nachprüfung nicht allzu weit zu
ziehen. Führt diese Prüfung zu Zweifeln an der Rechtswirksamkeit einer Übertragung und
lassen sich diese Zweifel nicht durch Beweismittel beheben, die für das Registerverfahren
tauglich erscheinen, muss das Patentamt die Umschreibung versagen143.
Nach einer weiteren Entscheidung des 10. Senats144 können sich die genannten Zweifel
bereits dann ergeben, wenn in dem zur Umschreibung vorgelegten Kaufvertrag lediglich
angegeben ist, dass die Schutzrechte „zu übertragen" sind. Es liegt nahe, diese Klausel
140 Beschl. v. 02.11.2005 – 17 W (pat) 6/03. 141 Vgl. BGH GRUR 1969, 43 – Marpin; Beschl. v. 10.05.1999 – 10 W (pat) 4/99, BlPMZ 1999, 370 =
GRUR 1999, 982 = BPatGE 41, 150 – Umschreibung/Rechtliches Gehör;
Busse/Schwendy, PatG, 6. Aufl., § 30 Rn 41 mwNachw.
142 BlPMZ 2002, 11 ff. 143 Beschl. v. 06.10.2005 – 10 W (pat) 1/04 – Umschreibung/Rechtliches Gehör II; vgl. BGH a.a.O.
- Marpin; Beschl. v. 23.04.2001, BlPMZ 2001, 354 = Mitt 2001, 379 - Umschreibungsantrag; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 30 Rn 35;
Busse/Schwendy, a.a.O., § 30 Rdn. 88.
144 Beschl. v. 16.06.2005 – 10 W (pat) 23/04.
BPatG Jahresbericht 2005
dahingehend zu interpretieren, dass der Kaufvertrag nicht auch die (aufschiebend bedingte)
Übertragung der Schutzrechte beinhaltet, sondern dass die Übertragung durch selbständige
Rechtsgeschäfte erfolgen sollte. Selbst wenn man in dem Kaufvertrag zugleich die
aufschiebend bedingte Übertragung der Schutzrechte sehen wollte, kann nicht ohne weiteres
davon ausgegangen werden, dass die Bedingung für den Rechtsübergang eingetreten ist. Bei
dieser Sachlage muss die Umschreibstelle den Antragsteller als damals eingetragenen Inhaber
vor dem Vollzug der Umschreibung in jedem Fall hören.
Ist ein Antrag auf Umschreibung streitig, muss das Patentamt diesen Antrag – und zwar auch
im stattgebenden Fall – förmlich durch Beschluss bescheiden und mit dem Vollzug der
Umschreibung bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses warten (Fortführung des Beschl. v.
12.06.2003 – 10 W (pat) 34/01). Entscheidet das Patentamt trotz des ausdrücklichen
Widerspruchs der Antragsgegnerin nicht förmlich über den Antrag auf Umschreibung,
sondern nimmt es die Umschreibung antragsgemäß vor, leidet das Verfahren an einem
wesentlichen Mangel. Denn durch den sofortigen Vollzug schränkt das Patentamt die Rechte
der Antragsgegnerin im patentamtlichen Verfahren ein, weil es nach Vollzug einer
Umschreibung nur noch um deren Rückgängigmachung gehen kann, die aber nur
ausnahmsweise in Betracht kommt. Eine Rückgängigmachung kommt dann in Betracht, wenn
die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung
im Wege der Wiederaufnahme beseitigt werden kann, oder – auf Antrag des zu Unrecht nicht
Gehörten – wenn das rechtliche Gehör nicht in ausreichender Weise gewährt wurde und die
Umschreibung auf diesem Verfahrensmangel beruht. Ist die Antragsgegnerin jedoch zu einem
(erneuten) Umschreibungsantrag gehört worden, so ist der Beschwerde der Erfolg zu
versagen, wenn ein die Rückgängigmachung der Umschreibung ausnahmsweise
rechtfertigender sonstiger Sachverhalt weder geltend gemacht wurde noch ersichtlich ist. Eine
inhaltliche Überprüfung der bereits zugunsten der Antragsstellerin vollzogenen
Umschreibung scheidet unter diesen Umständen aus.145
§ 74 Abs. 1 PatG ist so auszulegen, dass auch dem Rechtsnachfolger eines rechtsgeschäftlich
übertragenen Patents oder einer Patentanmeldung als einem „am Verfahren Beteiligten" mit
Eingang eines den Anforderungen des § 28 DPMAV genügenden Umschreibungsantrags
145 Beschl. v. 20.01.2005 – 10 W (pat) 46/03.
BPatG Jahresbericht 2005
beim Patentamt eine Beschwerdebefugnis zusteht und dass er mit Einlegung der Beschwerde
die Stellung als Verfahrensbeteiligter erlangt, auch wenn er zuvor nicht formal am Verfahren
beteiligt war. Die Frage, wer als Verfahrensbeteiligter eine Beschwerdebefugnis im Sinne von
§ 74 Abs. 1 PatG hat, ist eine eigenständig auszulegende Zulässigkeitsvoraussetzung des
Rechtsmittels und von der lediglich die Sachprüfung betreffenden, im Rahmen der
Begründetheit der Beschwerde zu klärenden Verfahrensführungsbefugnis und
Sachlegitimation zu unterscheiden. Es ist deshalb für die Beurteilung der Zulässigkeit einer
Beschwerde auch unerheblich, ob diesbezügliche etwaige Mängel – insbesondere im
Zusammenhang mit dem Vollzug der Umschreibung und der insoweit § 30 Abs. 3 Satz 2
PatG zukommenden Bedeutung – innerhalb der Rechtsmittelfrist beseitigt werden.146
7. Verfahrensfehler
Ein verkürzter Zurückweisungsbeschluss, dessen Begründung sich in der Bezugnahme auf
vorhergehende Prüfungsbescheide erschöpft, ist zumindest dann nicht mit Gründen versehen
und leidet daher an einem wesentlichen Mangel, wenn der Anmelder auf den letzten
Prüfungsbescheid der dargestellten Auffassung der Prüfungsstelle widersprochen hat und im
Übrigen nicht ersichtlich ist, auf welche Argumentationskette und auf welchen der
vorangegangenen Bescheide letztlich abgestellt wird.147
Enthält die standardmäßige Bibliographie-Mitteilung auch einen Hinweis auf die in § 36 PatG
geregelte Verpflichtung zur Einreichung der Zusammenfassung und ist die dort genannte 15-
Monats-Frist zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Bibliographie-Mitteilung noch nicht
abgelaufen, so lag zum Zeitpunkt des Erlasses der Mitteilung kein Mangel vor, zu dessen
Beseitigung der Anmelder unter Fristsetzung (§ 42 Abs. 1 Satz 1 PatG) hätte aufgefordert
werden müssen. Ist dem Anmelder eine (weitere) Mängelrüge nach Ablauf der Frist des § 36
Abs. 1 PatG nicht zugegangen, so fehlt einer auf § 42 Abs. 3 Satz 1 PatG gestützten
Zurückweisung der Anmeldung jegliche Rechtsgrundlage. Der angefochtene Beschluss
verstößt insbesondere gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs.148
146 Beschl. v. 27.01.2005 – 21 W (pat) 52/02 – Beleuchtungseinheit. 147 Beschl. v. 15.06.2005 – 7 W (pat) 46/03, Mitt 2005, 555 – Anschlusskosten. 148 Beschl. v. 25.11.2004 – 20 W (pat) 62/04.
BPatG Jahresbericht 2005
8. Wiedereinsetzung
Für die erforderliche Darlegung der Wiedereinsetzungsgründe kommt es auf eine lückenlose
Verhinderung der Beschwerdeeinlegung an. Es ist nicht ausreichend, wenn lediglich einzelne
Verrichtungen wie eine Lehrtätigkeit an einer Fachhochschule oder die Führung eines
Telefonats genannt werden.149
Um ein Verschulden im Sinne des § 123 Abs. 1 PatG auszuschließen, ist es bei einer
Verfahrenshandlung, bei der ein Mangel später nicht mehr heilbar ist, erforderlich, dass der
Vertreter entweder selbst die Voraussetzungen der Wirksamkeit sicherstellt oder nach
Erledigung durch eine Hilfskraft diese Sicherstellung überprüft. Die Büroorganisation einer
Verfahrensbeteiligten muss gewährleisten, dass die letzte Kontrolle vor Abgang eines solchen
Schriftsatzes durch den Vertreter bzw. Bevollmächtigten erfolgt.150
Wendet sich ein Patentanmelder nach Erhalt eines Bescheids des Patentamts, in dem dieses
unmissverständlich einen Rechtsverlust für den Fall der nicht fristgerechten Zahlung zum
Ausdruck bringt, zwar umgehend aber erfolglos mit der Bitte um Aufklärung an das
Patentamt, darf er gleichwohl im Rahmen des Zumutbaren nichts unversucht lassen, unter
Hinweis auf die ablaufende Frist die gewünschte Auskunft zu erhalten. Ist für den Anmelder
erkennbar, dass dem von ihm an das Patentamt gerichteten Schreiben allein keine Frist
verlängernde Wirkung zukommen konnte mit der Folge, dass er vor Fristablauf erneut hätte
tätig werden müssen, und lässt er die Zahlungsfrist ohne weitere Maßnahmen ungenutzt
ablaufen, war er nicht ohne Verschulden an der versäumten Frist zur Zahlung der
Jahresgebühr gehindert, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Frage
Die Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG beginnt nicht schon mit dem Erhalt der
patentamtlichen Mitteilung, mit der der Patentinhaber über eine Zahlungsfrist als solche
unterrichtet wird. Positive Kenntnis von der Fristversäumung hat der Patentinhaber erst nach
dem Erhalt der Mitteilung des Patentamts, dass sein Patent wegen nicht rechtzeitiger Zahlung
einer Jahresgebühr erloschen ist. Soll eine Gebühr erst gegen Ende der Zahlungsfrist
149 Beschl. v. 19.04.2005 – 23 W (pat) 65/04. 150 Beschl. v. 28.02.2005 – 19 W (pat) 38/04, BlPMZ 2005, 395 LS – Schadensverhütung. 151 Beschl. v. 16.12.2004 – 10 W (pat) 52/03.
BPatG Jahresbericht 2005
entrichtet werden, ist nur dann der Sorgfalt genügt, wenn ein entsprechend schneller
Zahlungsweg gewählt wird. Bei Überweisungen muss der Zahlungspflichtige die normale
Laufzeit berücksichtigen, mit der erfahrungsgemäß zu rechnen ist. Da gemäß § 676a Abs. 2
Nr. 2 BGB die Bank inländische Überweisungen in Inlandswährung längstens binnen drei
Bankgeschäftstagen, wozu nur Werktage ausgenommen Samstage zählen, auf das Konto des
Begünstigen zu bewirken hat, darf der Patentinhaber nicht damit rechnen, dass seine kurz vor
dem Wochenende an einem Freitag getätigte Überweisung bereits am darauf folgenden
Montag, dem Tag des Fristablaufs, dem Konto des Patentamts gutgeschrieben wird.152
Die Entscheidung des Bundespatentgerichts aus dem Jahr 1975153, wonach es keine
ungewöhnliche Besonderheit darstellt, dass bei einer Überweisung bis zur Gutschrift auf dem
Konto des Empfängers mehr als eine Woche vergeht, ist angesichts der heute üblichen EDV-
gestützten Bearbeitung nicht mehr als gültiger Maßstab anzusehen. Es sind vielmehr die heute
üblichen, von der elektronischen Abwicklung geprägten Banklaufzeiten heranzuziehen, wie
sie zB in § 676a BGB gesetzlich geregelt sind.154
Beim Rechtsübergang von Schutzrechten ist besonders sorgfältig darauf zu achten, dass in der
Übergangsphase die Zahlung von Gebühren für ein Patent nicht aus dem Blickfeld gerät. Bei
Übergängen zwischen ausländischen Firmen sind die Inlandsvertreter unbedingt über den
Wechsel zu informieren. Bevor das Patent (mit eventuell daraus entstehenden nationalen
Patenten) aus der Aktenverwaltung des früheren Patentinhabers entfernt wird, ist für eine
nahtlose Übertragung auf die Aktenverwaltung des späteren Patentinhabers (bzw. der neu
bestellten Patentanwälte) Sorge zu tragen. Wird keine dieser als selbstverständlich
erscheinenden Maßnahmen ergriffen, ist das Verhalten der an dem Rechtsübergang
Beteiligten als grob fahrlässig anzusehen. In diesem Fall ist die Zahlungsfrist nicht ohne
Verschulden versäumt und ein Wiedereinsetzungsantrag nicht begründet.155
Wer eine Gebührennachricht, die unübersehbar mit dem Hinweis „Achtung! Drohender
Rechtsverlust" überschrieben ist, mit anderen Schriftstücken – bevor er sie richtig
152 Beschl. v. 21.04.2005 – 10 W (pat) 45/03. 153 BPatGE 18, 154. 154 Beschl. v. 01.09.2005 – 10 W (pat) 715/02. 155 Beschl. v. 09.05.2005 – 10 W (pat) 43/02.
BPatG Jahresbericht 2005
wahrgenommen hat – zusammenheftet und dadurch aus den Augen verliert, handelt fahrlässig
und versäumt die Zahlungsfrist nicht schuldlos, so dass ein Wiedereinsetzungsantrag
zurückzuweisen ist.156
Ist ein Patent für zwei Patentinhaber erteilt worden, so sind beide Patentinhaber
verfahrensrechtlich als notwendige Streitgenossen i.S.d. § 62 ZPO zu betrachten, so dass
durch die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags seitens eines Pateninhabers auch der
andere Patentinhaber zum Beteiligten des Wiedereinsetzungsverfahrens wird. Patentamtliche
Beschlüsse, die in dem Wiedereinsetzungsverfahren ergehen, müssen somit beiden
Patentinhabern zugestellt werden.157
Nach einer weiteren Entscheidung des 10. Senats158 liegt ein die Wiedereinsetzung
ausschließendes Organisationsverschulden vor, wenn eine mit der Weiterleitung von Post,
insbesondere von Zahlungserinnerungen, beauftragte Hilfsperson nicht stichprobenhaft
überwacht wird. Wird das Arbeitsverhältnis mit der Hilfsperson gelöst, darf der Patentinhaber
von diesem Zeitpunkt an auf eine fortdauernde Weiterleitung von Zahlungsaufforderungen
nicht mehr vertrauen und muss die Überwachung der Zahlungsfristen neu organisieren.
Die Streitfrage, ob im Hinblick auf § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG nur die eingetragene
Patentinhaberin eine Antragsberechtigung auf Wiedereinsetzung nach § 123 PatG hat oder
auch der nicht eingetragene Erwerber des Schutzrechts, kann offen bleiben, sofern er seine
Berechtigung nachweist und zusätzlich den Umschreibungsantrag stellt. Ebenso kann im
Hinblick auf die jedenfalls verschuldete Fristversäumnis dahinstehen, ob bei der Frage der
Wiedereinsetzung nur Tatsachen, die in der Person der noch eingetragenen Patentinhaberin
entstanden sind, zu berücksichtigen sind oder ob alternativ auch auf die Rechtsnachfolgerin
abzustellen ist159.
9. Zustellung
Ist ein Patent für zwei Patentinhaber erteilt worden und ist einer der beiden Patentinhaber als
Zustellungsbevollmächtigter benannt, so sind diesem gemäß § 8 Abs. 2 VwZG zwei
156 Beschl. v. 23.06.2005 – 10 W (pat) 41/03. 157 Beschl. v. 09.12.2004 – 10 W (pat) 40/04. 158 Beschl. v. 11.08.2005 – 10 W (pat) 22/04. 159 Beschl. v. 27.11.2005 – 10 W (pat) 2/04.
BPatG Jahresbericht 2005
Beschlussausfertigungen zuzustellen. Die Verletzung dieser zwingenden Vorschrift macht die
Zustellung unwirksam, so dass die Beschwerdefrist nicht zu laufen beginnt. Eine Heilung des
Zustellungsmangels gemäß § 9 VwZG kommt nicht in Betracht, denn hierfür genügt es nicht,
dass der Zustellungsbevollmächtigte den Beschluss nachweislich erhalten hat. Wenn gemäß §
8 Abs. 2 VwZG mehrere Beschlussexemplare zugestellt werden müssen, setzt die
Anwendung des § 9 VwZG voraus, dass seitens der Behörde der Wille hierzu überhaupt
vorhanden war.160
Erfolgt die Zustellung einer Gebührenbenachrichtigung per Einschreiben, ist die Zustellung
über diese Gebührennachricht in der patentamtlichen Akte nicht feststellbar, ist ferner der
gemäß § 127 Abs. 1 PatG i.V.m. § 4 Abs. 2 VwZG vorgeschriebene Postaufgabevermerk
nicht vorhanden und kann dieser auch nicht nachgeholt werden, da die Postabfertigungsstelle
diesbezügliche Unterlagen nicht so lange aufbewahrt, liegt ein Zustellungsmangel vor. Stellt
der Anmelder den tatsächlichen Erhalt der Gebührenbenachrichtigung glaubhaft in Abrede,
und kann deren Zugang bei ihm auch auf andere Weise nicht nachgewiesen werden, so kann
dieser Mangel auch nicht durch nachweislichen Erhalt (§ 9 VwZG) geheilt werden.161
10. Kosten und Gebühren
Die Gebühren für die Akteneinsicht sind nicht in der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG geregelt,
sondern in der Anlage zu § 2 Abs. 1 DPMAVwKostV, die grundsätzlich eigenständige
Bestimmungen trifft. Eine Heranziehung von Vorschriften des Patentkostengesetzes kommt
daher nur insoweit in Betracht, als in der DPMA-Verwaltungskostenverordnung Regelungen
fehlen und sich das PatKostG als kompatible Ergänzung darstellt. Diese Voraussetzung ist bei
der Vorschrift des § 6 Abs. 2 PatKostG nicht gegeben, denn die Rücknahmefiktion des § 6
Abs. 2 PatKostG ist untrennbar mit den in § 6 Abs. 1 PatKostG geregelten Zahlungsfristen
und der in § 3 Abs. 1 PatKostG geregelten Fälligkeit von Gebühren verbunden. Gemäß § 3
Abs. 1 PatKostG werden Gebühren mit der Antragstellung fällig. Hiervon weicht die
Fälligkeitsregelung in der DPMA-Verwaltungskostenverordnung jedoch ab. Gemäß § 6
DPMAVwKostV werden Gebühren mit der Beendigung der gebührenpflichtigen
160 Beschl. v. 09.12.2004 – 10 W (pat) 40/04. 161 Beschl. v. 13.01.2005 – 10 W (pat) 19/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Amtshandlung, Auslagen sofort nach ihrer Entstehung fällig162. Da die Akteneinsichtsgebühr
nicht mit Antragstellung, sondern erst mit Durchführung der Amtshandlung, hier der
Akteneinsicht, fällig wird, kann die fehlende Gebührenzahlung nicht zu der Rechtsfolge
führen, dass der Antrag als zurückgenommen gilt.163
Der 10. Senat hat sich mit der Frage befasst, ob die am 1. Januar 2002 in Kraft getretene
Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums bisher
entwickelte Grundsätze zum Fälligwerden oder einer eventuellen Rückzahlung der
Prüfungsantragsgebühr geändert hat. Der Senat kommt zum Ergebnis164, dass auch die neuen
Regelungen nichts an der Tatsache ändern, dass es sich bei der Prüfungsantragsgebühr um
eine Antragsgebühr handelt, die mit Stellung des Prüfungsantrags fällig wird, wie die
Fälligkeitsregelung in § 3 Abs. 1 PatKostG zeigt. Es besteht auch kein Anspruch auf
Rückzahlung der mit Rechtsgrund entrichteten Prüfungsantragsgebühr, wenn die
Patentanmeldung vor Durchführung des Prüfungsverfahrens zurückgenommen wird. Dies gilt
grundsätzlich auch dann, wenn das Patentamt die Prüfung der Patentanmeldung vor deren
Rücknahme und über längere Zeit verzögert hat. Die Rücknahme eines wirksam gestellten
Prüfungsantrags, zu dem die fällige Gebühr gezahlt worden ist, kann schon deshalb nicht mit
der Rücknahmefiktion gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG wegen fehlender Gebührenzahlung auf
eine Stufe gestellt werden, weil gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 PatG das Prüfungsverfahren auch
dann fortgesetzt wird, wenn der Antrag auf Prüfung zurückgenommen wird. Gemäß § 9
PatKostG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären,
zwar nicht erhoben. Eine solche „unrichtige Sachbehandlung" kann aber nicht schon in der
verzögerten Bearbeitung des Prüfungsantrags als solcher gesehen werden. Die in § 10
PatKostG geregelten Rückzahlungsmöglichkeiten sind ebenfalls nicht gegeben. Es handelt
sich hier weder um eine vorausgezahlte Gebühr, die nicht mehr fällig werden kann, noch
liegen die Voraussetzungen für ein Entfallen der Gebühr gemäß § 10 Abs. 2 PatKostG vor.
Ein Raum für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen ein Antrag (hier:
der Prüfungsantrag) wirksam gestellt, die Gebühr vollständig und fristgerecht gezahlt worden
162 Vgl. zur abweichenden Fälligkeitsregelung auch
Schulte, PatG, 7. Aufl., § 31 Rdn. 47; § 6
DPMAVwKostV Fußnote 4.
163 Beschl. v. 11.08.2005 – 10 W (pat) 704/03, BlPmz 2006,68 – Schulheftseiten, Rechtsbeschwerde
zugelassen, aber nicht eingelegt.
164 Beschl. v. 23.08.2005 – 10 W (pat) 25/02, BlPMZ 2005, 455, GRUR 2006, 261 = Mitt 2005, 555
(Leitsatz) – Prüfungsantragsgebühr, Rechtsbeschwerde zugelassen aber nicht eingelegt.
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ist und anschließend der Prüfungsantrag oder die Patentanmeldung zurückgenommen wird,
bevor das Prüfungsverfahren durchgeführt worden ist, ist nicht erkennbar.
11. Verschiedenes
Eine Abhängigkeit vom Prüfungsergebnis einer anderen Patentanmeldung sieht das
Patentgesetz nach Auffassung des 17. Senats165 nur im Falle einer Zusatzanmeldung gemäß
§ 16 PatG vor. Ansonsten ist jede Patentanmeldung für sich und unabhängig von anderen
Anmeldungen zu prüfen. Eine Aussetzung eines Prüfungsverfahrens kommt nur in Betracht,
falls der Ausgang eines zweiten Prüfungsverfahrens zwingende Voraussetzung für das erste
Verfahren ist; die bloße Möglichkeit sich widersprechender Entscheidungen rechtfertigt eine
Aussetzung nicht.
Eine Patentanmeldung, die ersichtlich keine patentfähige Lehre beinhaltet, ist gleichwohl
wirksam getätigt, denn zu den Voraussetzungen zur Zuerkennung eines Anmeldetages gehört
nicht, dass in der Anmeldung eine Erfindung i.S.d. § 1 PatG beschrieben wird. Ein Beschluss,
der lediglich die Unwirksamkeit der Anmeldung feststellt und auch nicht im Sinne einer
Zurückweisung der Anmeldung ausgelegt werden kann, ist aufzuheben, damit das Patentamt
die Anmeldung nunmehr gemäß §§ 42 Abs. 3, 48 PatG zurückweisen kann.166
Hat der Anmelder die in Art. 22 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 PCT bestimmte Frist zur Zahlung der
nationalen Anmeldegebühr bei einer internationalen Patentanmeldung (PCT) versäumt, ist
eine Anwendung der Vorschrift des bis 31.12.2001 geltenden Fassung des § 34 Abs. 6
Satz 2 PatG (Nachricht bei unterbliebener Zahlung) weder unmittelbar noch entsprechend
möglich. Die internationale Anmeldung kann deshalb in Deutschland keine Wirkung entfalten
(Art. 24 Abs. 1 Buchst. iii, Art. 39 Abs. 2 i.V.m. Art. 11 Abs. 3 PCT). Das DPMA ist nicht
befugt, in diesen Fällen Gebührennachrichten zu versenden (vgl. Beschl. v. 05.03.2001 – 10
W (pat) 120/99, BlPMZ 2001, 218). Auch eine Berufung auf Regel 51bis.3a AusfOPCT ist
nicht möglich, weil sich die dort vorgesehene Möglichkeit der Nachholung einer
fristgebundenen Handlung nicht auf die Gebührenzahlung gemäß Art. 22 Abs. 1, Art. 39
Abs. 1 PCT bezieht, sondern auf die Anforderungen, die Art. 27 PCT an Form und Inhalt der
Anmeldung stellt. Die Möglichkeit zur Gebührenzahlung nach Ablauf der in Art. 22 Abs. 1,
165 Beschl. v. 28.07.2005 – 17 W (pat) 43/03. 166 Beschl. v. 13.10.2005 – 10 W (pat) 3/04.
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Art. 39 Abs. 1 PCT vorgesehenen Frist ergibt sich auch nicht aus dem vom DPMA
herausgegebenen PCT-Leitfaden oder aus der Mitteilung 4/88 des Präsidenten des DPMA
(BlPMZ 1988, 145). Derartige Verlautbarungen dienen lediglich der Unterrichtung der
Öffentlichkeit sowie der besseren Zusammenarbeit von Verfahrensbeteiligten (insbesondere
Schutzrechtsanmeldern und -inhabern) mit dem Patentamt. Sie haben (anders als Gesetze oder
Verordnungen) keine Rechtsqualität und können deshalb gesetzlich festgelegte
Zahlungsfristen nicht verändern.167
X. Sonstige
1. Wirksamkeit,
Statthaftigkeit der Beschwerde
Begehrt ein Anmelder lediglich eine nachträgliche Änderung der Patentansprüche gegenüber
der Fassung, der er zugestimmt hat, und behauptet er gerade nicht, dass der
Erteilungsbeschluss zu seinem Nachteil vom gestellten Erteilungsantrag abweicht, so fehlt
ihm das nach § 73 PatG erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine zulässige Beschwerde.
Eine nachträgliche Änderung der Patentansprüche ist jedoch unter den Voraussetzungen des §
64 PatG (Beschränkungsverfahren) möglich.168
Das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren setzt nach § 73 Abs. 1 PatG eine beschwerde-
fähige Entscheidung (Beschluss) einer Prüfungsstelle oder Patentabteilung voraus. Eine
Untätigkeitsbeschwerde oder ein sonstiges Rechtsmittel bzw. ein sonstiger Rechtsbehelf
lediglich wegen Untätigkeit der Ausgangsinstanz ist im Patentgesetz nicht vorgesehen. Eine
solche Untätigkeitsbeschwerde ist grundsätzlich unstatthaft169; vgl. auch die weiteren
Beschlüsse des 10. Senats170.Ob und unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise eine
Untätigkeitsbeschwerde in Betracht kommen kann, muss nicht entschieden werden, wenn ein
Fall völlig unzumutbarer und auf Rechtsverweigerung hinauslaufender Verzögerung nicht
vorliegt. Eine solche unzumutbare Verzögerung liegt dann nicht vor, wenn es lediglich um die
Rückzahlung von gezahlten Amtsgebühren in nicht besonders großer Höhe geht und die
Verfahrensdauer nicht derart aus dem Rahmen fällt, dass allein daraus der Schluss gezogen
werden kann, dass das Patentamt sich weigert, eine Entscheidung zu treffen. Der Senat hat
167 Beschl. v. 17.03.2005 – 10 W (pat) 61/03. 168 Beschl. v. 23.06.2005 – 10 W (pat) 12/04. 169 Beschl. v. 21.04.2005 – 10 W (pat) 47/04. 170 Beschl. v. 12.12.2002 – 10 W (pat) 41/01; Beschl. v. 16.10.2003 – 10 W (pat) 42/03.
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von einer Zulassung der Rechtsbeschwerde abgesehen, da hierfür die Voraussetzungen nicht
vorliegen. Die Rechtsbeschwerde findet gemäß § 100 Abs. 1 PatG gegen Beschlüsse des
Patentgerichts statt, durch die über eine Beschwerde nach § 73 PatG entschieden wird, setzt
also einen Beschluss einer Prüfungsstelle oder Patentabteilung des Patentamts voraus, woran
es vorliegend fehlt. Eine unstatthafte Rechtsbeschwerde wird auch durch Zulassung durch das
Gerichts nicht statthaft. Ebenso wenig hat der Senat einen Anlass für eine Beteiligung des
Präsidenten des Patentamts gemäß § 77 PatG gesehen, denn es geht bei der Zulässigkeit einer
Untätigkeitsbeschwerde nicht um eine Vorschrift, die im Verfahren vor dem Patentamt
(Erteilungs-, Einspruchsverfahren usw.) anzuwenden und auszulegen ist.
Erfolgt die Zustellung eines Beschlusses des Patentamts im Wege der vereinfachten
Zustellung durch Postübersendung an den anwaltlichen Vertreter gegen Empfangsbekenntnis
gemäß § 5 Abs. 2 VwZG i.V.m. § 127 Abs. 1 Satz 1 PatG und geht ein Empfangsbekenntnis
beim Patentamt nicht ein, ist der Beschluss mangels Zustellung unwirksam. Lässt sich nicht
feststellen, dass der Vertreter den Beschluss nachweislich erhalten hat, ist der
Zustellungsmangel auch nicht gemäß § 9 VwZG i.V.m. § 127 Abs. 1 PatG geheilt. Liegt
demnach nicht eine lediglich unheilbar mangelhafte, sondern gar keine (nachweisbare)
Zustellung vor, ist die Beschwerde gegenstandslos und mangels Beschwer unzulässig. Ein
Wiedereinsetzungsantrag erübrigt sich, die Sache ist zur Prüfung und Entscheidung an das
Patentamt zurückzuverweisen.171
Beantragt ein Verfahrensbevollmächtigter unter gleichzeitiger Einzahlung der
Beschwerdegebühr eine Fristverlängerung für die Einlegung der Beschwerde und führt weiter
aus, dass „namens und im Auftrag des Anmelders Beschwerde eingelegt werden (.) soll", so
ist dies keine wirksame Beschwerdeeinlegung. Zum einen kann in der bloßen Einzahlung der
Beschwerdegebühr keine ausreichende Beschwerdeerklärung gesehen werden, und zum
anderen folgt aus dem gewählten Wortlaut („soll . Beschwerde eingelegt werden"), dass der
Wille des anwaltlichen Vertreters gerade nicht dahin ging, die entsprechende
Prozesshandlung sogleich vorzunehmen. Vielmehr sollte ersichtlich über eine
Beschwerdeeinlegung abschließend erst in der verlängerten Frist befunden werden.172
171 Beschl. v. 11.11.2004 – 11 W (pat) 44/04. 172 Beschl. v. 19.04.2005 – 23 W (pat) 65/04.
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Da die Beschwerdegebühr nicht für die Anmeldung, sondern für die Beschwerde zu zahlen
ist, entfällt die Pflicht zur Zahlung der Beschwerdegebühr nicht im Hinblick auf die bereits
gezahlte Anmeldegebühr. Ein Verzicht seitens des Bundespatentgerichts auf die gesetzlich
festgelegte Beschwerdegebühr (Gebührenverzeichnis PatKostG Nr. 411 200) ist nicht
möglich. Ebenso muss der Hinweis des Anmelders auf seine „relative Mittellosigkeit" und auf
seine kleine Rente unberücksichtigt bleiben, ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe ist nach
Ablauf der Beschwerdefrist nicht mehr möglich173.
Während bei der gemeinsamen Einlegung von mehreren Einsprüchen weiterhin strittig ist,
wie viele Einspruchsgebühren zu zahlen sind (vgl. den Abschnitt VII. 4. Einspruchsgebühr),
sind sich die Senate bei dem analogen Problem der gemeinsamen Beschwerdeeinlegung
mehrerer Einsprechender einig, wie eine aktuelle Entscheidung des 17. Senats174 zeigt, der im
Beschluss ausführt: Nach dem allgemeinen Grundsatz des Kostenrechts genügt für ein
Verfahren mit einem einheitlichen Streitgegenstand die Zahlung einer Gebühr. Deshalb ist
auch nur eine Beschwerdegebühr fällig, wenn mehrere Einsprechende, auch ohne in
Rechtsgemeinschaft zu stehen, gemeinsam handeln und eine einheitliche Beschwerde
einlegen, indem für sie der gleiche Anwalt einen gemeinsamen Beschwerdeschriftsatz
einreicht und das Begehren auf denselben Grund stützt.
Mündliche Verhandlung
Ein Patentanwaltsbewerber darf in einer mündlichen Verhandlung vor dem
Bundespatentgericht nicht als Parteivertreter in Untervollmacht auftreten, die ihm
Patentanwälte erteilt haben, für die er als freier Mitarbeiter einzelne, jeweils gesondert
vergütete Arbeiten und Aufträge ausführt, da nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 nur Patentanwälten die
Vertretung von dem Bundespatentgericht zusteht. Als sonstiger Bevollmächtigter i.S.v. § 157
Abs. 1 Satz 1 ZPO ist er ausgeschlossen, wenn er geschäftsmäßig in unerlaubter Weise die
Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten betreibt, was bei einer Tätigkeit als freier
Mitarbeiter der Fall ist.175
173 Beschl. v. 20.10.2005 – 10 W (pat) 10/05. 174 Beschl. v. 05.04.2005 – 17 W (pat) 49/02, Mitt 2006, 76 (nur Leitsatz) – Chipkarte. 175 Beschl. v. 24.10.2005 – 9 W (pat) 19/04, Mitt 2006, 141 – Windenergieanlage.
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Ohne die Mitwirkung des in der mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Anmelders ist
der Senat gehindert, zu entscheiden, welche – zwar angekündigten, aber gleichwohl nicht
eingereichten – Unteransprüche in welcher Fassung dem jeweiligen Hauptanspruch folgen
sollen. Auf die beantragte prozessuale Möglichkeit, von einer negativen Entscheidung
zunächst abzusehen und den Anmelder nach Übergang ins schriftliche Verfahren auf die
bestehenden Lücken hinzuweisen, besteht kein Rechtsanspruch. Wenn der Anmelder
freiwillig auf das Erscheinen vor Gericht verzichtet und damit die Gelegenheit ungenutzt
lässt, auch mündlich rechtliches Gehör zu erhalten, hat er den mangelnden Erfolg seines
Rechtsbehelfs selbst zu verantworten.176
Seiner Aufgabe, Anträge zu stellen, kann sich der Patentinhaber nicht dadurch entledigen,
dass er unter Fernbleiben vom Verhandlungstermin dem Senat ohne jede Einschränkung ge-
stattet, die für notwendig erachteten Änderungen beim erteilten Patentanspruch 1 von Amts
wegen vorzunehmen. Dies widerspricht dem Grundsatz der Antragsbindung und der dadurch
im Verfahren vorgegebenen Rollenverteilung zwischen den Beteiligten einerseits und dem
Senat andererseits.177
2. Rechtliches
Eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit eines Einspruchs ist grundsätzlich nicht
zwingend geboten, so dass der Patentinhaber – zumal mangels vorheriger Verwerfung des
Einspruchs als unzulässig – damit rechnen muss, dass der Einsprechende im anberaumten
Termin zur Sache verhandelt. Insoweit liegt kein Grund für eine Vertagung des
Verhandlungstermins vor, selbst wenn an den Patentinhaber erst im Termin der ausdrückliche
Hinweis ergeht, dass der Einspruch zulässig ist. Auch die Tatsache, dass der Patentinhaber
erst im Verhandlungstermin einen – an das DPMA gerichteten – Schriftsatz mit zwei Jahren
Verspätung erhält, in dem der Einsprechende Ausführungen zur Zulässigkeit seines
Einspruchs macht, stellt keinen Anlass für eine Vertagung der Verhandlung dar.178
Zur Gewährleistung des verfassungsrechtlich gebotenen (Art. 103 Abs. 1 GG) rechtlichen
Gehörs und eines insoweit prozessordnungsgemäßen Verfahrens ist die mündliche
176 Beschl. v. 09.05.2005 – 19 W (pat) 19/03. 177 Beschl. v. 07.04.2005 – 23 W (pat) 333/03. 178 Beschl. v. 03.11.2004 – 9 W (pat) 701/04.
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Verhandlung unter Umständen dann zu vertagen, wenn ein Beteiligter neue Patentansprüche
zum Gegenstand seines Antrags macht (BGH GRUR 2004, 354 – Vertagung). Ob dies auch
dann gilt, wenn die geänderten Ansprüche auf eine vom Einsprechenden neu (hier: am Tag
vor der mündlichen Verhandlung) entgegengehaltene Druckschrift und somit auf einen
hinreichend bekannten Stand der Technik zurückgehen, hat der 19. Senat179 dahinstehen
lassen, da der Einsprechende nicht nur ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, sich zu dem
neuen Patentanspruch gemäß Hilfsantrag zu äußern, sondern diese auch sachgemäß und
erschöpfend genutzt und in der mündlichen Verhandlung eingehend zur Zulässigkeit des
neuen Hilfsantrags und zur Patentfähigkeit des Patentgegenstandes gemäß Hilfsantrag
Stellung genommen hat. Für den Senat besteht dann keine Veranlassung, der Anregung des
Einsprechenden zu folgen und nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erneut in die
Verhandlung einzutreten, um diese dann zu vertagen.
Kosten und Gebühren
Im Verfahren der Erinnerung gegen den Beschluss des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungs-
verfahren – hier im Verfahren gemäß § 109 Abs. 3 PatG – fallen die Kosten eines ohne Erfolg
eingelegten Rechtsmittels der Rechtsmittel führenden Partei zur Last. Maßstab für die
Kostentragung ist nämlich gemäß § 109 Abs. 3 PatG, wonach die Vorschriften der
Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend gelten, § 97 Abs. 1
4. Priorität
Auch wenn sich der Amtsakte des Patentamts nicht eindeutig die Zuordnung von mehreren
eingereichten Voranmeldungen zum jeweiligen Prioritätsdatum entnehmen lässt und das
Patentamt im Rahmen der Formalprüfung vom Anmelder eine Zuordnung der eingereichten
Voranmeldungen zum jeweiligen Prioritätsdatum hätte verlangen müssen, so handelt es sich
insoweit um einen Verfahrensfehler, der dann nicht zur Unwirksamkeit der
Prioritätserklärung führt, wenn zumindest eine der Voranmeldungen alle Merkmale des
strittigen Anspruchs offenbart und selbst das ungünstigste Prioritätsdatum vor dem
Veröffentlichungstag der entgegengehaltenen Druckschriften liegt.181
179 Beschl. v. 01.12.2004 – 19 W (pat) 61/02, Mitt 2005, 571 – Rechtliches Gehör. 180 Beschl. v. 28.04.2005 – 10 ZA (pat) 6/04 zu 10 W (pat) 702/00. 181 Beschl. v. 26.10.2004 – 6 W (pat) 701/03; Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt.
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5. Verfahrenskostenhilfe
Gebührenpflicht für die Beschwerde gegen die Versagung von VKH
Der Auffassung, dass bereits vor dem 1. Juni 2004 (Änderung des Gebührenverzeichnisses
durch das GeschmMRefG) Beschwerden gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe
(entgegen dem Gebührenverzeichnis) nicht gebührenpflichtig sind, hat sich der 10. Senat182
angeschlossen. Er hat dazu ausgeführt, dass der Gesetzgeber durch die nunmehr erfolgte
Gesetzesänderung zu erkennen gegeben hat, dass die mit Erlass des Patentkostengesetzes
erfolgte Einbeziehung der Verfahrenskostenhilfebeschwerde in die Gebührenpflicht nicht
seiner wirklichen Intention entsprochen hat. Darüber hinaus ist der 10. Senat der Ansicht, dass
Entsprechendes auch für Beschwerden in Jahresgebühren-Stundungssachen gemäß § 18 Abs.
1 PatG a.F. gelten muss, wozu auch Beschwerden gegen die Nichtgewährung einer
Wiedereinsetzung in die Frist zur Stellung eines Stundungsantrags gehören, die bis zum
31. Dezember 2001 gemäß § 73 Abs. 3 PatG a.F. nicht gebührenpflichtig waren.
Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der Mutwilligkeit hat sich der 5. Senat in einem Ge-
brauchsmusterbeschwerdeverfahren183 auseinandergesetzt und festgestellt, dass für die
Annahme einer mutwilligen Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe die Vielzahl der
eingereichten Anmeldungen für sich nicht ausreicht184, es müssen vielmehr weitere
Besonderheiten hinzukommen, wie querulatorisches Verhalten, bewusst nicht ernst gemeinte
Anmeldungen185 oder dass der Anmelder nach eigenem Bekunden gar keine Verwertung
beabsichtigt oder es lediglich um den ideellen Wert des Patents geht186. Solche
Besonderheiten sind insbesondere dann nicht aus der Zahl der bisherigen Patent- und
Gebrauchsmusteranmeldungen herzuleiten, wenn der Anmelder hierfür in der Vergangenheit
selbst große Beträge aufgewendet hat. Der Senat folgt dabei den Darlegungen des
34. Senats187, der sich eingehend mit den in diesem Zusammenhang ergangenen
Entscheidungen188 auseinandergesetzt hat, und führt ergänzend aus, dass Mutwilligkeit wegen
182 Beschl. v. 07.10.2004 – 10 W (pat) 13/02 – Frontkraftheber. 183 Beschl. v. 05.11.2004 – 5 W (pat) 20/04. 184 Vgl. auch BPatG Beschl. v. 17.01.2000 – 11 W (pat) 65/99; Beschl. v. 16.12.1999 – 11 W (pat) 23/99,
BPatGE 42, 178 = BlPMZ 2000, 220.
185 Vgl. auch BPatGE 41, 45 – Schneepflug. 186 Vgl. auch BPatGE 42, 180 – Verfahrenskostenhilfe. 187 Beschl. v. 05.03.1999 – 34 W (pat) 6/99. 188 BPatGE 38, 228 und 40, 224.
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„fehlender Strategie" einem mittellosen Erfinder nicht schon deswegen unterstellt werden
kann, weil er auf verschiedenen Fachgebieten tätig ist. Mutwille lässt sich auch nicht aus der
Tatsache herleiten, dass dem Anmelder eine Verwertung angemeldeter, technisch
unterschiedlicher Schutzrechte bisher nicht gelungen ist. Hat sich der Anmelder ausreichend
um die Verwertung seiner Erfindungen bemüht, indem er nachweislich einen umfangreichen
Schriftwechsel geführt hat, kann ihm der fehlende Erfolg insoweit nicht als Mutwilligkeit
angerechnet werden.
6. Sonstiges
Nach § 94 Abs. 2 PatG sind die Beschlüsse des Patentgerichts zu begründen. Das gilt nicht,
wenn im einseitigen Verfahren (auch zB im Einspruchsverfahren nach Rücknahme des
Einspruchs) dem Antrag des allein Verfahrensbeteiligten entsprochen wird189. Nach einer
Entscheidung des 34. Senats190 bedarf es auch im mehrseitigen Verfahren (hier:
Einspruchsbeschwerdeverfahren) keiner besonderen Begründung der Entscheidung, wenn der
Senat nicht erkennen kann, dass der angefochtene Beschluss fehlerhaft ist, und sich die nach
seiner Auffassung zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses zu eigen macht191.
In die gleiche Richtung geht eine Entscheidung des 9. Senats192, bei der im
Einspruchsbeschwerdeverfahren von den Parteien weder Äußerungen noch Anträge vorlagen
und der Senat insbesondere festgestellt hat, dass es keiner Aufforderung an den
Beschwerdeführer (Patentinhaber) bedarf, eine Beschwerdebegründung einzureichen.
Dr. Volker Winterfeldt
189 BPatG PatGE 47, 168 = BlPMZ 2004, 60 – Fehlende Begründungspflicht. 190 Beschl. v. 09.03.2005 – 34 W (pat) 28/03. 191 Vgl. auch BGH GRUR 1993, 896 – Leistungshalbleiter. 192 Beschl. v.22.12.2004 – 9 W (pat) 35/03. *
Vorsitzender Richter am BPatG, München
Gebrauchsmusterrecht
BPatG Jahresbericht 2005
B. Gebrauchsmusterrecht
I. Schutzfähigkeit
Softwarebezogene Erfindungen beschäftigen zunehmend auch den Gebrauchsmuster-Be-
schwerdesenat. In einer eine „Rechneranlage zur variablen Tarifierung von Internetgebühren"
betreffende Gebrauchsmusteranmeldung hatte der 5. Senat im Jahr 2003 die
Rechtsbeschwerde zugelassen bezüglich der Frage, ob für die kategorielle Einordnung des
unter Schutz gestellten Gegenstandes Erwägungen zu berücksichtigen sind, wie sie nach der
neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Bestimmung der
technischen Natur des Gegenstandes zugrunde gelegt werden193. In dem
Zurückverweisungsbeschluss des BGH hat dieser ausgeführt, dass das Bundespatentgericht
die Zurückweisung von Anmeldung und Beschwerde nach dem Hauptantrag der Anmelderin
nicht auf den Schutzausschluss nach § 2 Nr. 3 GebrMG stützen kann, da eine für die
Übersendung über das Internet geeignete, Daten repräsentierende Signalfolge nicht als
Verfahren i.S.d. § 2 Nr. 3 GebrMG einzustufen ist. Der Gebrauchsmusterbeschwerdesenat
habe jedoch zu prüfen, ob mit den in Streit stehenden Schutzansprüchen ein Programm für
Datenverarbeitungsanlagen als solches beansprucht wird194. In seiner erneuten Entscheidung
hat der 5. Senat195 nunmehr festgestellt, dass die fragliche Signalfolge zwar als Unterfall eines
Programms für Datenverarbeitungsanlagen i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 3 GebrMG eingeordnet
werden kann, nach dem Schutzanspruchwortlaut jedoch nicht als ein Programm für
Datenverarbeitungsanlagen „als solches" i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 GebrMG
anzusehen ist. Nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 1 Abs. 2 Nr. 3 und
Abs. 3 PatG, die insoweit mangels abweichender Regelungen auf die gleich lautenden
Vorschriften in § 1 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 GebrMG übertragbar ist, sind die dort in Nr. 3
genannten Programme für Datenverarbeitungsanlagen nur insoweit vom Schutz
ausgeschlossen, als sie losgelöst von einer konkreten Umsetzung beansprucht werden. Soweit
sie hingegen zur Lösung eines konkreten technischen Problems Verwendung finden, sind sie
– in diesem Kontext – grundsätzlich dem Schutz zugänglich. Danach kann ein Programm zB
dann als Gebrauchsmuster geschützt werden, wenn es in technische Abläufe eingebunden ist,
etwa dergestalt, dass es Messergebnisse aufarbeitet, den Ablauf technischer Einrichtungen
193 Beschl. v. 21.03.2003 – 5 W (pat) 11/01; vgl. Jahresbericht BPatG 2003. 194 BGH GRUR 2004, 495 = Mitt 2004, 265. 195 Beschl. v. 03.11.2004 – 5 W (pat) 11/01.
BPatG Jahresbericht 2005
Gebrauchsmusterrecht
überwacht oder sonst steuernd bzw. regelnd nach außen wirkt. Hat der auf ein
Computerverfahren gerichtete Schutzanspruch im Wesentlichen einen prozessualen Ablauf
zur Erzeugung einer Datenbank zum Gegenstand, so betrifft er ein Arbeitsverfahren, das
gemäß § 2 Nr. 3 GebrMG vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen ist196.
Die in der Vergangenheit in Beschlüssen des 5. Senats gelegentlich vertretene
Rechtsauffassung, ein erfinderischer Schritt sei bereits zu bejahen, wenn der Fachmann den
Rahmen seines routinemäßigen Handelns überschreitet, hat nach aktuellen Beschlüssen des 5.
Senats197 in vielen Fällen zu einem nicht überzeugenden Ergebnis führt. Da die Frage der
Bestimmung des „erfinderischen Schrittes" eines Gebrauchsmusters auch in der
Kommentierung und in der Literatur unterschiedlich bewertet, teilweise sogar mit dem
Begriff der „Erfindungshöhe des Patents" gleichgesetzt wird (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl. § 1
GebrMG Rdn. 13 ff), hat der 5. Senat in den genannten Entscheidungen zur Klärung dieser
Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde den Weg
zu einer höchstrichterlichen Entscheidung eröffnet, die auch eingelegt wurde.
II. Abzweigung
In Ergänzung seiner bisherigen Rechtsprechung198 hat der 5. Senat erneut199 festgestellt: Soll
aus einer europäischen Patentanmeldung ein Gebrauchsmuster abgezweigt werden und gilt
die Benennung der Bundesrepublik Deutschland für diese Patentanmeldung mangels
Entrichtung der dafür erforderlichen Benennungsgebühr als zurückgenommen (Art. 91 Abs. 4
EPÜ), so tritt bereits damit die Erledigung der Patentanmeldung i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 3
GebrMG ein. Daran ändert sich nichts durch die Tatsache, dass dieselbe europäische
Patentanmeldung gleichzeitig für andere Vertragsstaaten des EPÜ – etwa durch die
fristgerechte Zahlung der dafür erforderlichen Benennungsgebühren – aufrechterhalten
werden kann. Da mit der Frage nach der Bedeutung des Wegfalls der Benennung der
Bundesrepublik Deutschland in einer europäischen Anmeldung für die Abzweigbefugnis des
196 Beschl. v. 13.04.2005 – 5 W (pat) 17/03. 197 Beschl. v. 19.05.2005 – 5 W (pat) 405/04, Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt [X ZB 27/05];
Beschl. v. 13.07.2005 – 5 W (pat) 415/04, Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt [X ZB 29/05].
198 Beschl. v. 18.06.2004 – 5 W (pat) 10/01 – Glaspyramide; vgl. den Jahresbericht BPatG 2004. 199 Beschl. v. 24.11.2004 – 5 W (pat) 16/04, BlPMZ 2005, 230 = Mitt 2005, 259 – Abzweigungsfrist bei
europäischer Anmeldung, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt.
Gebrauchsmusterrecht
BPatG Jahresbericht 2005
Anmelders eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, hat der Senat
in seiner aktuellen Entscheidung im Gegensatz zur älteren Entscheidung die Rechtsbeschwer-
de zugelassen, die aber nicht eingelegt wurde.
III. Kosten und Gebühren
Der 5. Senat hat seine bisherige Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Gebühren eines
Patentanwalts in Gebrauchsmuster-Löschungsbeschwerdeverfahren aufgegeben. Diese sind
nach einer aktuellen Entscheidung200 entsprechend der Gebührentabelle der BRAGO bzw. des
RVG zu berechnen. Dazu ist in jedem Verfahren auf jeweiligen Antrag der Beteiligten ein
Gegenstandswert gemäß § 10 BRAGO bzw. § 33 RVG festzusetzen.
Nach ständiger Rechtsprechung201 ist im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren – im
Unterschied zum Patentnichtigkeitsverfahren – eine Doppelvertretung durch Patentanwälte
und Rechtsanwälte sowohl vor dem DPMA als auch vor dem Bundespatentgericht regelmäßig
nicht als notwendig anzusehen. Die Kosten eines zusätzlich mit der Vertretung beauftragten
Rechtsanwalts sind nur ausnahmsweise als zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche
und Rechte notwendige Kosten gemäß § 17 Abs. 4 GebrMG i.V.m. § 62 Abs. 2 Satz 1 PatG
erstattungsfähig, so wenn bspw. in einem Löschungsverfahren rechtliche Fragen eine
besondere Rolle gespielt haben202. Entsprechendes gilt nach einer aktuellen Entscheidung des
10. Senats203, wenn der Rechtsanwalt zwar neben dem Patentanwalt nicht zusätzlich mit der
Prozessvertretung beauftragt, jedoch zu dem Verfahren hinzugezogen worden ist.
Nach einem früheren Beschluss des 10. Senats204 ist bei der Berechnung der für das
Tätigwerden eines Patentanwalts im patentamtlichen Gebrauchmusterlöschungsverfahren zu
erstattenden Vergütung – entsprechend der ständigen Rechtsprechung des
Bundespatentgerichts205 – von den Festbetragsgebühren der von der Patentanwaltskammer
200 Beschl. v. 01.06.2005 – 5 W (pat) 433/04, BlPMZ 2005, 355 – Gebühren des Patentanwalts in Gbm-
201 Vgl. BPatGE 45, 129 mwNachw. 202 Vgl. Beschl. v. 7.11.1997 – 5 W (pat) 30/96 und Beschl. v. 30.7.1998 – 5 W (pat) 401/91. 203 Beschl. v. 24.11.2005 – 10 W (pat) 13/04. 204 Beschl. v. 24.06.2002 – 10W 2/01, BPatGE 45, 166 – Informationsstand. 205 Vgl. BPatGE 26, 208; 27, 61; 30, 36; 32, 162.
BPatG Jahresbericht 2005
Gebrauchsmusterrecht
herausgegebenen „Gebührenordnung für Patentanwälte" (Ausgabe 1. Oktober 1968 – PAGO)
auszugehen, wobei diesen Festbetragsgebühren entsprechend der Gebührenentwicklung bei
den Rechtsanwälten und der Entwicklung der durchschnittlichen Gegenstandswerte im
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren Teuerungszuschläge hinzuzurechnen sind. Wurde in
einem Löschungsverfahren der Auftrag nach der zum 1. Juli 1994 wirksam gewordenen
Erhöhung der Gebührensätze der BRAGO erteilt, ist es gerechtfertigt, der Verfahrensgebühr
von 600,00 DM gemäß Abschnitt K VI Nr. 1 PAGO einen Teuerungszuschlag von 228 %
hinzuzurechnen206. Daraus ergibt sich nach der genannten Senatsentscheidung der vom
DPMA auch hier zuerkannte Gebührenbetrag von jeweils 1.970,00 DM (= 1.007,25 €) für das
Verfahren und für die Verhandlung. An dieser Rechtsprechung hält der 10. Senat in einem
aktuellen Beschluss207 auch im Hinblick auf Entscheidungen des 33. Senats208
(Teuerungszuschlag von 266 %) und des 28. Senats209 (Teuerungszuschlag von 275 %)
unverändert fest.
Da nach der Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG die BRAGO weiterhin
Anwendung findet, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung einer Angelegenheit vor
dem 1. Juli 2004 erteilt worden ist, hält es der 10. Senat auch in einer weiteren
Entscheidung210 für folgerichtig, die Tätigkeit eines Patentanwalts im patentamtlichen
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren bei einer Auftragserteilung vor dem 1. Juli 2004 der
ständigen Rechtsprechung folgend nach den Festbetragsgebühren der von der
Patentanwaltskammer herausgegebenen „Gebührenordnung für Patentanwälte" (Ausgabe 1.
Oktober 1968 – PAGO) zu vergüten, wobei diesen Festbetragsgebühren entsprechend der
Gebührenentwicklung bei den Rechtsanwälten und der Entwicklung der durchschnittlichen
Gegenstandswerte im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren Teuerungszuschläge
hinzuzurechnen sind211. Es kann dahinstehen, ob und in welcher Weise die Ablösung der
BRAGO durch das am 1. Juli 2004 in Kraft getretene RVG die Erstattungsfähigkeit von
206 Im Anschluss an BPatG – 5. Senat – Mitt. 1997, 220 = BPatGE 38, 74 i.V.m. Berichtigung in Mitt 1997,
207 Beschl. v. 24.03.2005 – 10 W (pat) 41/02. 208 Beschl. v. 17.10.2000 – 33 W (pat) 33/00. 209 Beschl. v. 08.05.2002 – 28 W (pat) 226/00. 210 Beschl. v. 17.11.2005 – 10 W (pat) 46/04. 211 Vgl. BPatGE 45, 166 – Informationsstand; BPatGE 38, 74.
Gebrauchsmusterrecht
BPatG Jahresbericht 2005
Patentanwaltsgebühren in Gebrauchsmusterlöschungsverfahren beeinflusst. Hierfür spricht
aus Gründen der Gleichbehandlung nach Auffassung des 5. Senats212 einiges.
IV. Sonstiges
Ist das gerichtliche Konkursverfahren, das in der Schweiz über das Vermögen der
Beschwerdegegnerin eröffnet worden war, „für geschlossen" erklärt und bestätigt worden,
dass die Beschwerdegegnerin während des gegen die von ihr erstrittene Gebrauchsmuster-
Löschungsentscheidung eingeleiteten Beschwerdeverfahrens im Handelsregister „vollständig
gelöscht" worden ist, und war vom Konkursamt auf Anfrage des Senats zuvor bereits
mitgeteilt worden, dass sämtliche anhängigen Gerichtsprozesse definitiv geschlossen worden
sind, so ist davon auszugehen, dass damit die Beschwerdegegnerin ersatzlos in ihrem
rechtlichen Bestand untergegangen ist, ohne dass ein rechtlicher Nachfolger an ihre Stelle
getreten ist. Der von der Beschwerdegegnerin gestellte Löschungsantrag kommt dann in
Fortfall213. Damit ist jedoch die Zulässigkeit des Rechtsschutzbegehrens der
Beschwerdeführerin, das sie in ein Festsstellungsbegehren umgestellt hat, nicht entfallen.
Angesichts der Anscheinswirkung, die eine förmliche Entscheidung wie eine von der
Gebrauchsmusterabteilung ausgesprochene Teillöschung bis zu ihrer förmlichen Aufhebung
gegenüber der Allgemeinheit entfaltet, erachtet es der Senat für berechtigt, wenn die
Antragsgegnerin im Rechtsmittelverfahren die Beseitigung dieser Wirkung verfolgt. Die
Begründetheit des Feststellungsantrags folgt daraus, dass mit dem Fortfall des
Löschungsantrags wegen des das Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren beherrschenden
Dispositionsgrundsatzes die Rechtsgrundlage für die ergangene Teillöschungsentscheidung
der Gebrauchsmusterabteilung entfallen ist.
Einem auf ein Werkzeug gerichteten Schutzanspruch, bei dem die aufgeführten Merkmale
von der „Komplementarität" zwischen dem Werkzeug und einem Profilbrett ausgehen und
somit den Anschein erwecken, das Profilbrett zur Kennzeichnung miteinzubeziehen, fehlt es
nicht an der Klarheit, die für die Bestimmung des Schutzgegenstandes – insbesondere aus
212 Vgl. Beschl. v. 01.06.2005 – 5 W (pat) 433/04, BlPMZ 2005, 355 – Gebühren des Patentanwalts im
Gebrauchsmuster-Löschungsbeschwerdeverfahren; für das patentamtliche Markenlöschungsverfahren BPatG BlPMZ 2005, 239.
Beschl. v. 02.02.2004 – 5 W (pat) 452/01, BlPMZ 2005, 224 = BPatGE 48, 74 –
BPatG Jahresbericht 2005
Gebrauchsmusterrecht
Gründen der Ausführbarkeit – erforderlich ist, wenn sich der Fachmann nicht mit dem Begriff
„Komplementarität" aufhält oder gar dessen definitorische Schärfe hinterfragt, da ihm das Ge-
brauchsmuster selbst hinreichend Anhalt zum eindeutigen, am Ergebnis eines
funktionierenden Einsatzes ausgerichteten Verständnis dieses Begriffs liefert. Darüber hinaus
würde eine zusätzliche Aufnahme des komplementären Profilbrettes als Bestandteil des
Schutzanspruchs den Gegenstand des Gebrauchsmusters unzulässig verändern.214
Dr. Volker Winterfeldt
214 Beschl. v. 13.10.2004 – 5 W (pat) 458/03, es wurde die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt
Vorsitzender Richter am BPatG, München
Geschmacksmusterrecht
BPatG Jahresbericht 2005
C. Geschmacksmusterrecht
Verstoß gegen die guten Sitten
In einer aktuellen Entscheidung215 hat der 10. Senat seine bisherige Rechtsprechung216 zur
Frage, wann ein Geschmacksmuster gegen die guten Sitten verstößt, weitergeführt und betont,
dass auf Grund der fortschreitenden Liberalisierung der Anschauungen über Sitte und Moral
von diesem Ausschlusstatbestand nur sehr zurückhaltend Gebrauch zu machen ist. Von einem
Verstoß gegen die guten Sitten kann danach nur ausgegangen werden, wenn das angemeldete
Muster einen diskriminierenden, die Menschenwürde verletzenden Eindruck vermittelt. Im zu
entscheidenden Fall mit der Bezeichnung „Flasche in Form eines Sperma (männliche
Samenzelle)" erscheint es dem Senat bereits zweifelhaft, ob beachtliche Teile des Verkehrs
mit dem vorliegenden Muster, wenn sie ihm ohne Bezeichnung begegnen, überhaupt die
Vorstellung einer Flasche in Gestalt einer Samenzelle verbinden. Aber auch soweit dies der
Fall sein sollte, wird sich das Publikum durch die Gestaltung nicht ohne weiteres in seinem
sittlichen Empfinden verletzt fühlen. Zwar mag der Anblick einer spermaförmigen Flasche für
manche geschmacklos oder gar anstößig sein, es dürfte aber nur wenige geben, die sich
dadurch diskriminiert oder in ihrer Menschenwürde verletzt fühlen oder die in dem Muster
eine pornographische, auf Erregung sexueller Reize abzielende Darstellung sehen.
Kosten und Gebühren
Wenn auch im Grundsatz bei Fehlen besonderer Übergangsvorschriften Änderungen des
Verfahrensrechts in schon anhängigen Verfahren zu berücksichtigen sind, so gilt dies nach
einer Entscheidung des 10. Senats217 nicht für in der Vergangenheit abgeschlossene
prozessuale Tatbestände (hier: die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr nach § 9
GeschmMG a.F.). Diese Tatbestände werden nicht von einem neuen Gesetz erfasst218. Nach §
10a Abs. 1 Satz 3 GeschmMG in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung ist der
maßgebliche Tarif gemäß Gebührenverzeichnis Nr. 244110 bzw. Nr. 244120 zu § 1 PatGebG
215 Beschl. v. 03.03.2005 – 10 W (pat) 713/02. 216 Beschl. v. 16.01.2003 – 10 W (pat) 714/01, GRUR 2004, 160 – Vibratoren. 217 Beschl. v. 04.11.2004 – 10 W (pat) 702/02. 218 Vgl.
Baumbach/Lauterbach, ZPO, 62. Aufl., Einl III Rdn. 78; zur fristgebundenen Einlegung des
markenrechtlichen Widerspruchs BGH BlPMZ 2000, 320 – FRENORM/FRENON; BPatGE 35, 180 – quickslide.
BPatG Jahresbericht 2005
Geschmacksmusterrecht
in ständiger Rechtsprechung dahingehend auszulegen, dass Beschwerden gegen
Entscheidungen, die den Bestand der Anmeldung als solcher nicht berühren, keine
Gebührenpflicht auslösen219. Nach der bis 31. Dezember 2001 geltenden Rechtslage war für
Verlängerungsgebühren nach § 9 Abs. 3 GeschmMG a.F. grundsätzlich keine
Verfahrenskostenhilfe gewährbar. So auch eine weitere Entscheidung des 10. Senats220.
III. Verschiedenes
Ein noch unter Geltung des alten Geschmacksmusterrechts gestellter Akteneinsichtsantrag ist
unter Heranziehung des seit 1. Juni 2004 geltenden neuen Geschmacksmusterrechts zu
beurteilen, da insoweit weder eine Übergangsvorschrift im neuen Geschmacksmustergesetz
die Weitergeltung bisherigen Rechts bestimmt, noch ein in der Vergangenheit
abgeschlossener prozessualer Tatbestand gegeben ist. Auch wenn das neue
Geschmacksmusterrecht die Vorschriften über Grundmuster und Abwandlungen nicht
übernommen hat, bestehen derart eingetragene Muster grundsätzlich bis zu ihrem Erlöschen
fort. Gemäß § 22 Satz 2 Nr. 1 GeschmMG n.F. besteht das Recht, die Wiedergabe eines
Geschmacksmusters und die vom Deutschen Patent- und Markenamt über das
Geschmacksmuster geführten Akten einzusehen, wenn die Wiedergabe bekannt gemacht
worden ist. Vom Wortlaut her betrachtet, fällt die Abwandlung eines Grundmusters im Sinne
von § 8a GeschmMG a.F. für sich genommen zwar nicht unter diese Vorschrift, da gemäß §
8a Abs. 1 GeschmMG a.F. nur die Abbildung des Grundmusters bekannt gemacht wird. Die
in der Kommentarliteratur221 vertretene Auffassung, bei Abwandlungen eines Grundmusters
bedürfe es des Einverständnisses des Inhabers oder eines berechtigten Interesses, wobei aber
als Regelfall ein überwiegendes Akteneinsichtsinteresse anzunehmen sei, wenn in die Akten
des Grundmusters unbeschränkt Einsicht genommen werden könne, erscheint dem 10. Senat
nicht sachgerecht. Denn sie führt dazu, dass im Ergebnis eingetragene Geschmacksmuster,
nämlich die Abwandlungen von Grundmustern, auf Dauer der freien Akteneinsicht entzogen
sind, obwohl die damit in engem Zusammenhang stehenden Grundmuster nach der
Bekanntgabe frei einsehbar sind und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass als
Abwandlungen in das Musterregister eingetragene Geschmacksmuster grundsätzlich einem
219 Vgl.
Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, 2. Aufl., § 10a Rdn. 9 unter Hinweis auf Beschl. v.
03.04.1995 – 4 W (pat) 707/95; zuletzt z.B. Beschl. v. 19.07.1999 – 10 W (pat) 703/99.
220 Beschl. v. 04.11.2004 – 10 W (pat) 715/01. 221
Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, 3. Auflage, § 22 Rdn. 9, 13;
v. Falckenstein, Festschrift für
Beier, 1996, 479.
Geschmacksmusterrecht
BPatG Jahresbericht 2005
größeren Geheimhaltungsinteresse unterliegen als die Grundmuster. Auch die
Entstehungsgeschichte der Vorschriften über Grundmuster und Abwandlungen sowie deren
Sinn und Zweck und Systematik lassen es geboten erscheinen, dass Grundmuster und
Abwandlungen bei der Akteneinsicht keine voneinander abweichende Behandlung erfahren;
die für Grundmuster bestehende freie Akteneinsicht, wenn die Wiedergabe des Grundmusters
bekannt gemacht worden ist, schließt auch die dazugehörigen Abwandlung mit ein, so dass
der die Abwandlung von Grundmustern betreffende Antrag auf Akteneinsicht nicht
gebührenpflichtig ist.222
Das zum 1. Juni 2004 in Kraft getretene neue Geschmacksmustergesetz bestimmt zwar in
seinen Übergangsvorschriften (§
1 GeschmMG n.F.) für vor dem
28. Oktober 2001 angemeldete oder eingetragene Geschmacksmuster nur hinsichtlich der
Voraussetzungen der Schutzfähigkeit die Weitergeltung der bis zu diesem Zeitpunkt
geltenden Bestimmungen, so dass im Übrigen grundsätzlich die Bestimmungen des neuen
Geschmacksmustergesetzes gelten. Allerdings werden in der Vergangenheit abgeschlossene
prozessuale Tatbestände – hier eine im Juli 2000 eingereichte Geschmacksmusteranmeldung
– nicht von einem neuen Gesetz erfasst223, so dass auf die Berichtigung von Eintragungen
noch die bis zum 31. Mai 2004 geltenden Vorschriften – hier § 5 MusterRegV – anwendbar
Stehen bei einer Geschmacksmustersammelanmeldung auf dem Antragsvordruck die Angabe
der Gesamtzahl der Muster (hier: 28) sowie die nur 28 laufenden Nummern auf dem
Anlagenblatt ersichtlich im Widerspruch zu der Zahl der tatsächlich eingereichten
Musterdarstellungen (hier: 29), wobei jedes Muster mit einer laufenden Nummer von 1 bis 29
versehen ist, so ist die Anmeldung unklar und bedarf der Auslegung. Dabei kann nicht allein
auf die Angaben im Antragsvordruck und Anlagenblatt abgestellt werden, vielmehr sind für
die Auslegung des Antrags auf Eintragung in das Musterregister die Gesamtheit der
Anmeldungsunterlagen heranzuziehen. Besteht trotz der fehlerhaften Übertragung der
Musterzahl in das Anlagenblatt kein vernünftiger Zweifel daran, dass der wirkliche Wille der
222 Beschl. v. 11.08.2005 – 10 W (pat) 704/03, BlPMZ 2006, 68 – Schulheftseiten, Rechtsbeschwerde
zugelassen, aber nicht eingelegt.
223 Vgl. Beschl. v. 28.01.2005 – 10 W (pat) 718/03, GRUR, 412 – Schreibgerät, Rechtsbeschwerde
zugelassen und eingelegt [X ZB 20/05].
224 Beschl. v. 11.11.2004 – 10 W (pat)705/03.
BPatG Jahresbericht 2005
Geschmacksmusterrecht
Anmelderin erkennbar auf die Eintragung aller 29 Muster gerichtet gewesen ist, so ist für eine
Verschiebung des Anmeldetags für das 29. Muster kein Raum225.
Die Wiedereinsetzung in die mit Hinterlegung eines ausländischen Geschmacksmusters
beginnende sechsmonatige Frist des Art. 4 C PVÜ zur Einreichung einer
prioritätsbegünstigten inländischen Geschmacksmusteranmeldung führt nicht zur
Rückverlegung des Anmeldetags der inländischen Anmeldung auf den letzten Tag der
Prioritätsfrist226. So auch eine weitere Entscheidung des 10. Senats227.
Dr. Volker Winterfeldt
225 Beschl. v. 16.06.2005 – 10 W (pat) 708/02. 226 Beschl. v. 03.02.2005 – 10 W (pat) 711/02, GRUR 2005, 887 = BlPMZ 2005, 314 – Tragbare
Computervorrichtung, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt.
227 Beschl. v. 03.02.2005 – 10 W (pat) 712/02, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt. *
Vorsitzender Richter am BPatG, München
BPatG Jahresbericht 2005
D. Markenrecht228
Die Rechtsprechung des Bundespatentgerichts hat im Berichtszeitraum zu keinen
Überraschungen Anlass gegeben, auch Vorlagefragen wurden nicht an den EuGH gerichtet.
Die Zahl der zugelassenen Rechtsbeschwerden war gering. Bei dreidimensionalen Marken
kann von einer vorhersehbaren und einschätzbaren Rechtsprechung des Bundespatentgerichts
ausgegangen werden. Lediglich die abstrakte Farbmarke steht nach wie vor zur Diskussion.
Bei Wortmarken war zunehmend Zurückhaltung in der Beurteilung der Schutzfähigkeit der
Zeichen festzustellen. Grundlage der Beschlüsse war in der Regel jeweils die Aussage unter
Bezug auf den EuGH, dass alle Schutzhindernisse im Lichte des Allgemeininteresses
auszulegen seien. Damit ist nunmehr das Allgemeininteresse, das zum Teil als Synonym für
das im deutschen Markenrecht bestehende Freihalteinteresse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 verstanden
wurde, als zu beachtender Gesichtspunkt auch im Rahmen der Prüfung der
Unterscheidungskraft nach Art. 3 Abs. 1 lit. b Markenrichtlinie, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
miteinbezogen worden.
I. Nichtkonventionelle
1. Farbmarken
Das Gericht war auch im Berichtsraum 2005 wieder mit abstrakten Farbmarken befasst. Zwei
Entscheidungen ergingen zu Einfarbenmarken, die vom jeweiligen Senat in der Form von
konkreten Aufmachungsfarbmarken als eine der möglichen Erscheinungsformen einer
konturunbestimmten (konturlosen) Farbmarke229 behandelt worden waren.
„Gelb"
war beansprucht für „Zitzengummis für Melkanlagen". Vorfrage war die
Verschiebung des Anmeldetages auf den Zeitpunkt der Klarstellung der Markenform durch
den Anmelder. Dem Anmeldeformular war als Wiedergabe der Marke nämlich eine Anlage
228 Als Beschlussdatum ist in den Verfahren, in denen die Entscheidung an Verkündungs Statt zugestellt
wurde, das Zustellungsdatum angegeben. Dadurch können sich Abweichungen in der Datumsangabe zur Entscheidungssammlung BPatGE, PAVIS PROMA (Markenentscheidungen) oder zu einzelnen anderen Veröffentlichungen ergeben.
229 Vgl. zur Gesamtheit von Verwendungsmöglichkeiten einer abstrakten Farbmarke Grabrucker, GRUR
Festheft 50 Jahre Deutsches Patent- und Markenamt, 1999, 850, 852, 855 sowie die Ausführungen des Generalanwalts Léger in seiner Stellungnahme zu EuGH Libertel vom 12.11.2002 C-104/01 Rdn. 68-72;
230 Beschl. v. 16.3.2005 - 33 W (pat) 143/02
BPatG Jahresbericht 2005
beigefügt worden mit der Angabe „Farbige Eintragung mit folgenden Farben: Gelb (RAL
1021)" und der Abbildung der beanspruchten Ware
Anmeldevordruck „Farbige Eintragung" mit der Farbe „Gelb (RAL-Nummer 1021)"
angegeben worden. Die Beanstandung der Schutzfähigkeit des Zeichens durch das DPMA
erfolgte auf der Grundlage einer dreidimensionalen Gestaltung. Im Antwortschreiben
verdeutlichte der Anmelder, das Zeichen als Farb- und nicht als 3-D-Marke zu begehren. Im
Weiteren behandelte das DPMA die Anmeldung als farbige Bildmarke und wies die
Eintragung zurück wegen fehlender Unterscheidungskraft. Mit der Beschwerde begehrte der
Anmelder weiterhin die abstrakte Farbmarke Gelb und lediglich hilfsweise eine Bildmarke,
denn er habe in den Anmeldeformularen keine Bildmarke beansprucht. Die Beschwerde war
erfolgreich. Da die Klarstellung mit der Beantwortung des Beanstandungsschreiben erfolgte,
sei der Anmeldetag auf dieses Datum zu verschieben. Die Anmeldeformulare des DPMA
seien nicht geeignet gewesen, die begehrte Markenform eindeutig zum Ausdruck zu bringen,
so dass die Markenstelle verpflichtet gewesen wäre, eine Klärung herbeizuführen. Im Übrigen
hielt der Senat die erforderliche Unterscheidungskraft für gegeben. Angemeldet sei die
Farbmarke nur für eine spezifische Warenart auf einem sehr speziellen Markt, der
ausschließlich Fachkreise betreffe. Damit entspreche das Zeichen den Anforderungen des
EuGH an eine abstrakte Farbmarke, die er in seiner Entscheidung zu „
habe. Die Interpretation der Farbe als dekoratives Gestaltungsmittel bei den beanspruchten
Waren läge fern, da es bislang nur schwarze Zitzengummis gebe. Darüber hinaus seien die
Produkte des Anmelders mit „Die Gelben" in Fachpublikationen bekannt. Auch ein
Freihaltebedürfnis bestehe nicht, weil Farben auf dem Warengebiet weder aus dekorativen
oder ästhetischen noch aus materialbezogenen oder sicherheits- bzw. funktionsbedingten
Gründen eine Rolle spielten.
Hingegen war die Beschwerde in dem Verfahren zur Anmeldung der konturlosen Farbmarke
helles orange Farbton HKS 6N 20-0"
wegen fehlender Unterscheidungskraft erfolglos. Es
sei davon auszugehen, dass Farben zwar bestimmte gedankliche Verbindungen vermitteln, sie
aber ihrer Natur nach kaum geeignet seien, eindeutige Informationen zu übermitteln. Sie
231 Rs. C-104/01 GRUR 2003, 604 = GRUR Int. 2003, 638 = MarkenR 2003, 227 = WRP 2003, 735 –
232 Beschl. v. 13.12.2005 24 W (pat) 104/04 – helles Orange für Platten und Elemente zur Wärme- und
Schalldämmung., Verpackungspolster und Formteile aus Kunststoffen und Schaumstoffen; etc.
BPatG Jahresbericht 2005
würden nämlich in der Werbung für gewöhnlich ohne eindeutigen Inhalt verwendet. Daher
seien die Verbraucher es nicht gewöhnt, aus der Farbe von Waren oder deren Verpackung
ohne Beifügung von grafischen oder Wortelementen auf die betriebliche Herkunft der Waren
zu schließen. Nur ausnahmsweise könne eine Farbe dann unterscheidungskräftig sein, wenn
die Gegebenheiten auf dem betreffenden Warengebiet und die betreffende Farbgebung vom
Normalfall abwichen233. Danach lasse sich bei einer Farbe als solcher eine
Unterscheidungskraft nur unter außergewöhnlichen Umständen vorstellen, insbesondere wenn
die Zahl der Waren und Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet ist, sehr gering und
der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist. Gemessen an diesen Vorgaben sei festzustellen,
dass es sich um einen relativ breiten Warensektor handle, innerhalb dessen von
unterschiedlichen Herstellern Isoliermaterialien und andere Baustoffe in verschiedenen
Farben angeboten würden. Dabei ließen sich den einzelnen Herstellern keine bestimmten
Farbgebungen234 zuordnen. Die beanspruchte Farbe entspreche auch anderen im Markt
einschlägig verwendeten Farbtönen, so dass auch nicht von einer branchenbedingten
Ungewöhnlichkeit der Farbe auszugehen sei, welche in Ausnahmefällen eine
Herkunftsfunktion begründen könne235.
b) Mehrfarbenkombinationen
In den Verfahren zur Anmeldung von Mehrfarbenmarken hält der Diskurs zur Eintragbarkeit
an. Im Rahmen der Wiederaufnahme des Verfahrens „Blau/Gelb - Heidelberger
nach der Beantwortung der Vorlagefragen des 33. Senats durch den EuGH,
wies jener die Beschwerde zurück. Trotz Konkretisierung der Anmeldung während des
Beschwerdeverfahrens auf die Verwendung der abstrakten Farbmarke als
„aneinandergrenzende Farbe im Verhältnis wie es sich aus dem aus der Anmeldung
eingereichten Muster ergebe"237, erfolgte die Zurückweisung auf der Grundlage von § 3
Abs. 1, § 8 Abs. 1 MarkenG wegen Unmöglichkeit der grafischen Darstellbarkeit. Die
ursprüngliche Anmeldung als form- und konturlose Zusammenstellung zweier Farben "in
233 Unter Bezug auf EuGH GRUR 2003, 604 Rdn. 40, 41, 65-67 – Libertel; GRUR 2004, 858, 859, 860
Rdn. 25, 42 – Heidelberger Bauchemie; BGH GRUR 2005, 427, 428 – Lila Schokolade; GRUR 2005, 1044, 1047 – Dentale Abformmasse.
234 Vgl. BPatG GRUR 2000, 147, 149 – rosa Isoliermaterial. 235 Unter Bezug auf BPatG GRUR 2005, 1056, 1058 – zweifarbige Kombination Dunkelblau/Hellblau, s.
236 Beschl. v. 30.8.2005 - 33 W (pat) 133/00, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt¸
GRUR 2005, 1053 - Farbmarkenkonkretisierung.
237 Der Anmeldung lagen von Anfang zwei aneinander gefügte Quadrate in Blau oben und Gelb unten bei.
BPatG Jahresbericht 2005
jeglichen denkbaren Formen" sei nach den Aussagen des EuGH jedenfalls unzulässig. Eine
Klarstellung durch die erfolgte Konkretisierung sei eine nachträgliche und nicht zulässige
Änderung des Anmeldegegenstands. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes könne nicht
einbezogen werden. Die Anmelderin begehre mit der Konkretisierung eine Ersetzung der
ursprünglichen durch eine inhaltlich anders lautende Anmeldung. Durch die im Verfahren
erfolgte Konkretisierung sei das ursprünglich angemeldete Zeichen in der Weise verändert,
dass sie ihm eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten nehme. Dem stehe der Grundsatz
der Unveränderlichkeit der Marke entgegen, auch wenn die konkretisierte Marke mit der nun
näher eingegrenzten räumlichen Beziehung der beiden Farben bereits in der theoretischen
Vielzahl der ursprünglichen Anspruchsgestaltungsmöglichkeiten mit enthalten gewesen sei.
Die langjährige Rechtsunsicherheit hinsichtlich abstrakter Farbmarken sei im Übrigen
allgemein bekannt gewesen.
Nahezu zeitgleich wies der 28. Senat die Beschwerde im Verfahren gegen die Zurückweisung
der abstrakten Farbkombination „
Grün/Gelb I"
zurück. Er stellte fest, dass die konturlose
Zusammenstellung von zwei oder mehr Farben ohne Angaben zu deren konkreter Verteilung
und Zuordnung dem Schutz als Registermarke grundsätzlich nicht zugänglich sei und zwar
auch nicht im Wege der Verkehrsdurchsetzung. Eine nachträgliche Änderung auf ein
konkretes bzw. produktbezogenes Farbmuster könne nicht vorgenommen werden, weil es sich
hierbei um eine unzulässige Änderung der Anmeldung in Form eines Kategorienwechsels
In einem weiteren Verfahren zu einer anderen abstrakten Farbkombination „
war die Beschwerde ebenfalls zurückgewiesen worden mit derselben Begründung. Die in der
Anmeldung als konturlos beanspruchte Farbzusammenstellung war im Verfahren wie folgt
nach den Vorgaben des EuGH zu einer gewissen Systematik einer solchen
Farbmarkenanmeldung eingeschränkt worden: „die oben genau bezeichneten Farben werden
in der Weise beansprucht, dass die beiden Farben sich als Farbblöcke gegenüberstehen.
238 Beschl. v. 2.2.2005 - 28 W (pat) 244/96, GRUR 2005, 1049 – Farbkombination Grün/Gelb II u.a. für
Hydraulikflüssigkeit, Bremsflüssigkeiten, Rostschutzmittel, feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe, Betrieb, Zurverfügungstellung, Vermietung und Verpachtung von Tankstellenshops und Verkaufsauto-maten an Dritte zwecks Vertrieb von Waren aller Art durch diese - in Abgrenzung zur vorangegangenen Entscheidung des 29. Senats v. 10.12.2003 - 29 W (pat) 89/03, GRUR 2004, 870 - zweifarbige Kombina-tion Grün/Gelb, die dieselbe Anmelderin mit Waren wie Mineralöl etc. betraf.
239 Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt, Az.: I ZB 73/05 240 Beschl. v. 16.8.2005 - 33 W (pat) 446/02 – grün/gelb; für Filter für gasförmige oder flüssige Stoffe,
insbesondere Luft, Gase, Kraftstoff oder Öl, für stationäre Motoren und Fahrzeugmotoren, Filtereinsätze etc., Aktivkohlefilter etc.; Rechtsbeschwerde zugelassen, jedoch nicht eingelegt.
BPatG Jahresbericht 2005
Soweit erforderlich, wird die beanspruchte Farbzusammenstellung, nach Hinweis des Senats,
dahingehend eingeschränkt werden, dass die Farbe grün als Farbblock stets über dem gelben
Farbblock stehen soll." Eine bildliche Darstellung der Farben war beigefügt worden. Das
unter dem grünen Rechteck mit einem kleinen Abstand liegende gelbe Quadrat maß ungefähr
die Hälfte des grünen Rechtecks.
Die Beschwerde zu einer konturunbestimmten „Dreifarbenkombinationsmarke
scheiterte ebenfalls an dem Argument ihrer fehlenden
grafischen Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG. Der Beschwerdeführer hatte der
Anmeldung die Beschreibung hinzugefügt, „Wiedergabe in Streifen im Verhältnis
33%, Aufmachungsfarbe - konturunbestimmt - mit konkreter
Farbzusammenstellung". Der Senat hatte unter Bezug auf die Anforderungen des EuGH in
Rdn. 42 seiner Entscheidung zu „Heidelberger Bauchemie GmbH" zur systematischen
Anordnung „in vorher festgelegter und beständiger Form" festgestellt, dass die angemeldete
Darstellung eine Vielzahl unterschiedlichster Farbkombinationen zulasse und nicht
ermögliche, den Gegenstand des begehrten Schutzrechtes zu beurteilen. Es liege deshalb
keine eindeutige und beständige Markendarstellung vor. Daraus erübrigte sich für den Senat
eine weitere Prüfung.
Im Unterschied zu diesen Entscheidungen hatte der 29. Senat242 die Aussagen des EuGH zu
den Erfordernissen der grafischen Darstellbarkeit im Lichte der Verwirklichung abstrakter
Farbkombinationen interpretiert. Die vom EuGH aufgestellten Anforderungen seien
richtlinienkonform in dem Sinne auszulegen, dass die abstrakte Farbkombinationsmarke als
solche nicht bereits an ihrer grafischen Darstellbarkeit scheitere. Demnach dürfe das
Auslegungsergebnis nicht dahin führen, dass die vom Gesetz festgelegten Möglichkeiten zum
Markenschutz leer liefen. Ansonsten sei auch die Aussage des EuGH in sich paradox. Ginge
der EuGH grundsätzlich davon aus, dass auch eine Farbkombination schutzfähig sei, dann
müssten die von ihm aufgestellten Anforderungen an das Zeichen dahingehend ausgelegt
werden, dass einerseits die Wiedererkennungswerte der Marke erfüllt wären, andererseits aber
auch Bestimmtheitsgrundsätze erfüllt seien. Dementsprechend müsse das Kriterium einer
„systematischen Anordnung" am Wesensgemäßen dieser Markenform gemessen werden,
241 Beschl. v. 25.10.2005 - 24 W (pat) 186/04 –für Verpackungs- und Transportmaterial bzw. -behältnisse .,
Isolier- und Dämmmaterial . etc.
242 Beschl. v. 14.10.2005 - 29 W (pat) 68/03 – zweifarbige
Dunkelblau/Hellblau
Spülmaschinen, GRUR 2005, 1056.
BPatG Jahresbericht 2005
nämlich ihrer Abstraktheit. Sie dürfe nicht mit einer Bild- oder Aufmachungsfarbmarke
verwechselt werden. Dies käme einem Wechsel der Markenkategorie gleich. Eine
Markenwiedergabe jedoch in Form eines rechteckigen oder quadratischen Farbmusters zweier
gleich breiter, ohne Zwischenraum aneinander gefügter Farbstreifen genüge den
Anforderungen an die grafische Darstellbarkeit. Dabei sei zum Einen der konkrete
Marktauftritt der Farben als solche, nämlich als aneinandergefügt gewahrt, zum Anderen aber
eine gewisse Art von Abstraktheit in ihrer weiteren markenmäßigen Benutzung möglich243.
Im Übrigen sei auch bei der abstrakten Farbmarke bei der Beurteilung der
Unterscheidungskraft darauf abzustellen, wie bei allen anderen Markenformen auch, ob die
spezifischen Kennzeichnungsgewohnheiten für die in Rede stehenden Waren oder
Dienstleistungen die Annahme rechtfertigen, dass das angesprochene Publikum die
Farbkombination als Unterscheidungsmittel auffasse. Dies sei hier gegeben gewesen, da es
sich um einen ganz spezifischen Warenmarkt für Spülmaschinen handle, eine sog. „weiße
Ware", in dem diese Farbkombination nicht als gängiges grafisches Werbemittel oder
Hintergrundfarbe üblich sei.
2. Dreidimensionale
Auch im Berichtszeitraum 2005 standen bei Gericht zahlreiche Warenformmarken aus den
verschiedensten Branchen im Vordergrund, die von den Senaten im Wesentlichen
übereinstimmend behandelt wurden. Wie bereits im Jahr 2004244 prüfte man zunächst die
grundsätzliche Markenfähigkeit nach § 3 Abs. 1 und 2 MarkenG, die verneint wurde, wenn
das Zeichen keine anderen Merkmale aufwies als lediglich technische Produkteigenschaften
der beanspruchten Ware. Unterscheidungskraft wurde bejaht, soweit in der Branche nicht
übliche Formen dem Zeichen anhafteten. Hingegen wurde unter Hinweis auf die Mitbewerber
stets ein Freihaltebedürfnis angenommen, wenn im Marktsegment des beanspruchten
Zeichens eine Formenvielfalt herrschte.
243 Stellungnahme des GA Léger zu Orange/Libertel, C-104/01 vom 12.11.2002, Rdn. 68. 244 Vgl. Jahresbericht BPatG 2004, GRUR 2005 S. 289, 290; Grabrucker Mitt. 2004, 106 ff.
BPatG Jahresbericht 2005
a) Warenformmarken
Gerade die Notwendigkeit des Erhalts der Formenvielfalt wurde vom 28. Senat245 zur
Grundlage seiner die Beschwerde zurückweisenden Entscheidung gemacht in dem Verfahren
„Käse in Blütenform"
, in dem der BGH die vorangegangene zurückweisende
Entscheidung, die auf fehlende Unterscheidungskraft gestützt war, aufgehoben hatte246. Die
Blütenform bewege sich im Rahmen der verkehrsüblichen Rund- und Tortenformen. Eine
Schutzgewährung widerspreche dem Allgemeininteresse am freien Wettbewerb, weil die
Hersteller von Produkten des täglichen Lebensbedarfs darauf angewiesen seien, diese
beständig den von den Kunden bevorzugten Gestaltungsrichtungen anzupassen. Könnten sich
die Hersteller nicht mehr auf die Freiheit der Formenvielfalt verlassen, müssten sie jeweils
umfangreiche Marktrecherchen durchführen. Dreidimensionale Warenformmarken für
Lebensmittelprodukte stünden außer Verhältnis zu ihrem wirtschaftlichen Nutzen. Die
Kaufentscheidung werde nämlich in der Regel nicht von der Form der Ware bestimmt247.
Die gleiche Begründung gab der Senat in weiteren Verfahren zu Käseformen
248, die vom BGH249 ebenfalls zurückverwiesen worden waren. Die
Blütenform sei nichts anderes als ein Versuch, Eigentümlichkeit und Originalität der Form im
Sinne einer in der Rechtsprechung immer wieder geforderten willkürlichen charakteristischen
Gestaltung zu begründen. Die Form sei aber lediglich eine für die Ware Käse typische
Grundform in geringfügiger Abwandlung.
b) Warenform-/Farbkombinationsmarken
Ein Bildzeichen, das jedoch nach der Rechtsprechung des EuGH wie die dreidimensionalen
Warenformzeichen zu beurteilen sei250, betraf das Verfahren zur Abbildung eines „Granulats
245 Beschl. v. 10.11.2004 - 28 W (pat) 95/99 – Käse in Blütenform, Rechtsbeschwerde zugelassen und einge-
legt, Az. I ZB 46/05.
246 GRUR 2004, 329 = MarkenR 2004, 140 = WRP 2004, 492 - Käse in Blütenform. 247 Die blütenähnliche Käseform von Bongrain SA hatte auch der Court of Appeal von England and Wales
mit Entscheidung vom 17.12.2004 wegen mangelnder Unterscheidungskraft für nicht registrierbar gehal-ten, II C (2005) Vol. 36,988.
248 Beschl. v. 30.11.2005 - 28 W (pat) 67/99, 68/99 und 69/99. 249 Beschl. v. 17.7.2003 - BGH I ZB 40/00. 250 EuGH Rs. C-299/99 Rdn. 76, GRUR 2002, 804, 809 = GRUR Int. 2002, 842 = MarkenR 2002, 231 =
WRP 2002, 924 - Philips/Remington.
BPatG Jahresbericht 2005
von Waschpulver
Das Zeichen sei nichts anderes als die Abbildung der Ware
selbst und entbehre damit jeglicher Unterscheidungskraft. Es sei bekannt, dass
Waschmittelgranulat mit verschiedenen farbigen Zusätzen versetzt sei.
In dem Verfahren „
Kupferrohr mit Farbpunkt
stellte der Senat fest, dass es sich nur um die naturgetreue Abbildung eines Kupferrohrwinkels
zur Verbindung von Rohren im Heizungs- und Sanitärbereich für den Durchfluss von Wasser
und Gas handle. Die mit dem farbigen Punkt versehene „SC-Contur" an der sog. Sicke der
Pressverbindung diene dazu, eine mögliche wasser(gas)undichte Stelle zu markieren (grün bei
Wasser, gelb bei Gas). Trotzdem wies der Senat die Beschwerde nicht auf der Grundlage von
§ 3 Abs. 2 MarkenG zurück, sondern ließ sie am Fehlen konkreter Unterscheidungskraft
scheitern. Er bezog weiter mit ein, dass Farben in Form von Punkten, Rechtecken, Balken
oder ähnlichem im technischen Bereich allgemein ein beliebtes blickfangartiges Merkmal zur
Unterscheidung von Produkttypen oder Sachgebieten bilden und daher das Publikum dem in
der Regel nichts anderes als eine technische Funktion entnehme.
Die Zurückweisung der Schutzerstreckung der IR-Marke für die dreidimensionale Form der
„Turnschuhkappe" mit den spezifischen Wülsten war in der Beschwerde bestätigt worden.
Der Senat konnte weder eine allgemeine Übung bei Schuhherstellern feststellen, die
Vorderkappen von Schuhen herkunftshinweisend zu gestalten noch eine dahingehende
Auffassung beim Publikum. Es werde die im Zeichen erkennbaren Nähte und Wülste nur als
reine Zierelemente oder als Schleifschutz betrachten. Die 3-Streifen-Marke der Anmelderin
251 Beschl. v. 14.6.2005 - 24 W (pat) 151/03, für Wasch- und Bleichmittel. 252 Beschl. v. 24.10.2005 - 30 W (pat) 293/03 (grüner Punkt); 30 W (pat) 294/03 (gelber Punkt), für Rohre
und Rohrverbindungsteile aus Metall für Versorgungseinrichtungen der Sanitär- und Heiztechnik.
253 Beschl. v. 21.9.2004 - 27 W (pat) 212/02, für Schuhe.
BPatG Jahresbericht 2005
Adidas sei in diese Betrachtung des Marktes nicht mit einzubeziehen, da die Streifen
durchgesetzt seien. Es möge Bestrebungen von Anbietern geben, der äußeren Gestaltung von
Sportschuhen eine herkunftshinweisende Wirkung zu geben. Solange der Verkehr aber im
konkreten Fall dies nicht nachvollziehe und es sich nicht im Wege der Verkehrsdurchsetzung
erweisen lasse, sei ein Schutz solcher Gestaltungen als Marke ausgeschlossen.254
Weitere Produktformzeichen betrafen „Pflasterstein"
sowie „Kettenglied"
Der Senat wies die Beschwerden jeweils aufgrund fehlender Markenfähigkeit zurück. Sie
seien nichts anderes als die naturgetreue zeichnerische Wiedergabe der äußeren Form der
Ware, d. h. des Pflastersteins bzw. eines sog. Einflächenverbinders für Gleisketten unter
mehreren Perspektiven. Die Technizität ergebe sich aus den eingereichten Unterlagen in der
Anmeldung, die die technischen Vorteile herausstelle und Aussagen zur Sicherheit, zur
Gewichtsersparnis und zur Reparaturfreundlichkeit mache. Hinsichtlich der Waren, die nicht
durch das Zeichen dargestellt seien, sei es jedoch täuschend.
In seiner Zurückweisung der Beschwerde zu „Kippschalter" ging der Senat davon aus, das
angesprochene Publikum nehme Schalter als dekoratives, in eine bestimmte Stilrichtung
weisendes Designobjekt wahr. Dies leitete er daraus ab, dass die einzelnen Hersteller sich
254 Unter Verweis auf EuGH Rs. C-136/02P Rdn. 50, 55, GRUR Int. 2005, 135 = MarkenR 2004, 461 -
255 Beschl. v. 13.12.2004 - 30 W (pat) 114/03, für Pflastersteine, Pflaster- und Gartenplatten, Bordsteine,
Stufenelemente und Stufenblöcke, Mauersteine, Formsteine jeweils aus Betonwerkstoffen.
256 Beschl. v. 11.5.2005 - 28 W (pat) 381/03, für Laufwerke und Traktionshilfe für Gleitkettenfahrzeuge,
nämlich Kettengliedkörper, Kettenbolzen etc.
BPatG Jahresbericht 2005
nicht durch die jeweils verwendete Form voneinander abgrenzen, sondern ständig neue
Formen entwickelen, so dass für beschädigte Teile kein Ersatz zu erhalten sei.
Im Verfahren zu „Bratpfannen" wurde aus ähnlichen Gründen die Unterscheidungskraft
verneint, auch wenn den Rillen wegen des Fettabflusses lediglich technische Wirkung
Erfolgreich war ein Beschwerdeverfahren, in dem der Senat die Ansicht vertrat, dass dem
259, das die Teilansicht eines Rohlings eines
Zylinder-Schloss-Schlüssels darstelle, das für das Funktionieren in einem Schließzylinder
typische Merkmal der Zahnung der Schlüsselkörper-Kante fehle. Das Zeichen stelle damit
erkennbar weder Schlösser und Schlüssel noch Schließzylinder für Hauptschlüsselanlagen
oder Hauptschlüsselanlagen dar. Ihm könne nichts für die Art und Beschaffenheit der mit ihm
gekennzeichneten Produkte entnommen werden. Das angemeldete Zeichen zeige lediglich ein
vorgefertigtes Werkstück, das der weiteren Bearbeitung bedürfe, um zu einem
funktionsfähigen Schlüssel mit der Bestimmung für passende Schlösser in
Hauptschlüsselanlagen werden zu können.
257 Beschl. v. 21.3.2005 - 30 W (pat) 260/03, für elektrische Schalter. 258 Beschl. v. 3.8.2005 - 26 W (pat) 220/03, für Bratpfannen. 259 Beschl. v. 24.1.2005 - 30 W (pat) 78/03 und 30 W (pat) 89/03, für Schlösser, Schlüssel und Schließzylin-
der für Hauptschlüsselanlagen; Schließanlagen nämlich Hauptschlüsselanlagen.
BPatG Jahresbericht 2005
Eine teilweise Zurückweisung der Beschwerde verbunden mit einer Teillöschung erfolgte im
Verfahren nach § 50 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 2 Nr. 1. Es wurde die teilweise Löschung des
260 für Compactdiscs und zahlreiche andere ähnliche Waren und
Dienstleistungen, wie „Erstellen von Computerprogrammen …, Vermietung von DV-
Geräten" durch das DPMA bestätigt. Lediglich für „Zentraleinheiten (für die
Datenverarbeitung)" bejahte der Senat die Unterscheidungskraft.
In zwei Parallelverfahren zu „
war die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Eintragung teilweise erfolgreich im
Hinblick auf „Kunstharze im Rohzustand, Kunststoff im Rohzustand; Feuerlöschmittel; Mittel
zum Härten und Löten von Metall; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und
Haltbarmachen von Lebensmitteln; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Parfümeriewaren;
ätherische Öle; Haarwässer; Zahnputzmittel; Mundwasser, Mundspray". Bezüglich der
übrigen beanspruchten Waren wie „Seifen, Putz-, Spülmittel etc.; Reinigungsmittel etc." war
sie erfolglos unter Verweis auf die vielfältigen Entscheidungen des EuG sowie des EuGH zu
den Tabs-Formen262. Auch wenn es bislang keine quaderförmigen, zweischichtigen und
sechseckigen Tabletten mit giebelförmig nach außen hervorspringenden Seiten gebe, sondern
nur mehrschichtige rechteckige oder runde Wasch- und Reinigungstabletten, so seien die
Abweichungen nichts anderes als weitere, nahe liegende Formenvarianten.
c) Verpackungsformmarken
Deckel eines Behälters
war vom Senat in Übereinstimmung mit dem
vorausgegangenen Beschluss des DPMA nur als funktionell bedingt zum leichteren Anheben
oder Drehen angesehen worden, um Küchengefäße zu verschließen. Deckel seien in der Regel
260 Beschl. v. 8.11.2005 – 27 W (pat) 318/03, für Compactdiscs etc.; nicht gelöscht für Klebstoffe für Papier-
und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke, Zentraleinheiten (für die Datenverarbeitung).
261 Beschl. v. 21.9.2005 - 26 W (pat) 193/04 und 195/04, u.a. für Kl. 1, 3 und 37. 262 Vgl. dazu den Überblick: Grabrucker, Mitt 2004, 106 ff. und 2005, 1 ff. 263 Beschl. v. 13.4.2005 - 26 W (pat) 116/04, für Haushaltsbehälter.
BPatG Jahresbericht 2005
mit unterschiedlich gestalteten Griffen, wie zB Bügeln oder kugelförmigen und runden
Erhebungen, versehen.
In einem Löschungsantragsverfahren nach § 50 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 2 und § 50 Abs. 1
Nr. 3, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 sowie Nr. 4 MarkenG bestätigte der Senat die Löschung der
aufgrund fehlender konkreter
Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Es genüge nicht das Abweichen von branchenüblichen Formen, solange sich die Form im
Rahmen einer Formenvielfalt bewege. Insoweit stelle sie lediglich eine Formvariante dar. Erst
im deutlichen Abrücken von der Norm der Branchenüblichkeit könne der Verpackungsform
eine betriebliche Herkunftsfunktion zukommen.
3. Hologramm
In einem Verfahren war das Gericht mit der Beschwerde gegen die Zurückweisung eines
Hologramms durch das DPMA befasst.265 Es handelte sich um eine Anmeldung mit sehr
ausführlicher Beschreibung. In dieser war der Zweck sowie die voraussichtliche Benutzung
der Marke auf der Verpackung von Eau de Toilette beschrieben als konturenunbestimmtes
Hologramm mit altrosé-farbener, metallisch glänzender Grundfarbe. Im Weiteren wurden die
bei Lichteinfall aufscheinenden Streifen in den entsprechenden Spektralfarben beschrieben
sowie deren Abstände und ihre Breite bei einer nach fünf verschiedenen Blickwinkelgraden
des Betrachters bei sonnigem Wetter aufscheinenden Anordnung der Spektralfarben. Der
Senat bestätigte die Zurückweisung mit der Begründung, dass das konturenunbestimmte
flächige Hologramm, abhängig von der Art der Lichtquelle, vom Einfallswinkel des Lichts
und vom Betrachtungswinkel auf der genannten Grundfläche sich kontinuierlich ständig
verändernde Parameter ergebe und der Eindruck eines bewegten abstrakten Bildes entstehe.
Aufgrund der zwar nach einem international anerkannten Farbcode angegebenen Grundfarbe,
nicht hingegen der zusätzlichen unterschiedlich aufscheinenden Farben fehle es damit
insgesamt an der grafischen Darstellbarkeit der Marke, denn bereits nach dem Einscannen des
264 Beschl. v. 14. 12. 2005 - 28W(pat) 206/04, für Lebensmittel in Scheibenform, nämlich Käsescheiben. 265 Beschl. v. 8.3.2005 - 24 W (pat) 102/03, für Eau de Toilette, Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht
eingelegt, GRUR 2005, 594 =MarkenR 2005, 292 = Mitt. 2005, 378 - Hologramm.
BPatG Jahresbericht 2005
Zeichens in das elektronische Register wären die besonderen Farb- und Bewegungseffekte,
die das Wesen der Marke ausmachen, nicht mehr zu erkennen. Der Senat bezog seine
Ausführungen aber lediglich auf diesen Einzelfall und betonte, dass Hologramme, die unter
verschiedenen Blickwinkeln und im Wesentlichen unabhängig von der Art der Lichtquelle
nur eine geringe Anzahl verschiedener Bilder erkennen ließen, grundsätzlich eintragungsfähig
seien. Dementsprechend waren auch einige Hologramme beim HABM eingetragen worden266.
4. Positionsmarken
Auch im Jahr 2005 wurden Beschwerdeführer nicht müde, trotz bislang einheitlicher
Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zu entsprechenden Gestaltungen auf
Turnschuhen267 ein Beschwerdeverfahren zur Position seitlicher Streifen auf einem
Turnschuh zu führen.
Im Einklang mit dieser Rechtsprechung hat der 27. Senat in einem weiteren Verfahren zu
268 die Beschwerde zurückgewiesen. Der Verkehr sei in diesem Segment
an eine große Zahl von „no name" Produkten gewöhnt, bei denen Streifen lediglich ein
Designelement darstellen. Auch Etiketten geben jährlich Anlass zu Entscheidungen, die die
Rechtsprechung aus den vorangegangenen Jahren bestätigen.
In dem Beschwerdeverfahren, in dem Schutz begehrt wurde für ein Zusatzetikett „an der
Unterseite eines sog. Hauptetiketts, das sich bei Hosen, insbesondere bei Jeanshosen, am
Hosenbund oberhalb der rechten Gesäßtasche befindet"
269, stellte der Senat fest, dass
dieses vom Publikum aufgrund der Branchengewohnheiten lediglich der Aufnahme
266 VF – VIDEO FUTUR, GM 002117034 für Kl. 9, 38, 41; Beschreibung der Marke: „Marke mit einem
Hologramm, in blau, weiß und schwarz". BIO-AKTIV, GM 001787456 für Kl. 3 und 5; Beschreibung der Marke: „Die Marke ist ein kreisförmiges Hologramm, das an der Oberseite der Verpackung platziert ist."
267 Vgl. BPatG Jahresbericht 1998 GRUR 1999, 605, 608; BPatG Jahresbericht 2003 GRUR 2004, 273, 276;
weiterführend dazu Bingener, MarkenR 2004, 377.
268 Beschl. v. 16.11.2004 - 27 W (pat) 371/03, für Schuhwaren. 269 Beschl. v. 10.5.2005 – 27 W (pat) 139/04, für Bekleidung, nämlich Hosen.
BPatG Jahresbericht 2005
wesentlicher Angaben zum Produkt diene und vom Publikum nicht als Herkunftshinweis
angesehen werde.
Im Beschwerdeverfahren zu einem „Silberstreifen auf Drachen"
behandelte der Senat das angemeldete Zeichen als eine Positionsmarke im Sinne einer
sonstigen Aufmachung gem. § 3 Abs. 1 MarkenG, denn nach der Beschreibung sollte das
Zeichen auf der Drachentragflächenkante - die Kante umkreisend - angebracht sein. Die für
eine Positionsmarke erforderlichen Voraussetzungen271 seien jedoch nicht erfüllt, weil die der
Anmeldung beigefügte Beschreibung keine Angaben über die gleich bleibende Platzierung
und Größe der Marke auf den beanspruchten Waren enthalte, zB in welchem Bereich der
Tragflächen es längs oder quer angebracht sei und in welcher Größe im Verhältnis zur
Tragfläche. Die Angabe „im hinteren Bereich der Tragflächenkante" sei ungenügend. Darüber
hinaus seien derartige Streifen handelsüblich und nur dekoratives Element oder technisch
funktionelle Verstärkung.
5. Händlermarken
Das Verfahren „Praktiker"272 wurde für die Beschwerdeführerin erfolgreich im Anschluss an
die Entscheidung des EuGH273 zur grundsätzlichen Markenfähigkeit von
Einzelhandelsdienstleistungen nach Art. 1 und 2 der Markenrechtsrichtlinie abgeschlossen.
Der Senat stellte jedoch fest, dass der bloße Verkauf von Waren nicht davon umfasst sei.
Dieser sei nur Hilfsdienstleistung. Zum Einzelhandel gehöre aber die gesamte Tätigkeit, die
ein Wirtschaftsteilnehmer entfalte, um zum Abschluss eines Geschäftes anzuregen,
insbesondere die Auswahl eines Sortiments von Waren, die zum Verkauf angeboten würden
und die Art und Weise des Angebots verschiedener Dienstleistungen, die einen Verbraucher
dazu veranlassen sollen, den Kaufvertrag mit diesem Händler statt mit einem seiner
Wettbewerber abzuschließen. Da der Anmelder auch die Art der Waren in der Anmeldung
konkretisiert habe, auf die sich diese Dienstleistungen bezögen, seien die Anforderungen des
EuGH erfüllt. Die Klassifizierung habe jedoch in Klasse 35 und nicht in Klasse 42 zu
erfolgen. Sonstige Aktivitäten, wie sie zB in großen Shopping-Centern erbracht würden und
270 Beschl. v. 22.6.2005 - 26 W (pat) 163/04, für Spielzeug einschl. Fesseldrachen, Sportdrachen sowie Bau-
sätze zur Herstellung von Fessel- und Sportdrachen; Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten).
271 BPatG Mitt. 2000 S. 114, 115. 272 Beschl. v. 27.9.2005 - 24 W (pat) 214/01, für Einzelhandel mit Bau-, Heimwerker- und Gartenartikeln
und anderen Verbrauchsgütern für den Do-it-Yourself-Bereich, GRUR 2006, 63.
273 EuGH Rs. C-418/02, GRUR 2005, 764 = GRUR Int. 2005, 827 = MarkenR 05, 315= WRP 2005, 1154
- Praktiker; Vorlagefrage BPatG GRUR 2003, 152 - Einzelhandelsdienstleistungen.
BPatG Jahresbericht 2005
nicht nur Einzelhändlern vorbehalten seien, und für die in anderen Klassen ein eigenständiger
Markenschutz vorgesehen sei, müssten jeweils dort beansprucht werden, nicht jedoch in
Dementsprechend waren die Beschwerdeverfahren zu Einzelhandelsdienstleistungsmarken275
- zum Teil nach Einschränkungen - erfolgreich, wie zB für:
nach einem Verzicht auf die Dienstleistungen „Verkauf von
Erfrischungsgetränken an Laufkundschaft; Verkauf von Zigaretten, Zeitschriften und
mondo gusto"
, weil das Zeichen in Bezug auf die Dienstleistungen des E-
Commerce als Einzelhandel im Sinne von „Welt des Geschmacks" zu diffus und mehrdeutig
; „extra Bau & Hobby"
Zurückgewiesen wurde die Beschwerde im Verfahren zu „
, da die Zahlen-/
Buchstabenfolge „2u" nach Auffassung des Senats als werblich umgangssprachliche
Abkürzung des Ausdrucks „to you" verstanden werde und dies vielfältig für Dienstleistungen
der beanspruchten Art im Sinne von „die Apotheke für Dich/zu Dir unmittelbar per Internet"
274 Vgl. dazu ausführlich Grabrucker, GRUR 2001, 623; MarkenR 2002, 361 und GRUR Int. 2002, 989
sowie die Diskussion in Deutschland einleitend Stork, Mitt. 2000, 399.
275 Vgl. weiterführend Schaeffer, Handel - Eine markenschutzfähige Dienstleistung, Mitt. 2006, 57 ff. 276 Beschl. v. 21.9.2005 - 28 W (pat) 191/02, für Betreiben von shop-in-shop-Verkaufsstätten; Dienstleistun-
gen eines Einzelhändlers für den Verkauf von fertig zubereiteten Gerichten, Brot, feinen Backwaren und Konditorwaren, Dauerbackwaren, Biskuits, Kuchen, Sandwichs, Speiseeis, Kaffee, Tee, Kakao, Schoko-lade, Schokoladenwaren, Konfekt, Zuckerwaren, Kaffee-, Tee-, Kakao-, Schokoladengetränken, Zeitun-gen und Zeitschriften.
277 Beschl. v. 6.12.2005 – 33 W (pat) 170/04, für Waren und Dienstleistungen der Klasse 29, 30, 31, 32, 33,
35 und 38 wie u. a. für "Online-Dienstleistungen eines E-Commerce Abwicklers, nämlich Waren- und Dienstleistungspräsentation, Bestellannahme und Lieferauftragsservice sowie Rechnungsabwicklung, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für Andere über sog. Online-Shops; Einzelhandels-dienstleistungen in Bezug auf: Fleisch, Fisch, Geflügel etc.; Online-Dienstleistungen, nämlich elektroni-sche Entgegennahme von Warenbestellungen.
278 Beschl. v. 14.9.2005 - 26 W (pat) 186/01, für Groß- und Einzelhandel mit Möbeln und anderen
Einrichtungsgegenständen; Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen.
279 Beschl. v. 20.7.2005 - 26 W (pat) 12/03, für Einzelhandel mit Bau-, Heimwerker- und Gartenartikel, u.a.
Verbrauchsgütern für den Do-it-yourself-Bereich.
280 Beschl. v. 11.10.2005 – 33 W (pat) 1/04, für Beschaffungsdienstleistungen für Dritte; . Waren- und
Dienstleistungspräsentation; Werbung im Internet für Dritte (vorstehend genannte Dienstleistungen je-weils im Rahmen von E-Commerce); . Dienstleistungen einer Apotheke, nämlich Beratungen in der Pharmazie.
BPatG Jahresbericht 2005
zu verstehen sei und zwar für sämtliche Dienstleistungen, die unter Zuhilfenahme des
Internets erfolgen könnten281.
Im Übrigen sei für Anmeldungen solcher Marken im Einzelnen auf die Mitteilung des
Präsidenten des DPMA vom 22. November 2005 zu den Voraussetzungen für die Eintragung
von Einzelhandelsdienstleistungsmarken282 hingewiesen.
6. Tastmarke
Das Beschwerdeverfahren gegen die Zurückweisung der Tastmarke, die sich auf die
Verkleidung eines Kfz-Sitzes bezog war erfolglos. Sie war angemeldet beim DPMA mit
folgenden Abbildungen:
Der Senat begründete seine Entscheidung mit der grundsätzlichen fehlenden grafischen
Darstellbarkeit einer derartigen Markenform über den Einzelfall hinaus. Der haptische
Eindruck komme durch verschiedene Wirkungsfaktoren zustande, wie etwa Textur,
Konsistenz, Form, Masse und Temperatur. All diese seien nicht objektiv und beliebig
reproduzierbar, sondern subjektiven Einschätzungen und Empfindungen unterliegend. Ein
281 Vgl. insgesamt zu den Entscheidungen des BGH zur Benutzung von Dienstleistungsmarken des
Einzelhandels GRUR 2005, 1047 = WRP 2005, 1527 - OTTO und GRUR 2006, 150 = WRP 2006, 241 - NORMA sowie die Entscheidung der Löschungsabteilung des HABM (Art. 52 i.V.m. Art. 8 GMV), Az. 476 C 002074599 – „O Store" für Einzelhandel- und Großhandelsdienstleistungen mit Waren der Klasse 18 und 25 ./. „The O Store" für Waren der Klasse 18 und 25: veröffentlicht in [2005] E.T.M.R., Part 12, 1338 bis 1345: „O Store" wurde gelöscht für Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen, einschließlich der Online-Einzelhandelsdienstleistungen; Einzelhandel und Großhandel für Bekleidung, Kopfbedeckungen, Schuhe, Sporttaschen, Rucksäcke und Börsen; zurückgewiesen wurde der Löschungsantrag für Brillen, Sonnenbrillen, optische Waren und Zubehör, Uhren, Juwelierwaren und Posters.
282 Mitteilung Nr. 34/05, BlPMZ 2005, 405. S. auch Schaeffer, Handel - Eine markenschutzfähige
Dienstleistung, Mitt. 2006, 57 ff.
283 Beschl. v. 6.4.2005 - 28 W (pat) 228/03, für Kraftfahrzeugteile (soweit in Kl. 9 und 12 enthalten),
Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt, Az. I ZB 73/05, GRUR 2005, 770 = MarkenR 2005, 363 = Mitt. 2005, 376 - Tastmarke.
BPatG Jahresbericht 2005
solches Zeichen sei vergleichbar anderen Entscheidungen des EuGH zu nichtkonventionellen
Markenformen zu behandeln284. Der EuGH verlange für die Eintragung im Register eine in
sich abgeschlossene, leicht zugängliche und verständliche sowie dauerhaft aufscheinende
grafische Darstellung. Diese Voraussetzungen erfülle eine haptische Marke jedoch nicht. Die
bildliche Wiedergabe der Tastmarke betreffe nur einen kleinen Bereich der möglichen
haptischen Reize, nämlich die visuelle Wahrnehmung von Form und Größe, nicht aber den
viel weiterreichenden Bereich der Sensorik und des individuellen Tastempfindens.
7. Veranstaltungsmarken
Zunehmend sind Verfahren am Bundespatentgericht anhängig zur Anmeldung von Zeichen
für die Durchführung von Veranstaltungen in Verbindung mit zahlreichen Waren als
Merchandisingartikel285. Bei den zumeist ein umfangreiches Waren- und
Dienstleistungsverzeichnis betreffenden Verfahren wird am Bundespatentgericht in der Regel
danach differenziert, ob das angemeldete Zeichen lediglich den Titel einer Veranstaltung
darstellt und deshalb für alle unmittelbar der Veranstaltung dienenden Dienstleistungen
schutzunfähig ist, und ob die weiteren beanspruchten Waren dem Merchandising zuzurechnen
sind. Dementsprechend war zB die Beschwerde gegen die Zurückweisung des angemeldeten
286 erfolglos, soweit es Dienstleistungen der Durchführung der
Veranstaltung als solche betraf. Hinsichtlich der beanspruchten Bekleidungsstücke stellte der
Senat fest, dass diese typische begleitende Merchandisingartikel einer kulturellen
Veranstaltung seien. Ihre Bedeutung liege allein darin zu zeigen, dass sie anlässlich der
besagten Veranstaltung erworben werden können oder erworben worden seien und die
Trägerin oder der Träger an der Veranstaltung teilgenommen hätten. Demgemäß entbehrten
sie der betrieblichen Herkunftsfunktion und damit jeglicher Unterscheidungskraft.
284 EuGH Rs. C-273/00 Rdn. 52-57, GRUR 2003, 145 = GRUR Int. 2003, 449 = MarkenR 2003, 26 =
Mitt. 2003, 126 = WRP 2003, 249– Sieckmann (Geruchsmarke); Rs. C-283/01 Rdn. 55, GRUR 2004, 54 = GRUR Int. 2004, 126 = MarkenR 2004, 26 = Mitt. 2004, 24 – Shield Mark/Kist (Hörmarke).
285 Im Unterschied zu den sog. Eventmarken, mit denen Sponsoring beansprucht werden soll. 286 Beschl. v. 30.8.2005 - 27 W (pat) 216/04, für Waren der Klasse 9 und 25 sowie Dienstleistungen der
Klasse 41 (kulturelle Aktivitäten).
BPatG Jahresbericht 2005
Auch im Verfahren zur Schutzfähigkeit des Zeichens „
Klassik am Odeonsplatz"
differenzierte der Senat danach, ob der angemeldete Gesamtbegriff lediglich Sachhinweis für
einen bestimmten geografischen Ort sei, an dem Aufführungen klassischer Musik oder
klassischer Theaterstücke stattfinden. Das Publikum werde die Wortfolge aber auch dann in
diesem ausschließlich beschreibenden Sinne verstehen, wenn er sie bei Waren oder
Dienstleistungen wahrnehme, die typischerweise der weiteren Vermarktung solcher
Ereignisse dienen. Dies sei der Fall bei Ton- und Lichtträgern sowie Druckereierzeugnissen,
aber auch bei Bekleidungsstücken. Hingegen sei die Wortfolge schutzfähig für weitere
Produkte und Tätigkeiten, die typischerweise nicht mit der Durchführung solcher
Veranstaltungen in unmittelbarer Verbindung stünden (wie zB bei elektronischen Geräten).
Von besonderer Bedeutung waren die Entscheidungen in den Löschungsantragsverfahren
zu den beiden Marken „Fußball WM 2006"288 und „WM 2006"289 der FIFA. Zunächst lehnte
der Senat es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung des Löschungsantrags ab, diesen als
rechtsmissbräuchlich gestellt anzusehen, weil der Löschungsantragsteller die Zeichen selbst
angemeldet hatte. Die Rechtslage sei nämlich noch unklar. Im Weiteren verneinte er eine
Löschung nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3, da das Zeichen als Kombination von Wort und
Zahl abstrakt unterscheidungskräftig sei. Den Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m.
§ 8 Abs. 2 Nr. 10, der Bösgläubigkeit bei der Anmeldung wegen mangelnden ernsthaften
Benutzungswillens der Markeninhaberin aufgrund der Vielzahl der beanspruchten Waren und
Dienstleistungen, sah er nicht als gegeben an.290 § 8 Abs. 2 Nr. 2 bejahte er jedoch z. T. als
unmittelbar beschreibend für den Teil der Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen
als „Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen könne".
Die Zeichen hätten einen eindeutigen Sinngehalt für Fußballwettkämpfe. Deshalb bestehe ein
Freihaltebedürfnis. Der Annahme des Freihaltebedürfnisses stehe auch nicht die behauptete
Monopolstellung der Markeninhaberin entgegen, denn sie bestehe rechtlich nicht und sei
faktisch nur hypothetisch, da es im Sport üblich sei, dass nebeneinander verschiedene
287 Beschl. v. 5.7.2005 - 27 W (pat) 272/03 für Waren der Klasse 9, 14, 16, 18, 21, 24, 25 sowie
Dienstleistungen der Klasse 35, 41 und 42.
288 Beschl. v. 3.8.2005 - 32 W (pat) 237/04, für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Kl. 1 bis 42,
Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt, Az. I ZB 96/05, GRUR 2005, 948 = MarkenR 2006, 41.
289 Beschl. v. 3.8.2005 - 32 W (pat) 238/04, Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt, Az. I ZB 97/05. 290 Vgl. hierzu III.1. - orangefarbene Kugel.
BPatG Jahresbericht 2005
Veranstalter zu Wettbewerben in derselben Sportart existierten. Vom Freihaltebedürfnis
umfasst seien auch alle anderen üblicherweise mit einer solchen Veranstaltung verbundenen
Dienstleistungen, wie Reisedienste, Werbung, Beförderung, Zurverfügungstellung von
Sporteinrichtungen, Bewirtung und Unterhaltung von Gästen. Als Inhaltsangabe
freihaltebedürftig sei das Zeichen außerdem für sämtliche Medienprodukte und die auf die
mediale Auswertung und Vermarktung derartiger Veranstaltungen ausgerichteten
Dienstleistungen, einschließlich solcher Dienstleistungen wie Datenbankdienste und die
Organisation von Lotterien sowie Waren und Dienstleistungen im Bereich der
unterstützenden Technik, wie Software, Erstellen von Software, Rundfunk- und
Fernsehausstrahlung und Spiele usw. Auch weitere bei der Veranstaltung eingesetzte
Hilfsmittel- und –dienstleistungen wie Sport und Fanartikel, Schuhe und Bekleidung,
Berechtigungssysteme, Reisedienstleistungen, Messungen (einschl. der Geräte), Promotion
(finanzielle Unterstützung, Werbung, Marktforschung etc.), Arbeitsvermittlung und
Ausbildung, Andenken seien vom beschreibenden Aussagegehalt der Zeichen umfasst.
Als nicht freihaltebedürftig angesehen wurden die Zeichen hingegen für technische Geräte
und Dienstleistungen für den alltäglichen Gebrauch, wie Fernsehgeräte, Radios, Telefone,
Kameras etc. Gleiches gelte für Merchandising-Artikel und –Angebote, da in ihrer Funktion,
bloße Werbefläche für die Botschaft des Sportereignisses zu sein, kein beschreibender
Gebrauch liege. Aufgrund der Gepflogenheiten der Sportbranche sei allgemein bekannt, dass
Namen, Embleme und Logos markenmäßig für Sportartikel sowie für Fan-Bedarf verwendet
würden und Sponsoren für die Qualität der gesponserten Produkte einstünden aufgrund als
bekannt zu unterstellender Lizenzverbindungen. Indiziell seien bestehende ausländische
Schutzrechte an denselben Zeichen mit einzubeziehen. Des Weiteren sei das jeweilige
Zeichen auch keine üblich gewordene Bezeichnung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 3. Hinsichtlich des
zu löschenden Teils des Verzeichnisses sah der Senat das Zeichen auch nicht als
verkehrsdurchgesetzt i. S. v. § 8 Abs. 3 MarkenG für „Organisation von sportlichen
Veranstaltungen, nämlich Fußballweltmeisterschaften" an. Bislang sei es von der
Markeninhaberin stets nur im Zusammenhang mit der Marke „FIFA" benutzt worden291 und
die mit der Verkehrsbefragung erreichten Zuordnungsprozentsätze seien nicht ausreichend292.
291 Vgl. insoweit jedoch EuGH Rs. C -353/03, GRUR 2005, 763 = GRUR Int. 2005, 826 = WRP 2005, 1159
= MarkenR 2005, 320 - Nestlé/Mars, Have a Break - Have a Kitkat.
292 58 % der Befragten ordneten die Zeichen zwar als Hinweis auf einen Ausrichter ein, davon jedoch betrug
die konkrete Zuordnungsrate 19,9 % für den DFB, 19, 4 % für die FIFA und 14,1 % für die BRD.
BPatG Jahresbericht 2005
II. Absolute
1. Wortmarken
a) Buchstaben-/Zahlenkombinationen
Als schutzfähig angesehen wurden schließlich nach der Durchführung des
Rechtsbeschwerdeverfahrens beim BGH293 die Kombinationen „B-3 alloy", „C-4 alloy" sowie
„D-205" und „HR-120". Die nach der Zurückverweisung der Verfahren an das BPatG
durchgeführten Ermittlungen zu den Bezeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen
Warengebiet ergaben keinen Hinweis darauf, dass die angesprochenen Verkehrskreise darin
einen beschreibenden Inhalt sehen könnten. Es ließen sich weder Ähnlichkeiten mit den DIN-
Normen für Legierungen noch strukturelle Gemeinsamkeiten mit den von den Mitbewerbern
der Anmelderin verwendeten Bezeichnungen feststellen. Der Senat verzichtete ausdrücklich
darauf, zu den Bezeichnungsgewohnheiten bei Metalllegierungen die Stellungnahme eines
Fachverbandes einzuholen. Da der Verband über keine eigene Sachkunde verfüge, sondern
entsprechende Fragen lediglich an seine Mitglieder weiterleite, sei die erforderliche
Neutralität nicht gewahrt. Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens sah der
Senat als entbehrlich an, weil diesem im Wesentlichen keine anderen Erkenntnisquellen als
die über das Internet verfügbaren zugänglich seien. Bei nicht im Internet auffindbaren
Bezeichnungen könne im Übrigen nicht von deren Üblichkeit ausgegangen werden.
Die Senate setzten ihre bisherige Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit von Slogans
entsprechend den Vorgaben des EuGH und des BGH fort294.
Als schutzfähig beurteilt wurden:
„. da geh' ich hin"
. Nach der Recherche des Senats handele es sich um eine allgemein
gebräuchlich, an potentielle Kunden gerichtete Aufforderung, eine bestimmte Vertriebsstätte
oder einen Erbringungsort für Dienstleistungen aufzusuchen. Beansprucht seien aber nicht
293 Vgl. BGH GRUR 2002, 884 - B-2 alloy. Die Anmeldung wurde am 24.01.2005 am BPatG zurückgenom-
294 Vgl. Jahresbericht BPatG 2003 GRUR 2004, 273, 27; Jahresbericht BPatG 2004 GRUR 2005, 289, 295;
EuGH Rs. C-64-02 P Rdn. 35 ff, GRUR 2004, 1027 = GRUR Int. 2005, 224 = MarkenR 2005, 22 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2002, 1070, Bar jeder Vernunft; GRUR 2001, 1047 - LOCAL PRESENCE; GLOBAL POWER; GRUR 2000, 323 -Partner with the Best; GRUR 2000, 321 - Radio von hier.
295 Beschl. v. 7.6.2005 – 27 W (pat) 201/04, für Kl. 16, 18, 25 und 27.
BPatG Jahresbericht 2005
Einzelhandelsdienstleistungen, sondern ausschließlich Waren, zu denen man üblicherweise
„So viel. So gut. So nah."
Mit diesen Begriffen werde auf eine große Sortimentsauswahl in
guter Qualität und geringer Entfernung, also typischerweise Einzelhandelsdienstleistungen
hingewiesen, nicht jedoch würde eine konkrete Ware oder Dienstleistung derart beworben. Es
fehle der unmittelbare Produktbezug. Etwas anderes gelte für die beanspruchten
Dienstleistungen des Transportwesens und der Touristik, weil in diesem Bereich zahlreiche
entsprechend gebildete Werbeaussagen in Gebrauch seien.
"My brand is second hand"
. Für die nach Einschränkung des Verzeichnisses noch
beanspruchten Dienstleistungen sei die Wortfolge interpretationsbedürftig. Das Wort „brand"
werde im deutschen Sprachgebrauch bezogen auf Markenartikel und nicht für
Dienstleistungen verwendet, die üblicherweise auch nicht „second hand" angeboten würden.
Zwischen den Begriffen „Brand" und „second hand" bestehe daher kein ohne Weiteres
erkennbarer Zusammenhang.
„TRINK WASS"
. Zwar lasse sich der Bestandteil „Wass" vereinzelt als Abkürzung für
„Wasser" nachweisen. Auch in der Bedeutung von „Trink Wasser" sei das Zeichen aber für
die maßgeblichen Verkehrskreise interpretationsbedürftig. Die angesprochenen gewerblichen
Abnehmer würden nämlich üblicherweise das in den Anlagen hergestellte Wasser nicht selbst
trinken, sondern lediglich weiterverarbeiten bzw. vertreiben.
Die Schutzfähigkeit verneint wurde für:
„Parfum Art opens for you the world of luxury"
. Es handele sich um eine aus gängigen
englischen Grundwörtern zusammengesetzten Wortfolge, deren beschreibender Aussagehalt
sich den angesprochenen Verkehrkreise ohne Weiteres erschließe. Die vom englischen Wort
„art" i. S. v. Kunst abweichende Bedeutung des deutschen Worts „Art" im Sinne von
„Eigenart, Wesen" begründe keine Mehrdeutigkeit, weil im englischsprachigen
Gesamtkontext der Wortfolge die deutsche Bedeutung nicht nahe liege und der Ausdruck
„Parfumkunst" auch bereits in Gebrauch sei.
296 Beschl. v. 27.4.2005 - 29 W (pat) 34/03, für Kl. 4, 6, 9, 11, 16, 19, 25, 35, 37, 38, 40, 41 und 42,
zurückgewiesen für Transportwesen, Verpackung und Lagerung von Waren, Veranstaltung von Reisen.
297 Beschl. v. 30.8.2005 – 27 W (pat) 36/05, für Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung,
298 Beschl. v. 15.11.2005 – 33 W (pat) 402/02, für Maschinen und daraus zusammengestellte Anlagen zur
Herstellung und Abfüllung von Tafelwasser sowie zur Anreicherung von Tafelwasser mit Kohlensäure.
299 Beschl. v. 4.10.2005 – 24 W (pat) 300/03, für Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege,
ätherische Öle.
BPatG Jahresbericht 2005
300 Das angesprochene Publikum erkenne in der üblichen Kombination von
Worten mit einem Herzsymbol ohne Weiteres die Aussage „Jesus loves you" bzw. „Jesus
liebt dich". Als schlagwortartiger Hinweis auf den christlichen Glauben finde diese Aussage
vor allem bei volksmissionarischen Bewegungen Verwendung, weshalb das Publikum darin
keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehe.
„Fit for Mobile Service"
. Der Ausdruck „fit for" werde in der Werbung für
unterschiedlichste Produkte und Dienstleistungen verwendet. Das Publikum erfasse daher
ohne Weiteres den schlagwortartigen Hinweis auf für mobile Dienste geeignete Produkte und
Dienstleistungen. Die Tatsache, dass der Begriff „Mobile Service" einerseits für von
Außendienstmitarbeitern erbrachte Dienstleistungen und andererseits für Mobilfunkdienste
verwendet werde, begründe keine schutzfähige Mehrdeutigkeit, weil in beiden Bedeutungen
der beschreibende Aussagegehalt im Vordergrund stehe.
„Gut, wenn sich Kompetenzen ergänzen"
. Auch hier sah der Senat in jeder der möglichen
Aussagegehalte den beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen. Sowohl
die Formulierung „Gut, wenn" als auch der Hinweis auf ergänzende Kompetenzen seien weit
verbreitet. Gleichgültig, ob man das Zeichen als Hinweis auf sich ergänzende Kompetenzen
bei der Erbringung der Dienstleistungen oder ein kompetentes Zusammenwirken des
Anbieters mit dem Abnehmer verstehe, handele es sich um eine reine Werbeaussage.
ONCE UPON A TIME"
. Als die klassische Märcheneinleitung, die dem Verkehr auf
Grund der vielfältigen Verwendung auch in der englischen Fassung geläufig sei, enthalte das
Zeichen lediglich die reine Werbeaussage, dass sich die so bezeichneten Waren und
Dienstleistungen inhaltlich mit Märchen, Geschichten oder anderen Erzählungen aus früherer
Zeit beschäftigten.
300 Beschl. v. 19.4.2005 - 27 W (pat) 281/04, für Kl. 18, 25, 28, 41 und 43. 301 Beschl. v. 26.10.2005 - 29 W (pat) 268/03, für Kl. 9, 38 und 42, schutzfähig nur für Schallplatten,
Mechaniken für geldbetätigte Apparate, Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten, Verwertung gewerblicher Schutzrechte, Schlichtungsdienstleistungen.
302 Beschl. v. 2.8.2005 – 33 W (pat) 29/05, für Kl. 35, 36, 38, 41 und 42. 303 Beschl. v. 16.8.2005 – 33 W (pat) 12/04, für verschiedene Druckereierzeugnisse und Dienstleistungen im
Bereich der Rundfunk- und Fernsehproduktion
BPatG Jahresbericht 2005
c) Werbeschlagwörter
Während die Zahl der zu beurteilenden Werbeslogans insgesamt rückläufig war, zeichnete
sich eine Tendenz zur Anmeldung von Werbeschlagwörtern in Alleinstellung ab. Dabei stellte
sich für die Senate in besonderem Maße die Frage der Mehrdeutigkeit bzw. des Sachbezugs
zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die Schutzfähigkeit wurde regelmäßig
verneint, wenn sich nach den Ermittlungen des Senats eine beschreibende Verwendung des
betreffenden Begriffs auf dem jeweiligen Waren- oder Dienstleistungsgebiet bzw. in der
allgemeinen Werbesprache feststellen ließ.
Für nicht schutzfähig angesehen wurden u. a.:
„Active"304, „Akzente"305, „Attention"306:, „Brilliant"307, „COOL"308, EQUIPMENT309,
„HARMONY"310, „NOBLESSE"311, „Professional"312, „QUICK"313.
Bejaht wurde die Schutzfähigkeit u. a. für:
„ADVANTAGE"314, „AGILITY"315, „
"316, „Impuls"317, „-MORE-„ :
304 Beschl. v. 22.6.2005 – 28 W (pat) 134/04, u.a. für Blattmetalle, Anstrichmittel, Farben, Lacke, Firnisse. 305 Beschl. v. 23.6.2005 – 25 W (pat) 69/03, u.a. für Datenträger, Datenverarbeitungsgeräte, Druckwerke,
Online- und Informationsdienste, Dienstleistungen eines Verlags, Dienstleistungen einer Datenbank.
306 Beschl. v. 28.6.2005 – 27 W (pat) 275/04, u.a. für Parfümeriewaren, Schmuckwaren, Bekleidungsstücke. 307 Beschl. v. 27.6.2005 – 30 W (pat) 337/03, u.a. für Türen, Zargen und Türelemente. 308 Beschl. v. 5.4.2005 – 27 W (pat) 64/04, für Farbstoffe für die Leder- und Pelzindustrie, Fixiermittel für
Farbstoffe, Leder- und Lederimitationen sowie Waren daraus, Häute und Felle, Reise- und Handkoffer.
309 Beschl. v. 2.8.2005 – 33 W (pat) 272/04, u.a. für Werbung, Organisation und Durchführung von
Veranstaltungen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken in Verbindung mit Kraftfahrzeugzubehör.
310 Beschl. v. 15.11.2005 - 27 W (pat) 277/04, für Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen. 311 Beschl. v. 24.10.2005 - 30 W (pat) 70/04, u.a. für Innentüren und Wohnungstüren. 312 Beschl. v. 14.6.2005 – 33 W (pat) 192/04, für Kl. 9, 12, 35, 36, 37 und 39. 313 Beschl. v. 27.7.2005 – 32 W (pat) 225/04, u.a. für pharmazeutische Erzeugnisse, Präparate für die
Gesundheitspflege, Nahrungsergänzungsmittel.
314 Beschl. v. 26.4.2005 - 27 W (pat) 255/03, u.a. für Computersoftware, Computerhardware, Herausgabe
und Veröffentlichung von Texten und Büchern, Entwicklung von Computerprogrammen.
315 Beschl. v. 25.5.2005 - 28 W (pat) 384/03, für „Articles medicaux, à savoir guides pour la mise en place
de cathéters et accessoires non compris dans d'autres classes".
316 Beschl. v. 1.2.2005 - 27 W (pat) 145/04, u.a. für Zeitmessinstrumente, Druckereierzeugnisse, nämlich
Fotografien, Pinsel, Lehr- und Unterrichtsmittel, Spielkarten, Spazierstöcke, Peitschen.
317 Beschl. v. 14.6.2005 – 33 W (pat) 330/02, für Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte,
Immobilienwesen, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung.
318 Beschl. v. 7.6.2005 – 27 W (pat) 38/05, für Kl. 3; 9; 14; 16; 18; 24 und 25.
BPatG Jahresbericht 2005
d) Wortkombinationen
Wie bereits im Vorjahr betrafen viele Verfahren Wortneuschöpfungen, die aus bekannten
Begriffen oder Abkürzungen zusammengesetzt waren. Hier setzten die Senate entsprechend
den Vorgaben des EuGH319 ihre Rechtsprechung fort, wonach Schutz zu verneinen sei, wenn
die Aneinanderreihung einzelner Bestandteile, die jeweils für sich eine beschreibende
Bedeutung aufweisen, auch in der Summe regelmäßig nicht über eine verständliche rein
beschreibende Aussage hinausgehe320. Insoweit kam es maßgeblich auf die Ermittlungen des
Senats und die Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses an.
Als schutzfähig beurteilt wurden:
„BIO LIFE"
. Die Angabe „LIFE" sei für Zuckerwaren - anders als der Begriff „MILD" in
„BIOMILD" 322 für Joghurt und Milchprodukte - nicht beschreibend. Die Frage, ob es sich bei
dem belegbaren Begriff „Bio Life Sciences" um einen naturwissenschaftlichen Fachbegriff
handele, sei im Hinblick auf die beanspruchten Waren unbeachtlich.
Ähnliche Begründungen wurden auch gegeben in den Verfahren zu:
„DOMAINBOX"323, „infoprofil"324, „multi-control"325; "MULTIPOWER"326,
327, „StenoNet"328, „TANSAFE"329 und zu „LOKMAUS"330. In Letzterem
wurde der Zurückweisungsbeschluss des DPMA nach erfolgreicher Rechtsbeschwerde der
Anmelderin331 teilweise aufgehoben.
319 EuGH Rs. C-265/00, GRUR 2004, 680 = GRUR Int. 2004, 500 = MarkenR 2004, 111 - Biomild. 320 Vgl. Jahresbericht BPatG 2004, GRUR 2005, 289, 296 und EuGH a.a.O. 321 Beschl. v. 9.11.2005 - 32 W (pat) 182/04, für Zuckerwaren. 322 Vgl. EuGH Rs. C-265/00, GRUR 2004, 680 = GRUR Int. 2004, 500 = MarkenR 2004, 111. 323 Beschl. v. 29.11.2005 – 24 W (pat) 213/03, für Bildfunkgeräte, Bildtelefone, CD-ROM-, DVD- und
Diskettenlaufwerke, Fernsehapparate.
324 Beschl. v. 15.11.2005 - 27 W (pat) 287/04, u.a. für elektrisch betriebene Informationsanzeigen, Beleuch-
tungseinrichtungen für elektrisch betriebene Informationsanzeigen, technische Planung und Beratung.
325 Beschl. v. 3.3.2005 – 33 W (pat) 123/02, für Spül- und Sammelschacht aus Kunststoff als Baumaterial. 326 Beschl. v. 1.8.2005 – 32 W (pat) 155/03, für Sportunterricht, nämlich Durchführung von Aerobic-Kursen,
Dienstleistung von Fitness-Clubs, Sportveranstaltungen.
327 Beschl. v. 29.11.2005 – 33 W (pat) 236/03, für Vermietung von Flächen an oder auf Fahrzeugen, die der
Beförderung von Gütern und/oder Personen dienen.
328 Beschl. v. 21.6.2005 – 27 W (pat) 177/04, für Kl. 9, 38 und 42. 329 Beschl. v. 5.7.2005 – 27 W (pat) 318/04, u.a. für magnetische, elektronische und optische Datenträger,
Datenverarbeitungsprogramme, Ausgabe von Kreditkarten, Entwicklung von Datenverarbeitungspro-grammen.
330 Beschl. v. 30.11.2005 - 32 W (pat) 213/02, für elektrische Dampferzeuger, Entwicklung von Software für
die Steuerung, Regelung und/oder Überwachung von Miniaturfahrzeugen und/oder Wegeanlagen für Mi-niaturfahrzeuge, insbesondere unter Verwendung von elektronischen Eingabegeräten, wie beispielsweise Bildschirmsteuergeräten (Maus).
331 BGH GRUR 2005, 578 = GRUR Int. 05, 727 = MarkenR 05, 263 = WRP 2005, 889.
BPatG Jahresbericht 2005
Die Schutzfähigkeit verneint wurde u. a. für:
„DuoTab"332, „Maxflow"333, „PatentBerlin"334, „PINLOCK"335, „Schul/Bank"336,
2. Bildmarken
Erfolgreich war die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Bildmarke
. Der rechteckige Ausschnitt eines aus Sternen und Rauten
kombinierten farbigen Flächenmusters weise in seiner maßgeblichen Gesamtwirkung
ersichtlich charakteristische Gestaltungsmerkmale auf, die über die bloße bildliche
Wiedergabe eines möglichen sternförmigen Produkts oder einer entsprechenden Verpackung
hinaus gingen. Als beschreibender Hinweis auf eine gängige Verpackung der beanspruchten
Waren komme das Zeichen nicht in Betracht, weil es sich weder um eine produktspezifische
Verpackung noch eine Verpackung als solche handele, sondern nur der Ausschnitt eines
Verpackungspapiers- oder -kartons abgebildet sei. Eine Übung des Verkehrs, mittels eines
Musterausschnitts auf das Dekor des verwendeten Verpackungsmaterials hinzuweisen, konnte
der Senat aber nicht feststellen.
332 Beschl. v. 16.8.2005 – 33 W (pat) 333/02, u.a. für chemische Erzeugnisse, Wasch- und Bleichmittel,
Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, Desinfektionsmittel, Algizide, Viruzide und Bakteri-zide.
333 Beschl. v. 21.6.2005 – 24 W (pat) 229/04, u.a. für Abwasserkläranlagen, Wasserfiltriergeräte, Anlagen
zur Biogaserzeugung, Überwachungs- und Steuereinrichtungen.
334 Beschl. v. 14.7.2005 - 25 W (pat) 150/03, teilweise zurückgewiesen für Rechtsberatung, Dienstleistun-
gen eines Rechtsanwalts, ……Verwertung und Verwaltung von gewerblichen Schutzrechten und Urhe-berrechten, Unternehmens- und Organisationsberatung sowie betriebswirtschaftliche Beratung.
335 Beschl. v. 30.6.2005 – 30 W (pat) 249/03, für verschiedene Waren der Klasse 9. 336 Beschl. v. 20.9.2005 – 27 W (pat) 183/04, u.a. für Computersoftware, Erziehung, Ausbildung, Veranstal-
tung von Wettbewerben.
337 Beschl. v. 22.11.2005 - 33 W (pat) 41/04, für verschiedene Dienstleistungen der Kl. 35 und 42. 338 Beschl. v. 15.3.2005 - 24 W (pat) 36/04, u.a. für Bleichmittel und andere Substanzen zur Behandlung von
Wäsche, Weichspül- und Verstärkungsmittel für Textilien.
339 Beschl. v. 13.9.2005 - 24 W (pat) 137/04, für Beleuchtungsgeräte, nämlich Lichtspots zur Beleuchtung
von Bühnen, Lampen, nämlich Taschenlampen, Lampenschirmhalter, Lampenfassungen, Lampenaufhän-gevorrichtungen.
BPatG Jahresbericht 2005
Unter Berücksichtigung der konkreten Marktgepflogenheiten wurde auch die Bildmarke
„Weißes Gitter"340
als schutzfähig angesehen. Das angemeldete Zeichen
könne zwar für Waren, die aus entsprechenden geometrischen Formen bestünden, wie auch
für Dienstleistungen, die unter Verwendung von Tabellen erbracht würden, beschreibender
Natur sein. Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ergaben die umfangreichen
Ermittlungen des Senats aber keine Anhaltspunkte für die Verwendung weißer, gitterförmiger
Gestaltungen als Sachhinweis oder dekorative Gestaltungselemente. Von den üblichen
Stoffmustern unterscheide sich das Zeichen dadurch, dass es sich nicht um ein fortlaufendes
Muster handle, sondern dass es klar definiert und begrenzt sei.
Fragen zur Verkehrsdurchsetzung
Die in den Vorjahren341 erörterte Frage der Durchsetzung eines einzelnen Markenbestandteils,
der im Verkehr nicht isoliert verwendet wird, entschied der EuGH in dem Verfahren
„Nestlé/Mars" (Have a Break - Have a Kitkat) abschließend342. Zum Teil ähnliche Fragen, zu
deren Beantwortung die Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen gewesen wäre,
standen im Berichtsjahr allerdings nur vereinzelt an.
In dem Beschwerdeverfahren zur Zurückweisung der Anmeldung von „freenet.de"343 sah der
Senat nach Verneinung originärer Unterscheidungskraft, aber unter Berücksichtigung aller für
die Beurteilung maßgeblichen Kriterien344 die Verkehrsdurchsetzung des Bestandteils freenet
als nachgewiesen an. Die Marke sei zugleich das Unternehmenskennzeichen der Anmelderin,
deren umfangreiche Werbeaufwendungen gerichtsbekannt seien. Diese Anhaltspunkte für
eine intensive Benutzung fand der Senat bestätigt durch die von der Anmelderin vorgelegten
Unterlagen. Dazu zählte u.a. die Auszeichnung der Anmelderin als zweitschnellst wachsendes
Technologieunternehmen Deutschlands und ein von der Anmelderin im Parallelverfahren zu
340 Beschl. v. 13.12.2005 - 27 W (pat) 286/04, für zahlreiche Einzelwaren und -dienstleistungen der Klas-
sen 16, 25, 35, 36, 41, 42 und 45.
341 Vgl. Jahresbericht BPatG 2003 GRUR 2004, 273, 279; Jahresbericht BPatG 2004 GRUR 2005, 289, 297. 342 EuGH Rs. C-353/03 Rdn. 30, GRUR 2005, 763 = GRUR Int. 2005, 826 = MarkenR 05, 320 =
WRP 2005, 1159 - Nestlé/Mars.
343 Beschl. v. 28.9.2005 - 29 W (pat) 82/04, für Bereitstellen von Internet-Zugängen. 344 Vgl. EuGH Rs. C-353/03 Rdn. 30, GRUR 2005, 763 = GRUR Int. 2005, 826 = MarkenR 05, 320 = WRP
2005, 1159 - Nestlé/Mars; Rs. C-299/99 Rdn. 60 f,. GRUR 2002, 804 = GRUR Int. 2002, 842 = MarkenR 2002, 231 = WRP 2002, 924 - Philips/Remington; Rs. C 108/97 und C 109/97 Rdn. 51 f. GRUR 1999, 723 = MarkenR 99, 189 = WRP 99, 629 - Windsurfing Chiemsee.
BPatG Jahresbericht 2005
„FREENET"345 in Auftrag gegebenes demoskopische Gutachten, wonach 51 % der Befragten
die Bezeichnung „FREENET" in Verbindung mit dem Bereitstellen von Internetzugängen als
Unternehmenshinweis auffassten. Für den Senat ergab sich daraus eine eindeutige
Marktpräsenz der Anmelderin, so dass er die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens zur
Verkehrsdurchsetzung von „freenet.de" nicht für erforderlich hielt.
Die zurückweisende Entscheidung des DPMA zum Zeichen „Konstruktionsvollholz"346 hielt
der Senat für rechtmäßig. Er ging von einer unzureichenden Glaubhaftmachung der
Verkehrsdurchsetzung aus und lehnte eine Zurückverweisung an das DPMA zur
Durchführung weiterer Ermittlungen ab. Die vom Anmelder vorgelegten Unterlagen für die
Benutzung des Zeichens zeigten nach Auffassung des Senats lediglich eine beschreibende und
keine markenmäßige Benutzung. Auch soweit das Zeichen als Bestandteil aus der Wort-/
Bildmarke des Anmelders benutzt war, sah der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für
eine mögliche Verkehrsdurchsetzung.347 Bestätigt sah der Senat die mangelnde
Glaubhaftmachung außerdem durch eine durch Vermittlung des DIHT von den Industrie- und
Handelskammern durchgeführte Befragung, wonach weniger als 10 % der Befragten das
Zeichen dem Anmelder zugeordnet hatten.
4. Geografische
Es gab in der einheitlichen Rechtsprechung der Senate hierzu weitere Differenzierungen. Im
Beschwerdeverfahren zur Schutzerstreckung des Zeichens „
wurde festgestellt, dass
sich das Wort SPA mittlerweile als Gattungsbezeichnung für den Wellnessbereich
herausgebildet habe. Damit habe das Wort zu seiner ursprünglichen Bedeutung als eine
geografische Herkunftsangabe des belgischen Badeortes Spa eine weitere Bedeutung
hinzugewonnen und sich nachträglich gleichzeitig zu einer beschreibenden Angabe für
Wellnesseinrichtungen mit besonderem Bezug zu Wasser und für die einschlägigen
Dienstleistungen sowie kosmetische Produkte entwickelt. Es sei deshalb i.S.v. § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG schutzunfähig. Dem müsse auch keine einhellige Verkehrsauffassung
345 Beschl. v. 28.92005 - 29 W (pat) 209/03. 346 Beschl. v. 8.8.2005 - 30 W (pat) 307/03, für Holzprodukte für den konstruktiven Holzbau. 347 Vgl. insoweit jedoch anders BGH GRUR 2004, 331 = MarkenR 2004, 138 = WRP 2004, 351 - Westie-
Kopf; als verkehrsdurchgesetzt sah der BGH auch allein den Hundekopf an, obwohl er in anderen Zeichen und i.V.m. mit einem Lorbeerkranz benutzt worden war.
348 Beschl. v. 15.2.2005 - 24 W (pat) 197/03, für Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;
Betrieb von Bädern, Schwimmbädern und Saunen etc., Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht einge-legt. GRUR 2005, 865 = MarkenR 2005, 346.
BPatG Jahresbericht 2005
zugrunde liegen. Insoweit sei von dem beschreibenden Charakter einer Angabe nicht nur
unter den engen Voraussetzungen der Umwandlung einer geografischen Herkunftsangabe zu
einer Gattungsbezeichnung i.
2 MarkenG auszugehen. Der Schutz
geografischer Herkunftsangaben nach § 126 ff. MarkenG verfolge nämlich eine grundsätzlich
andere Zielrichtung als das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Auch die
Monopolstellung des Markeninhabers in dem belgischen Ort Spa sei der schutzhindernden
Tatsache des Verständnisses von SPA als Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe durch
Dritte nicht entgegenstehend. Das Wort SPA sei ungeachtet seiner originären Bedeutung als
Name der belgischen Stadt wegen seines weiteren Sinngehalts als Bezeichnung gem. § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Schutz ausgeschlossen. Daran schloss sich folgerichtig mit
demselben Ergebnis die Entscheidung in dem Verfahren „
SPA Shower"
Die Zurückweisung des Zeichens „
Ulmer Münster"
wurde vom Senat aufgehoben, weil die
Benennung eines bekannten Bauwerkes, das einer geografischen Herkunftsbezeichnung
gleichstehe, sich weder als Sitz entsprechender Herstellungs- oder Vertriebsunternehmen
anbiete und auch mit der Stadt als Wirtschaftsgefüge und –raum nicht gleichzusetzen sei, was
bei einem weltlichen Bauwerk durchaus anders beurteilt werden könne.
Erfolglos war die Beschwerde gegen die Zurückweisung des farbigen Bildzeichens
351, denn es gebe lediglich einen Hinweis auf Inhalte aus einer Region und
den Vertriebsradius352.
wurde die Schutzfähigkeit dieses Wortes verneint, da es zwar
der Name mehrerer ausländischer Städte sei, aber zumindest eine davon dem Publikum
bekannt sei und als geografische Herkunftsangabe diene, weil die beanspruchten Waren mit
349 Beschl. v. 15.11.2005 – 24 W (pat) 86/03, für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle
etc.; Durchführung von kosmetischen und medizinisch-kosmetischen Behandlungen, Durchführung von Hydrotherapie; Betrieb eines Kosmetikinstituts.
350 Beschl. v. 2.3.2005 - 26 W (pat) 258/03, für Biere, Mineralwässer, Fruchtgetränke, Weinspirituosen;
Verpflegung und Beherbergung von Gästen, Partyservice.
351 Beschl. v. 21.7.2005 - 25 W (pat) 20/05, für Drucksachen, Werbung, Verbreitung von Werbeanzeigen,
Herausgabe und Veröffentlichung von Dateien, Texten, Büchern und andere Drucksachen, Dienstleistun-gen eines Telefonbuchverlegers.
352 Zur fehlenden Genauigkeit in Bezug auf eine bestimmte Region bezog sich der Senat auf die
Entscheidung des BGH GRUR 2000, 882 = MarkenR 2000, 330 = WRP 2000, 1140 - Bücher für eine bessere Welt.
353 Beschl. v. 19.1.2005 – 32 W (pat) 322/03 Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt, GRUR
2005, 677 = MarkenR 2005, 342 = Mitt. 2005, 385.
BPatG Jahresbericht 2005
dieser Stadt wegen dort angesiedelter Verarbeitungs- oder Handelsbetriebe in Verbindung
gebracht werden könnten354.
Wegen Täuschungsgefahr aufgrund § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG zurückgewiesen wurde die
Wort-/Bildmarke „Erste Dresdner Spezialitätenbrennerei"355
. Der Bestandteil
"Erste" bezeichne in einer zeitlichen Rangfolge das am Anfang Stehende und werde vom
Verkehr nicht als reine Werbeaussage, sondern als Hinweis auf Tradition und langjährige
Erfahrung verstanden. Die Angabe „Erste" sei einer Nachprüfung zugänglich und erfordere
einen entsprechenden Nachweis, den der Anmelder mit den vorgelegten Schreiben der
Bundesmonopolverwaltung für Branntwein nicht erbracht habe. Darin werde lediglich
mitgeteilt, dass die bis zum Betriebsjahr 1992/93 in Dresden betriebene Verschlussbrennerei
zwischenzeitlich verlegt wurde und außer der des Anmelders zur Zeit keine weiteren
Verschlussbrennereien in Dresden betrieben würden. Dass die Brennerei des Anmelders die
erste nach der Wiedervereinigung in Dresden betriebene Brennerei sei, habe die
Bundesmonopolverwaltung ausdrücklich nicht bestätigen können. Auch unter den
Brennereien die nach Auskunft der Bundesmonopolverwaltung in der Zeit vor 1945 in
Dresden betrieben wurden, finde sich die Brennerei des Anmelders nicht. Der Senat sah den
Bestandteil „Erste" daher als objektiv falsch und täuschend an. Diese Täuschung sei auch
ersichtlich i. S. des § 37 Abs. 3 MarkenG, weil sie sich für den Senat aus der Gesamtschau der
Anmeldeakten, des vorhandenen Prüfungs- und Recherchematerials und der Auskünfte der
üblichen Informationsquellen ohne Weiteres ergebe.
5. Berühmte
Personen
Das Problem der Schutzfähigkeit von Namen oder Bildern berühmter lebender oder
verstorbener Personen besteht nach wie vor und es gibt unterschiedliche Lösungsvorschläge
354 Es betraf das im deutschen Markt auftretende Unternehmen Twinings. 355 Beschl. v. 16.3.2005 – 26 W (pat) 178/04, u.a. für Früchte in Alkohol, Fruchtgelees, alkoholische Ge-
tränke (ausgenommen Biere), Dienstleistungen einer Kelterei, Destillieren von Alkohol.
BPatG Jahresbericht 2005
in der Literatur.356 Im Verfahren zur Schutzfähigkeit des Namens „Rainer Werner
traf der Senat die Aussage, dass bei bekannten Personen die Möglichkeit einer
herkunftshinweisenden Individualisierung nicht von vorneherein ausgeschlossen sei. Das
Publikum sei daran gewöhnt, dass Spitzensportler oder Künstler ihre Namen als Werbeträger
bestimmten Unternehmen zur Verfügung stellen. Bei markenmäßigem Gebrauch des Namens
auch verstorbener, aber weiter bekannter Personen liege die Annahme nicht fern, die Erben
bzw. sonstige Berechtigte stünden hinter der Marke in wirtschaftlicher Hinsicht358. Der
Bezeichnung könne auch kein Inhaltshinweis dahingehend entnommen werden, dass es bei
den Dienstleistungen um eine biografische Auseinandersetzung mit dem Werk Rainer Werner
Fassbinders gehe. Das Publikum gehe nicht davon aus, dass sich diese allein mit Fassbinder
beschäftigen würden.
Entgegen dieser Auffassung wurde im Verfahren zum Zeichen
„Sir Peter Ustinov"
Schutzfähigkeit nur für den Bereich des Sponsoring und der Spenden anerkannt. Es sei zwar
das karitative Wirken von Peter Ustinov persönlich als UNICEF-Botschafter bekannt, aber es
bestehe die Praxis, Spendensammlungen oder ähnliche finanzielle Aktivitäten nicht mit
Namen von Personen zu benennen, sondern entweder nach der Organisation oder nach dem
Ereignis, auf das sie sich bezögen. Der Beschwerdeführer hatte während des Verfahrens sein
Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf entsprechende Hinweise des Senats eingeschränkt.
Die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Eintragung des Zeichens "Mozart ein
war hingegen trotz der Assoziation zu Mozartkugeln erfolgreich, denn
Genussmittel würden nicht in dieser Art und Weise benannt. Der Senat betonte jedoch, dass
der Markeninhaber damit weder einen Abwehranspruch gegen den Namen Mozart in
Alleinstellung habe, noch gegen Kombinationen damit.
356 Vgl. Jahresbericht BPatG Marken 2002 GRUR 2003, 469, 479; Jahresbericht 2000 GRUR 2001, 373,
383; BPatGE 40, 6 - Mona Lisa; Boeckh, GRUR 2001, 29; Gauß, WRP 2005, 570; ders., Der Mensch als Marke, Nomos 2005; Götting, GRUR 2001, 615.
356 Boeckh, GRUR 2001, 29; Gauß, WRP 2005, 570; ders., Der Mensch als Marke, Nomos 2005; Götting,
357 Beschl. v. 1.12.2004 - 32 W (pat) 388/02, zugestellt am 7.4.2005, für Film-, Fernsehproduktion, Filmver-
leih, Filmvorführung; Herausgabe von Verlagserzeugnissen, Druckschriften sowie Bild- und Tonträger aller Art.
358 Beschl. v. 15.3.2000 - 32 W (pat) 245/99 - Der Senatsbeschluss 32 W (pat) 245/99 - Karl May - wurde als
überholt aufgegeben.
359 Beschl. v. 11.10.2005 - 33 W (pat) 17/05, für Sammeln von Spenden, finanzielle Förderung, finanzielles
360 Beschl. v. 22.6.2005 - 32 W (pat) 744/03, für feine Back-, Konditor-, Schokolade- und Zuckerwaren;
Verpflegung von Gästen.
BPatG Jahresbericht 2005
Die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Portraitfotos von „Marlene Dietrich"
361 war erfolglos.
Der Senat differenzierte nach inhaltsbeschreibenden Eigenschaften und danach, ob es sich, zB
bei Fotografien und Bildkarten um eine Ware als solche i. S. v. § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
handle, sowie nach der Üblichkeit derartiger Bildnisse lebender bzw. verstorbener berühmter
Persönlichkeiten als Werbeträger im Sinne der Imagewerbung und auf Merchandisingartikeln.
Diese Personen könnten mit der Zurverfügungstellung ihres Bildes lediglich
Werbedienstleistungen in Anspruch nehmen, nicht hingegen Markenschutz für Waren oder
Dienstleistungen anderer Art.
III. Löschungsverfahren
nach § 50 Abs. 1 MarkenG
Bei Gericht war ein vermehrter Eingang von Löschungsverfahren nach § 50 MarkenG zu
verzeichnen. Tendenziell waren jedoch Löschungsanträge zumeist nicht erfolgreich.
Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse
Das Löschungsantragsverfahren war erfolglos zu:
362. Ein Löschungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG liege nicht vor. Die
grafische Ausgestaltung des Großbuchstabens D könne nicht als Wiedergabe der Staatsflagge
angesehen werden, da sie zum Einen nicht, wie es die Anordnung des Bundespräsidenten über
die Deutschen Flaggen vom 13. November 1996 vorsieht, aus drei gleich breiten Querstreifen
bestehe und zum Anderen wegen der bildlichen Ausgestaltung des Buchstaben D. Im
Übrigen existiere ein Großbuchstabe
D in den Bundesfarben nicht als staatliches
361 Beschluss v. 15.12.05 - 29 W (pat) 147/03 GRUR 2006, April u.a. für mit Programmen und/oder Daten
versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art, Bücher, Fotografien, Bildkarten, Foto- und Sammelal-ben, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Rechtsbe-schwerde zugelassen und eingelegt; Az. noch nicht bekannt.
362 Beschl. v. 28.9.2004 - 27 W (pat) 136/02,
Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung usw., GRUR 2005, 679 - Bundesfarben.
BPatG Jahresbericht 2005
Hoheitszeichen, was auch für die Verwendung der Bundesfarben Schwarz-Rot-Gold alleine
ebenfalls gelte. Diese seien zwar Staatssymbole, nicht aber staatliche Hoheitszeichen. Es läge
auch keine Nachahmung im heraldischen Sinne vor, denn eine solche setze die rechteckige
Tuchform voraus.
„Pinocchio"363. Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3; § 50 Abs. 1 Nr. 3
i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 MarkenG lägen nicht vor, denn zum Einen seien auch Namen
berühmter literarischer Werkfiguren grundsätzlich markenfähig und zum Anderen stehe die
Gemeinfreiheit urheberrechtlich geschützter Werke nach § 64 UrhG der Eintragung des
Namens für Bekleidungstücke nicht entgegen. Dies verstoße insbesondere nicht gegen die
öffentliche Ordnung, denn die Gemeinfreiheit beinhalte, dass die Gesamtbevölkerung das
Werk als allgemeines Kulturgut nützen könne, und Markenschutz beschränke dieses Recht
nur insoweit, als das Werk als Kennzeichnung einzelner Waren monopolisiert sei.
364 „orangefarbene Kugel". Der Löschungsantrag basierte auf § 50 Abs. 1 Nr. 3 und 4
i. V. m. § 8 Abs. 2 MarkenG, denn der Markeninhaber sei bei der Eintragung wegen der
unüberschaubaren Zahl von Waren und Dienstleistungen im Verzeichnis bösgläubig gewesen.
Das anmeldende Unternehmen könne angesichts seiner Unternehmensschwerpunkte im
Telekommunikationsbereich keinen wirklichen Benutzungswillen gehabt haben. Der Senat
sah darin jedoch weder den Tatbestand der Besitzstandsstörung noch der Sperrwirkung als
zweckfremdes Mittel des Wettbewerbskampfes für gegeben an. Dass sich aufgrund des
Geschäftsbetriebs der Markeninhaberin kein unmittelbarer Zusammenhang zu den Waren und
Dienstleistungen ergebe, genüge nicht. Bösgläubigkeit könne erst dann angenommen werden,
wenn sich aus dem späteren Verhalten des Markeninhabers bei der Ausübung des
Monopolrechts dessen geplanter zweckfremder Einsatz ergäbe.
war vom Löschungsantragsteller in Übereinstimmung mit dem vom
Markeninhaber angefochtenen Beschluss des DPMA als ein zum Zeitpunkt der Eintragung
des Zeichens im Jahr 2001 bereits künftig beschreibendes Wort für Tee gehalten worden.
Greenbosch sei nämlich eine in Afrikaans übliche Bezeichnung für grünen Roibuschtee und
so als Gattungsbezeichnung in verschiedenen Teekatalogen aufgeführt. Der Senat hob die
363 Beschl. v. 16.7.2005 – 27 W(pat)182/04 für Ober- und Unterbekleidungsstücke, insbesondere gewirkte
364 Beschl. v. 26.1.2005 - 29 W (pat) 281/02, für eine sehr große Anzahl von Waren und Dienstleistungen
365 Beschl. v. 19.6.2005 - 24 W (pat) 94/04, für Tee.
BPatG Jahresbericht 2005
darauf beruhende Löschungsanordnung des DPMA auf. Er legte einen strengen Maßstab an
den Nachweis für die Umwandlung einer ursprünglich nicht beschreibenden Kennzeichnung
zur Sachangabe an. Vorgelegte Nachweise für die Verwendung des Wortes „GREEN
ROYBOSCH" im Jahr 2001 sah er als markenmäßige Verwendung an, und bei Belegen nach
2001 ließ er die Löschung an der Eignung für Rückschlüsse auf die beschreibende
Verwendung im Eintragungszeitpunkt scheitern. Eine eingetragene Marke könne nach § 50
MarkenG auch nur dann gelöscht werden, wenn der Nachweis eines Eintragungshindernisses
geführt sei und nicht lediglich Zweifel bestünden.
Mit einem ähnlichen Problem befasste sich der Senat im Verfahren zu der Marke
. Sie sei nicht mit Sicherheit im inländischen Sprachgebrauch vom Markenwort
zum Synonym für Salatsoße oder Salatdressing geworden. Dabei seien von den Parteien
vorgelegte Stellungnahmen von Fachverbänden nur insoweit zu berücksichtigen, als diese auf
markenrechtliche Fragestellungen bezogen seien, die Verhältnisse des konkreten
Produktbereichs berücksichtigten und die Neutralität des Erklärenden gewährleistet sei.
Das Löschungsantragsverfahren war erfolgreich zu:
Hotels und Restaurants mit Herz"
: Das Zeichen sei nichts anderes als eine aufzählende
Substantivverbindung, der eine allgemein geläufige Redewendung angefügt sei, die nur
bedeute, dass die Dienste mit innerer Beteiligung angeboten werden.
368: Die Marke enthalte in ihren Bildbestandteilen ein staatliches
Hoheitszeichen369, nämlich die Abbildung des Tätigkeitsabzeichens „Kraftschwimmer der
Bundesmarine für Kampfschwimmer". Es falle unter den Oberbegriff „Anderes staatliches
Hoheitszeichen" und könne nicht ohne Befugnis Gegenstand von Monopolrechten Einzelner
sein. Auch im Beschwerdeverfahren sei keine Genehmigung zur Führung des fraglichen
Zeichens vorgelegt worden, die das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6 hätte entfallen
lassen. Als „staatliche Hoheitszeichen" i. S. dieser Vorschrift seien eine Reihe von Zeichen
und Symbolen unterschiedlichen Rangs und unterschiedlicher Bedeutung geschützt, ohne dass
366 Beschl. v. 16.2.2005 - 32 W (pat) 213/03, für Essig, verzehrfertig zubereitete Salatsoßen; Gewürze in
flüssiger Form, GRUR 2006, 155 = MarkenR 2005, 412.
367 Beschl. v. 7.6.2005 - 24 W (pat) 328/03, für Beherbergung von Gästen etc., Öffentlichkeitsarbeit, Weiter-
vermittlung von Gästen an andere Häuser, Werbung, Pressearbeit, etc.
368 Beschl. v. 1.2.2005 - 33 W (pat) 342/01, für Werbung. 369 S. oben Wort-/Bildmarke D-Info.
BPatG Jahresbericht 2005
es einer besonderen Bekanntmachung oder eines Gesetzes bedürfe. Aus diesem Grund könne
es auch nicht darauf ankommen, ob es sich bei dem Tragen des Abzeichens um eine rein
interne Dienstanweisung ohne Außenwirkung handle, denn das Abzeichen trete an der
Uniform in jedem Fall nach außen hervor. Der Schutz sei auch auf die Hoheitszeichen
eingeschränkt, die nach Art. 6 Abs. 3 PVÜ in ein Verzeichnis aufgenommen und von der
WIPO an die Vertragsstaaten übermittelt würden.
: Es handele sich um das italienische Wort für die französische Stadt
Marseille, in der Seifen- und Ölfabriken angesiedelt seien, die traditionell spezielle Seifen aus
natürlichen Ölen – eine bestimmte Seifenart herstellen. Angesichts der wirtschaftlichen
Verflechtungen innerhalb der EU sei auch die italienischsprachige Bezeichnung in
Deutschland zur Beschreibung der beanspruchten Waren i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit
In den Verfahren zu „Ivadal" und „Cordarone"371 ging es um die Frage, ob die Anmeldung
eines Zeichens, das im Ausland bereits als Marke von einem Arzneimittelhersteller benutzt
wird, als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Der Senat verneinte dies in Übereinstimmung
mit der Löschungsabteilung des DPMA und wies die Beschwerde der
Löschungsantragstellerin zurück. Ein schutzwürdiger inländischer Besitzstand bestehe nicht,
weil die Marken nur im Ausland benutzt seien. Die Absicht der Markeninhaberin, die Marke
auf dem inländischen Markt einzusetzen, sei im Anmeldezeitpunkt nicht erkennbar gewesen,
so dass auch kein wettbewerbswidriges Verhalten festgestellt werden könne. Auch in der
Tatsache, dass die Markeninhaberin systematisch Marken anmelde, die für Arzneimittel im
Ausland benutzt würden, sah der Senat keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer
Behinderungsabsicht. Da es sich bei der Markeninhaberin um eine Markenagentur handle,
stehe das Sammeln von Vorratsmarken im Einklang mit ihrer geschäftlichen Tätigkeit.
370 Beschl. v. 26.7.2005 - 24 W (pat) 76/04 für Seifen, Wasch- und Bleichmittel etc. 371 Beschl. v. 1.12.2005 - 25 W (pat) 224/03 und 25 W (pat) 225/03, jeweils für pharmazeutische Erzeug-
nisse, insbesondere Humanarzneimittel, Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt, Az. I ZB 8/06 und I ZB 9/06.
BPatG Jahresbericht 2005
IV. Kollisionsverfahren
Art der Benutzung
Die markenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarke „Kräuterweltkugel"
verneinte der Senat in dem Verfahren zu den jüngeren Bildmarken
Die zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegten Unterlagen der Widersprechenden
ergaben für den Senat keine funktionsgemäße Verwendung in unmittelbarer Verbindung mit
der Ware. Die Widerspruchsmarke sei nicht auf den Flaschen zu finden, sondern nur auf den
Mehrfachpackungen, und auch hier nur als rein sachbezogenes Werbemotiv. Aus dem
eingereichten Material gehe hervor, dass die Kräuterkugel jeweils bildmäßig eingebaut werde,
wie zB im Zusammenhang mit einer Kräuterfee, die die der Kräuterkugel entströmenden
Pflanzen oder Kräuter auffängt, oder integriert in eine klar als Hintergrundgestaltung
auszumachende Darstellung einer Landschaft mit Himmel.
In derselben Weise wurde im Verfahren zu der angegriffenen Marke „ARTISTE"373 aus der
Widerspruchsmarke
in der Benutzung wie folgt
Widerspruchsmarke beurteilt. Der kennzeichnende Charakter einer Marke werde nur dann
nicht im Sinne von § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG verändert, wenn die angesprochenen
Verkehrskreise gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede zwischen der registrierten und der
benutzten Markenform in beiden Formen dieselbe Marke erkennen würden. Es sei auch
darauf abzustellen, inwieweit sich die registrierte und die tatsächlich verwendete Markenform
in ihrer Kennzeichnungskraft unterschieden. Insoweit könnte bei einer mehrteiligen Marke
372 Beschl. v. 6.4.2005 - 26 W (pat) 3/04 und 26 W (pat) 6/04, für alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und
Fruchtsäfte, alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) gegenüber Spirituosen.
373 Beschl. v. 29.11.2005 – 24 W (pat) 116/03. für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarfarben,
Haarfärbemittel etc. /. die IR-Marke für Lotion pour les cheveux; produits cosmetiques pour le coiffage et le modelage etc.
BPatG Jahresbericht 2005
auch die nahezu identische Benutzung eines blickfangartig hervorgehobenen, aber
kennzeichnungsschwachen Einzelbestandteils nicht rechtserhaltend sein, wenn weitere, zwar
optisch zurücktretende, aber für die Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke nicht
unbedeutende Markenteile erheblich verändert wiedergegeben würden. Die in den
vorgelegten Abbildungen ersichtliche Verwendung stelle demnach jedenfalls keine
rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in der registrierten Form dar. Sie weiche
in markanten Merkmalen von der Registerform ab. Zwar sei das Wort Artiste benutzt, aber
durch die Hinzufügung des Namens Eugène vor dem Wort Perma entstehe ein neuer
Gesamtbegriff, dem der Verkehr eine eigenständige maßgebend kennzeichnende Wirkung
Als unschädlich hingegen für den Nachweis der Benutzung sah der Senat in dem Verfahren
die Benutzungsform der Widerspruchsmarke „Camit® for
Windows™" und „ACCU-CHEK® Camit® Pro" an. Das TM-Zeichen nach dem Wort
Windows weise lediglich auf die Kompatibilität mit Windows Software hin und
beeinträchtige daher den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht. In der zweiten
Benutzungsweise sei die eigenständige Zweitmarke ACCU-CHEK vom Markenwort
hinreichend abgesetzt und "Pro" nur ein allgemein übliches, auf eine professionelle Software
Version hinweisendes rein beschreibendes Kürzel. Im Endergebnis war vom Senat im
Hinblick auf alle miteinzubeziehenden Faktoren Verwechslungsgefahr angenommen worden.
2. Allgemeine
Grundsätze
Es ergaben sich hierbei keine Neuerungen. Die Rechtsprechung hielt an den bisherigen
Grundsätzen fest. Vermehrt kam allerdings in den Beschlüssen die Entscheidung des EuGH
Thomson Life / Life
zum Tragen, insbesondere wenn in einer der beiden sich
gegenüber stehenden Marken ein Firmenkennzeichen enthalten war. Dabei wurde jedoch
nicht die Auswirkung der EuGH-Rechtsprechung auf die Prägetheorie des BGH
problematisiert, sondern nach den bisher bereits angewandten Grundsätzen verfahren. Die
vorangegangene Rechtsprechung im Bundespatentgericht376 hatte unabhängig von dem
374 Beschl. v. 22.2.2005 - 24 W (pat) 329/03, für jeweilige Waren der Klasse 9. 375 EuGH Rs. C-120/04, GRUR 2005, 1042 = WRP 2005, 1505 - THOMSON LIFE; vgl. dazu Rohnke,
376 Beschl. v. 24.9.2003 - 29 W (pat) 12/03, Mitt. 2004, 316 (Ls.) - XtraEasy.
BPatG Jahresbericht 2005
Diktum des EuGH bereits in ähnlicher Weise auf die Selbständigkeit des hinzugefügten
Bestandteils bzw. auf sein Aufgehen in einem neuen Gesamteindruck abgestellt.
Für verwechselbar wurden gehalten:
„OKTOBIERFEST" mit „OKTOBERFEST-BIER"377: Der bei der angegriffenen Marke
eingeschobene Vokal "i" – woraus sich das Wortspiel ergebe - falle erst bei näherer
Betrachtung auf, so dass der Verkehr von einer Identität der Zeichenworte Oktoberfest
ausgehe. Das Wort Bier werde lediglich als Warenhinweis in der älteren Marke gesehen und
sei beim Zeichenvergleich zu vernachlässigen.
DAX-Trail" mit „DAX"
: Die Zeichen seien angesichts der erhöhten Kennzeichnungskraft
der Widerspruchsmarke infolge intensiver Benutzung, -
ohne dass diese sich zur
Gattungsbezeichnung entwickelt hätte - verwechselbar. Bei Dienstleistungen, die eng mit
einem Wertpapierindex zusammenhingen, werde die angegriffene Marke im Gesamteindruck
von dem Bestandteil DAX geprägt. Da „Trail" in Bezug auf Index- und wertpapierbezogene
Dienstleistungen eine rein beschreibende Bedeutung aufweise, könne dieser Bestandteil nicht
miteinbezogen werden.
MYJUNIOR" mit „MEY"
: Der Senat ging davon aus, dass die Marken miteinander in
Verbindung gebracht würden wegen der hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
MEY und der Tatsache, dass diese klanglich nur als das englische Possessivpronomen „my"
verstanden werde. Daraus folge ein begriffliches Verständnis der jüngeren Marke im Sinne
einer Linie für Jüngere, und sie werde der Widersprechenden zugerechnet. Zur gleichen
Entscheidung gelangte der Senat in dem Verfahren „VOLLMER'S TEEGARTEN" gegen
„Mystia" mit „MYSTERY"381: Angesichts der Warenidentität sei die Markenähnlichkeit zu
groß. Trotz klanglicher und schriftbildlicher Unterschiede bestehe zwischen beiden Marken
377 Beschl. v. 13.7.2005 - 28 W (pat) 165/04, für Bier, Mineralwasser …, Fruchtsäfte; alkoholische Getränke
(ausgenommen Bier); Planen und Organisieren von Festen, Empfängen; Catering; Unterbringung von Gästen; Verpflegung von Gästen in Restaurants ./. Bier, Mineralwasser . Fruchtsäfte . Verpflegung von Gästen, musikalische Vorführung.
378 Beschl. v. 22.2.2005 - 33 W (pat)
74/03, für Finanzwesen; Effektenvermittlung; Wertpapierhandel,
Investmentgeschäfte, Verwaltung von Aktien und Immobilienfonds ./. u. a. Finanzwesen, insbesondere Dienstleistungen einer Börse, etc, MarkenR 2005, 354.
379 Beschl. v. 20.5.2005 - 27 W (pat) 342/03, für Bekleidungsstücke etc." ./. gestrickte und gewirkte Leibwä-
380 Beschl. v. 15.6.2005 - 32 W (pat) 144/03, für Tee ./. medizinische Tees. 381 Beschl. v. 12.7.2005 - 24 W (pat) 74/04, für jeweils Parfümeriewaren, Mittel zur Körper- und Schönheits-
BPatG Jahresbericht 2005
eine deutliche Annäherung begrifflicher Natur in Richtung Mysterien und mysteriös. Damit
gehörten sie zum selben Begriffsspektrum und zur selben Gefühlswelt.
Keine Verwechslungsgefahr wurde angenommen für:
„Be Inspired" mit „Inspiré"382: Hier war wegen der unterdurchschnittlichen
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke – das Adjektiv „inspiré" sei häufig in
Verbindung mit den beanspruchten Waren vorkommend - der erforderliche Abstand durch
das zusätzliche Wort "Be" in der jüngeren Marke für eingehalten angesehen worden. Das
Zeichenelement „Be" entfalle nicht, denn es ergebe sich mit ihm eine zusammengehörige
begriffliche Gesamtaussage im imperativischen Sinne.
„Pantohexal" mit „PANTO"383 und „Pantogast" mit „PANTO"384: Der Bestandteil „Panto"
komme als allein prägender und damit kollisionsbegründender Bestandteil nicht in Frage,
denn aufgrund der Übung in der Branche seien aus der Sicht des Fachverkehrs die ersten
Bestandteile in diesem Warengebiet dazu bestimmt, ein Produktmerkmal anzudeuten und sich
erst einen weiteren vorhandenen Markenbestandteil als herkunftshinweisend einzuprägen.
Deshalb sei von einem Gesamtbegriff auszugehen. Zur Begründung mittelbarer
Verwechslungsgefahr komme die große Anzahl von „Panto"-Marken der Widersprechenden
deshalb nicht in Frage, weil auch andere Hersteller diesen Bestandteil hätten und „Panto"
wegen des deutlichen Hinweises auf den Wirkstoffnamen originär wenig
unterscheidungskräftig sei.
little brother" mit „Big Brother"
: Da die ältere Marke ihre Bedeutung aus dem Roman
von George Orwell „1984" habe und damit als Gesamtbegriff zu beurteilen sei, könne dem
Bestandteil „brother" keine selbständige Bedeutung zukommen. Die Marken seien auch nicht
miteinander in Verbindung zu bringen, da es sich bei „Brother" nicht um ein Stammzeichen
der Inhaberin der Widerspruchsmarke handele.
382 Beschl. v. 25.1.2005 - 24 w (pat) 69/04, jeweils für Parfümeriewaren, Mittel zur Körper- und
Schönheitspflege.
383 Beschl. v. 20.1.2005 - 25 W (pat) 191/02, jeweils für pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeug-
nisse; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke gegenüber Humanarzneimittel, nämlich Magen-/ Darmpräparate; Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt, Az. I ZB 54/05.
384 Beschl. v. 20.1.2005 - 25 W (pat) 5/04. 385 Beschl. v. 27.6.2005 - 30 W (pat) 233/03, für transportable begehbare Kleinbauten, Pavillons, Stahlhallen
etc. /. zahlreiche Waren und Dienstleistungen.
BPatG Jahresbericht 2005
Für verwechselbar wurden gehalten:
Bei Ähnlichkeit der Dienstleistungen und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke hielt der Senat die Bildmarken zwar nicht für identisch, aber für
erheblich übereinstimmend. Die Verwendung des @ mit einem Haus sei der eigentümliche
Aussagegehalt beider Marken. Da Übereinstimmungen im Erinnerungsbild besser haften als
Abweichungen, werde auch dies in Erinnerung bleiben, ohne dass die dabei bestehenden
Abweichungen in der konkreten Ausgestaltung ausreichend präsent blieben.
Eine Verwechslungsgefahr wurde verneint für:
„Adler"
mit „Vogel"
387: Die beiden Marken wichen trotz
gemeinsamer Merkmale im Gesamteindruck stark voneinander ab. Die Widerspruchsmarke
erschöpfe sich in der Abbildung eines vogelartigen Wesens, ohne dass sich dieser Abbildung
eine spezifische Vogelgattung entnehmen lasse. Die jüngere Marke hingegen stelle einen
Raubvogel im heraldischen Habitus dar, der dem ehemaligen Reichsadlers als Wappentier
„Teekanne"
386 Beschl. v. 14.10.2005 – 33 W (pat) 341/02, für Klasse 35, 36, 38 gegen Klasse 9, 16, 35, 36, 38, 41. 387 Beschl. v. 24.8.2004 - 27 W (pat) 266/03, für jeweils Bekleidungstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckung. 388 Beschl. v. 13.7.2005 - 32 W (pat) 235/03, jeweils eingetragen für u.a. Tee.
BPatG Jahresbericht 2005
Die jeweiligen Ausformungen der Kannen seien deutlich zu unterscheiden. Motivschutz
begründe rechtlich nicht die Verwechslungsgefahr. Da sich in der jüngeren Marke kein
Charakteristikum finde, das in den älteren Bildmarken enthalten sei, könne auch nicht von
mittelbarer Verwechslungsgefahr aufgrund eines Serienzeichens ausgegangen werden.
Diese seien nämlich voneinander auch jeweils deutlich unterschiedlich ausgestattet und
wiesen keine Gemeinsamkeit auf.
Das Zahnrad als übliches Symbol für Technik und der Paragraf als häufiger Hinweis für
Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Justiz seien kennzeichnungsschwach. Der Schutz
beschränke sich daher auf die konkrete Darstellung und Ausgestaltung. Da sich die
Ähnlichkeit der Zeichen aber auf die nicht schutzfähige Paragrafendarstellung beziehe und
zum werbeüblichen Formenschatz die kreisförmige Form des Gesamtzeichens gehöre, sei die
Ausgestaltung im Übrigen hinreichend unterschiedlich. Das Paragrafensymbol könne auch
nicht als begriffliche Klammer für beide Zeichen gelten, da es für die beanspruchten
Dienstleistungen schutzunfähig sei.
Die Verwechslungsgefahr wurde verneint für:
390. Selbst bei unterstellter selbständiger Schutzfähigkeit des
Wortes „Autfit" innerhalb der jüngeren Marke sei angesichts der geringen
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke trotz der Identität der Dienstleistungen der zu
fordernde mittlere klangliche Abstand der Marken voneinander eingehalten. Ein Verhören sei
389 Beschl. v. 1.2.2005 - 24 W (pat) 286/03, für Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Rechtsbera-
tung, Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung ./. u.a. betriebswirtschaftliche Beratung und Organisationsbe-ratung etc.; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Aus- und Weiterbildung; Dienstleistungen eines In-genieurs, Physikers und/oder Chemikers etc., insbes. in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschut-zes.
390 Beschl. v. 11.5.2005 - 26 W (pat) 215/02, für Fahrzeugaufbereitung etc. /. Waschen von Kfz,
Unfallinstandsetzungsarbeiten etc.
BPatG Jahresbericht 2005
nämlich wegen des begrifflichen Unterschieds zwischen „Autfit", das dem englischen Wort
„outfit" gleiche, und „Autofit" aufgrund des eingeschobenen deutlichen Vokals „o" in der
Widerspruchsmarke ausgeschlossen.
„Weiß-blau" mit
Das Wort Steiner als Familienname und Name der Brauerei sei ein Herkunftshinweis, der im
Bereich der beanspruchten Waren von Bedeutung und daher nicht als in den Hintergrund
tretend zu vernachlässigen sei.
Der Senat ging aus von stark erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke,
verneinte dann jedoch Markenähnlichkeit. Die jüngere Wort-/Bildmarke weise mit dem
Wortbestandteil HILD I SAN keine Ähnlichkeit mit dem Begriff Klosterfrau auf.
Verwechslungsgefahr käme nur dann in Betracht, wenn die jüngere Marke in ihrem
Gesamteindruck allein von dem Bildbestandteil geprägt wäre und der Begriff Klosterfrau
die nahe liegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung dieses konkreten Bildes
darstellen würde. Der Bildbestandteil der jüngeren Marke lasse verschiedene Benennungen
zu, wie zB Kräuterfrau, Nonne oder Frau mit Kräutern.
391 Beschl. v. 23.3.2005 - 26 W (pat) 254/02, für alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte etc.
./. Hefeweißbier und alkoholreduziertes . Hefeweißbier aus Stein an der Traun.
392 Beschl. v. 23.11.2004 - 24 W (pat) 132/03, für Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege,
diätetische Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke etc. /. Melissengeist.
BPatG Jahresbericht 2005
Allein zur Kollision geeignet seien die Ballons. Die Wortbestandteile träten dahinter zurück.
Die Bildelemente wiesen jedoch erhebliche Unterschiede auf: Die angegriffene Marke
bestehe aus zwei im Design unterschiedlichen Ballons und weise dreidimensionalen
Charakter in Licht- und Schatteneffekten auf.
Selbst bei Identität der Waren und hoher Kennzeichnungskraft der älteren Marke habe der
linke Swoosh in der jüngeren Marke keine Alleinstellung.
Der Senat hielt die Zeichen nicht für verwechselbar unter dem Gesichtspunkt, dass trotz
Klangidentität der Verkehr jedenfalls zum Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke
lediglich an eine Serie gewöhnt war, in welcher der Stammbestandteil der
Widerspruchsmarke eine besondere Gestaltung aufwies, nämlich das sog. Sparkassen-S. Er
bezog insoweit auch mit ein, dass die erhöhte Kennzeichnungskraft des geltend gemachten
Stammbestandteils S in einfacher Schreibweise bestritten worden war und der vermeintlich
gleiche Bestandteil der angegriffenen Marke einen dienstleistungsbezogenen Sinngehalt habe.
393 Beschl. v. 1.3.2005 - 33 W (pat) 60/04, für Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung etc. /.
Beratung und Unterstützung in Bezug auf Geschäftsführung und Organisation, Marketing, Unterneh-mensberatung, Immobilienvermittlung für Versicherungsmaklergeschäfte etc.
394 Beschl. v. 14.6.2005 - 27 W (pat) 209/03, für Waren der Klasse 25, 3 etc. /. Klasse 18, 25 und 8 395 Beschl. v. 3.5.2005 - 33 W (pat) 87/03, für jeweils Finanzwesen, Rechtsbeschwerde zugelassen und
eingelegt, Az. I ZB 106/05, Mitt. 2005, 561,
BPatG Jahresbericht 2005
Für verwechselbar wurden gehalten:
Ausgehend von einem mittleren bis größeren Abstand zwischen den gegenseitigen Waren und
Dienstleistungen und bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei
der zu fordernde mittlere Abstand der Zeichen voneinander nicht gewahrt. Der
Gesamteindruck der Widerspruchsmarke werde von dem Wort Dom geprägt. Kölsch sei als
Bezeichnung für die Art der Waren erkennbar, weshalb sich der größte Teil des Publikums
ausschließlich am Wort Dom orientieren werde. Dieses gelte auch für den Gesamteindruck
der jüngeren Marke.
Zwar weiche der Gesamteindruck deutlich voneinander ab, die Übereinstimmungen lägen
aber in gedanklicher und begrifflicher Hinsicht vor bei identischen bzw. ähnlichen Waren.
Formel 1 stehe nämlich klanglich den Begriffen Formula 1 gegenüber. Die Bildbestandteile
könnten nicht verhindern, dass es bei der Benennung der Marken mit F 1 Formel 1 bzw. F 1
Formula 1 verbleibe.
396 Beschl. v. 8.3.2005 - 24 W (pat) 316/03, für Verpflegung, Beherbergung von Gästen gegenüber Bier. 397 Beschl. v. 20.4.2005 - 27 W (pat) 47/02, für Waren der Klasse 3, 14 und 26 ./. Waren der Klasse 4, 9, 16,
18, 25, 28, 38 und 41.
BPatG Jahresbericht 2005
V. Verfahrensrecht
Kosten und Gebühren
In einem Verfahren398, in dem der Anmelder auf Grund einer Änderung der Klasseneinteilung
unzureichende Klassengebühren für die von ihm in der Anmeldung in Anspruch genommenen
Waren- und Dienstleistungsklassen eingezahlt hatte, brachte der Senat seine Zweifel zum
Ausdruck, ob die Auslegung von § 36 Abs. 3 MarkenG, wonach die seitens des Anmelders zu
treffende Bestimmung der von den nicht ausreichenden Gebühren gedeckten Waren- oder
Dienstleistungsklassen innerhalb der gesetzlichen Frist des § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG und
nicht innerhalb einer vom Patentamt bestimmten Frist i.S.v. § 6 Abs. 3 Satz 1 MarkenG zu
erfolgen habe, richtig sei. Er stellte fest, dass die Bestimmung der gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1
MarkenG für das weitere Verfahren maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsklassen vom
Anmelder nicht ausdrücklich erfolgen müsse, sondern auf einen entsprechenden Willen auch
aus dem Gesamtzusammenhang der abgegebenen Erklärungen, insbesondere den
eingereichten Anmeldungsunterlagen geschlossen werden könne.
Zur Bestimmung des Gegenstandswertes in einem Akteneinsichtsverfahren399 wurde
festgestellt, dass dieser wie beim Widerspruchsverfahren am wirtschaftlichen Interesse an der
von der Akteneinsicht betroffenen Marke zu bemessen sei und nicht am wirtschaftlichen
Interesse des Dritten400. Akteineinsicht sei lediglich eine vorbereitende Maßnahme für ein
Hauptverfahren. Der Gegenstandswert müsse erheblich geringer angesetzt werden als der des
Hauptverfahrens, nämlich mit 2.500 Euro.
Die Rechtsprechung zur Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe im Verfahren vor dem
BPatG in Markensachen ist, soweit es Löschungsverfahren betrifft, nicht einheitlich401, so
dass dieses Problem als noch nicht letztendlich geklärt angesehen werden kann. Im
Berichtszeitraum wurde wiederum ein solcher Antrag eines Beschwerdeführers, der sich als
Markeninhaber gegen einen Löschungsantrag nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG zur Wehr
setzte verworfen und aufgrund des unstatthaften Antrags auf Verfahrenskostenhilfe die
398 Beschl. v. 22.2.2005 - 24 W (pat) 120/04, GRUR 2006, 172 = MarkenR 2005, 360 - Unzureichende
Klassengebühren.
399 Beschl. v. 1.2.2005 - 24 W (pat) 65/02. 400 PatG GRUR 1992, S. 854 – Streitwert Akteneinsicht. 401 Keine Verfahrenskostenhilfe im Eintragungsverfahren: Beschl. v. 7.11.2002 - 25 W (pat) 124/02; der
BGH bejahte sie für das Rechtsbeschwerdeverfahren GRUR 1999, 998. Im Löschungsverfahren finden sich divergierende Entscheidungen des BPatG: ja GRUR 2003, 728 - Ü 30-party; nein GRUR 2002, 735 - WEBSPACE; dazu kritisch: Fezer § 82 Rdn. 3 und 4: Ingerl/Rohnke § 82 Rdn. 2.
BPatG Jahresbericht 2005
Beschwerde als nicht eingereicht behandelt402. Für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe
fehle es an einer gesetzlichen Grundlage, denn der Gesetzgeber habe sie weder im
Markengesetz noch in sonstigen Vorschriften geregelt, obwohl ihm dieses Problem im
Gesetzgebungsverfahren bewusst gewesen sei.
Beteiligtenwechsel im Widerspruchsverfahren
Problem im Verfahren zur Zurückweisung des Zeichens
403 des Landesverbandes
des Deutschen Gewerkschaftsbundes war, dass zunächst die nicht rechtsfähige Gewerkschaft
angemeldet hatte. Das Eintragungshindernis der fehlenden Markenrechtsfähigkeit nach § 7
i. V. m. § 36 Abs. 5 MarkenG war im Laufe des Eintragungs- und Beschwerdeverfahrens
entfallen, weil die angemeldete Marke auf den rechtsfähigen Landesverband des Deutschen
Gewerkschaftsbundes übertragen worden war. Der Senat stellte fest, dass die Marke mit
Einverständnis des neuen Anmelders mit dem Zeitraum des Wegfalls des Schutzhindernisses
entsprechend § 37 Abs. 2 MarkenG eingetragen werden könne.
3. Sonstiges
Zur Zurückverweisung nach § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG führte ein Verfahren, in dem der
Anmelder für das Zeichen „
die Priorität zweier europäischer
Patentanmeldungen in Anspruch genommen hatte. Die Markenstelle hatte isoliert in einem
Beschluss die Unzulässigkeit dieser Prioritätserklärung festgestellt. Im Beschwerdeverfahren
lautete der Antrag auf Aufhebung des Beschlusses und Eintragung der Marke unter
Beanspruchung der Prioritätsrechte. Der Senat kam zu dem Ergebnis, dass das Amt zwar
materiell-rechtlich richtig über die Unzulässigkeit der Prioritätsansprüche entschieden hatte,
nicht jedoch über die Auswirkung im Rahmen der gesamten Prüfung der Anmeldung. Die
Rechtsfolgen einer unwirksamen Prioritätserklärung seien gesetzlich nicht geregelt. Eine
Verwirkung des Prioritätsanspruchs nach § 34 Abs. 3 Satz 4 MarkenG trete nur ein, wenn der
Anmelder die für die Inanspruchnahme des Prioritätsrechts vorgesehenen Förmlichkeiten
nicht oder nicht fristgemäß erfülle. Einer ausdrücklichen Feststellung der Verwirkung bedürfe
402 Beschl. v. 27.9.2005 - 24 W (pat) 272/04. 403 Beschl. v. 11.5.2005 - 32 W (pat) 191/03, GRUR 2005, 955 = MarkenR 2005, 416 - Courage. 404 Beschl. v. 13.7.2005 - 29 W (pat) 187/03, für Druckereierzeugnisse, Materialbearbeitung, insbes. Motten-
schutzbehandlung von Teppichen.
BPatG Jahresbericht 2005
es nicht. Sei aber, wie im vorliegenden Verfahren, ausdrücklich die Eintragung der Marke
verlangt, so sei das Amt bei seiner Entscheidung über die Schutzrechtserteilung als einen
mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt an diesen Antrag gebunden und müsse über die
Anmeldung insgesamt entscheiden. Halte es die Prioritätsinanspruchnahme für unzulässig, so
hätte es die Anmeldung insgesamt nach § 36 Abs. 4 MarkenG zurückweisen müssen.
war im Laufe eines Widerspruchsverfahrens durch Beschluss des
Bundespatentgerichts mit Rechtskraft vom 4.
2003 gelöscht worden. Am
15. September 2003 war ihre Wiedereintragung beim DPMA beantragt worden unter Vorlage
einer entsprechenden Einwilligungserklärung der ursprünglich Widersprechenden vom
12. Juli 2003. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung dieses Antrags war erfolglos. Eine
außergerichtliche Einwilligungserklärung der ursprünglichen Widersprechenden rechtfertige
eine Registeränderung über § 44 PatG hinaus nicht, denn sie könne – unabhängig von
einzuhaltenden Fristen – die nach § 44 Abs. 3 MarkenG vorgesehene Entscheidung eines
Gerichts – möglicherweise eines gerichtlichen Vergleichs - nicht ersetzen. § 44 sei als
Ausnahmeregelung eng zu verstehen, und verbiete es, die Wirkung rechtskräftiger
Entscheidungen in das Belieben der Beteiligten zu stellen.
In dem Verfahren der Wort-/Bildmarken
406 wurde es für
zulässig gehalten, dass das mit der nationalen Marke – die zwischenzeitlich gelöscht worden
war - zulässigerweise erhobene Widerspruchsverfahren auf der Basis der identischen
Gemeinschaftsmarke weitergeführt werde und zwar auf der Grundlage von Art. 34 Abs. 1
GMVO. Zu den der Widersprechenden aufgrund dieser Regelung zustehenden "Rechten"
gehöre auch, ein aufgrund der nationalen Marke eingeleitetes nationales
Widerspruchsverfahren ohne Verlust hierdurch erlangter Rechtspositionen mit der identischen
Gemeinschaftsmarke übergangslos weiterzuführen, weil durch die Ankoppelung der
nationalen Marke an die identische Gemeinschaftsmarke die nationale Rechtsposition
akzessorisch mit der Gemeinschaftsmarke verknüpft sei407.
405 Beschl. v. 21.6.2005 - 33 W (pat) 258/04. 406 Beschl. v. 20.9.2005 – 27 W (pat) 106/04 Bekleidungsstücke gegenüber Bekleidungsstücke. 407 Anders wurde der Fall jedoch beurteilt, wenn es sich um den Widerspruch aus einer nach Ablauf der
Widerspruchsfrist umgewandelten Gemeinschaftsmarke in eine nationale Marke handelte, Jahresbericht BPatG 2004 GRUR 2005, 289,304.
BPatG Jahresbericht 2005
Für Anträge auf Akteneinsicht in die Akten zurückgenommener und zurückgewiesener
Markenanmeldungen sei §
1 MarkenG ebenfalls anwendbar, entschied der
24. Senat408. Das berechtigte Interesse liege vor bei einer zurückgenommenen
Markenanmeldung, wenn deren Priorität für eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung in
Anspruch genommen worden sei und der Antragsteller aus dieser abgemahnt worden sei.
Marianne Grabrucker , Elisabeth Fink
408 Beschl. v. 13.12.2005 - 24 W (pat) 166/04 *
Vorsitzende Richterin am BPatG, München
Richterin am BPatG, München.
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
Geschäftsbericht 2005
A. Überblick
Durch das Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen
Eigentums vom 13. Dezember 2001 erhielt das Bundespatentgericht mit Wirkung vom
2002 in zwei Bereichen neue Kompetenzen, die zunächst bis zum
2004 befristet waren. Das Gericht wurde für Einsprüche gegen
Patenterteilungen zuständig (§ 147 Abs. 3 PatG), und gleichzeitig wurde in Markenverfahren
eine erleichterte Beschwerdemöglichkeit geschaffen (§ 165 Abs. 4 bis 6 MarkenG). Mit
diesen Gesetzesänderungen sollte das Deutsche Patent- und Markenamt beim Abbau von
Bearbeitungsrückständen unterstützt werden, die in den vorangegangenen Jahren aufgrund
steigender Eingangszahlen und eines gleichzeitigen Personalabbaus entstanden waren.
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer
Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes vom 9. Dezember 2004 die Zuständigkeit des
Bundespatentgerichts für Einsprüche gegen Patenterteilungen bis 30. Juni 2006 verlängert.
Die erweiterte Zuständigkeit des Bundespatentgerichts in Marken-Beschwerdesachen endete
dagegen zum 31. Dezember 2004. Der Wegfall dieser markenrechtlichen Zuständigkeit führte
im Berichtsjahr zu einem starken Rückgang der Eingänge im Bereich der Marken-
Beschwerdesenate. Im Jahr 2005 gingen 1.496 Beschwerden ein, im Vorjahr waren es 2.471
Die Nichtigkeitssenate hatten dagegen im vergangenen Jahr mit 225 Eingängen in
Hauptverfahren ein höheres Aufkommen als 2004 (200). Die Eingangszahlen bei den
technischen Beschwerdesenaten lagen bei den Hauptverfahren mit 1.742 ebenfalls höher als
im vergangenen Jahr (1.679). Insgesamt sind bei den technischen Beschwerdesenaten in den
vergangenen vier Jahren 3.414 Beschwerdeverfahren eingegangen, in den Jahren 1998 bis
2001 waren es 3.399 Verfahren. Dazu kamen bis Ende 2005 aufgrund der befristeten
Sonderzuständigkeit des Gerichts 3.125 Einspruchsverfahren. Bis zum Auslaufen dieser
Zuständigkeit am 30. Juni 2006 ist diesem Bereich kein Rückgang der Eingänge zu erwarten,
sodass die technischen Beschwerdesenate weiterhin besonders stark belastet sein werden.
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
Für das Gericht insgesamt liegt die Zahl der Eingänge mit 4.366 niedriger als im Vorjahr
(5.123). Im Vergleich zu den Jahren bis 2001 sind die Eingänge allerdings immer noch relativ
hoch. Die Gesamtzahl der Eingänge teilt sich auf in 3.606 Hauptverfahren (2004: 4.478) und
760 Nebenverfahren (2004: 645), wobei zu den Letzteren insbesondere Erinnerungsverfahren
(etwa gegen Kostenfestsetzungen) und Akteneinsichtsverfahren gehören.
Die Zahl der Erledigungen lag im Berichtsjahr bei insgesamt 4.388 Verfahren (2004: 4.309)
in Haupt- und Nebensachen. Im Bereich der Marken-Beschwerdesenate konnte aufgrund der
zurückgegangenen Eingangszahlen die Zahl der anhängigen Hauptverfahren erheblich,
nämlich auf 3.123 (2004: 3.909) reduziert werden. Bei den Nichtigkeitssenaten waren zum
Ende des Berichtsjahrs 329 (2004: 287) Hauptverfahren anhängig. Aufgrund der hohen
Eingangszahlen bei den technischen Beschwerdesenaten ist die Zahl der anhängigen
Hauptverfahren dort erneut erheblich angestiegen, auf nunmehr 3.791 Verfahren (2004:
Die durchschnittliche Dauer der Hauptverfahren, die durch Sachentscheidungen oder
Vergleiche erledigt wurden, hat sich im Geschäftsjahr für alle Senate auf durchschnittlich 22
Monate (2004: 19 Monate) erhöht. Die Zahl der Hauptverfahren, die sich auf andere Weise
erledigt haben, lag bei 49 % (2004: 47 %).
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
B. Statistiken
Geschäftsentwicklung im Jahr 2005 im Bereich der Hauptverfahren
Bestand: 1.1.
Nichtigkeitssenate
Technische Beschwerdesenate insg.
3.078 1.742 1.029 3.791
- davon Beschwerdeverfahren
- davon Einspruchsverfahren
Beschwerdesenat für Sortenschutz
Marken-Beschwerdesenate
3.909 1.496 2.282 3.123
(einschl. Beschwerdeverfahren gem. § 165 Abs. 4, 5 MarkenG)
Juristischer Beschwerdesenat
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
Vergleich der Eingänge von Hauptverfahren in den Jahren 2004 und 2005
Beschwerdesenate
Die Tabelle auf Seite 139 gibt einen Überblick über die Entwicklung der Hauptverfahren in
den vergangenen sechs Jahren. Die entsprechende Entwicklung bei den Nebenverfahren ist in
der Tabelle auf Seite 140 dargestellt
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
Verteilung der Eingänge 2005
Juristischer Beschwerdesenat
Beschwerdesenate
Nichtigkeitssenate
6,2 %
(2004: 4,5 %)
Gebrauchsmuster- Beschwerdesenat
Technische Beschwerdesenate
2,2 %
2004: 1,6 %)
48,3 %
(2004: 37,5 %)
Dabei betrafen bei den Marken-Beschwerdesenaten 30 Eingänge neue Markenformen (2004:
62). Diese verteilen sich wie folgt:
- abstrakte Farbmarken
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
Bestand der am Jahresende anhängigen Hauptverfahren 2001 – 2005
Gegenüberstellung der Verfahrensbeendigungen
oder gerichtlichenVergleich
Beschwerdesenate Beschwerdesenat
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
Durchschnittliche Verfahrensdauer bei den Senaten
Nichtigkeitssenate
Technische Beschwerdesenate
Marken-Beschwerdesenate
Juristischer Beschwerdesenat
Verfahrensdauer 2001 – 2005 aufgeschlüsselt nach Geschäftsjahren
Beschwerdesenate
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
C. Rechtsmittel
Berufungen und Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen des Bundespatentgerichts
Im Berichtsjahr wurde gegen 61 Nichtigkeitsurteile des Gerichts Berufung eingelegt (2004:
63). Das Bundespatentgericht hat in 36 Verfahren (2004: 31) die Rechtsbeschwerde zum
Bundesgerichtshof zugelassen. Diese verteilen sich wie folgt :
- Technische Beschwerdesenate
- Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat
- Marken-Beschwerdesenate
- Juristischer Beschwerdesenat
In 26 dieser Fälle (2004: 16) haben die Verfahrensbeteiligten Rechtsbeschwerde eingelegt:
- Technische Beschwerdesenate
- Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat
- Marken-Beschwerdesenate
- Juristischer Beschwerdesenat
Die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde wurde in 11 Fällen (2004: 8) erhoben.
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
II. Rechtsmittelentscheidungen des Bundesgerichtshofs
Im Jahr 2005 entschied der Bundesgerichtshof über 31 Berufungsverfahren in
Patentnichtigkeitsverfahren (2004: 52). Von diesen Verfahren wurden 18 durch Urteil (2004:
20) abgeschlossen, die übrigen Verfahren erledigten sich auf sonstige Weise (beispielsweise
durch Vergleich oder Rücknahme der Berufung). In 9 der durch Urteil entschiedenen Fälle
wurden die erstinstanzlichen Entscheidungen des Bundespatentgerichts bestätigt. Die
Berufungsentscheidungen des Bundesgerichtshofs haben in 12 Fällen der Nichtigkeitsklage
stattgegeben und in 4 Fällen die Nichtigkeitsklage zurückgewiesen. In 2 Fällen kam es zu
einer Teilstattgabe.
Über die 20 zugelassenen Rechtsbeschwerden entschied der Bundesgerichtshof wie folgt :
Technische Beschwerdesenate
Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat 1 - -
Marken-Beschwerdesenate 5
Die Entscheidungen über die zulassungsfreien Rechtsbeschwerden ergingen wie folgt:
Beschwerdesenate
Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat - 1 -
Marken-Beschwerdesenate 1
Juristischer Beschwerdesenat
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
D. Personal
Zum Stichtag 31. Dezember 2005 hatte das Bundespatentgericht insgesamt 116 Mitglieder
i.S.v. § 65 Abs. 2 PatG (2004: 123). Diese Gruppe setzte sich zusammen aus 24 Richterinnen
und 92 Richtern (2004: 24 Richterinnen und 99 Richter), bzw. aus 54 technischen und aus
juristischen Mitgliedern (2004: 58
technische und 65
juristische Mitglieder). Der
Rückgang im Vergleich zum Vorjahr erklärt sich aus der Verzögerung einiger
Neueinstellungen. Im Januar 2006 sind dann fünf technische Richterinnen und Richter
ernannt worden und weitere Ernennungen juristischer und technischer Mitglieder stehen
Im Berichtsjahr wurden 3 Jurist(inn)en und 3 Techniker zu Richterinnen und Richtern am
Bundespatentgericht ernannt. Die Stellen der Vorsitzenden des 5. und 35., des 20., des 27.
und des 32. Senats wurden neu besetzt. Der Vorsitzenden des 27. Senats wurde der Vorsitz im
3. Senat übertragen. Die Vorsitzendenstelle des 11. Technischen Beschwerdesenats war am
Stichtag vakant.
Von den 116 Richterinnen und Richtern des Gerichts waren zwei Juristen an andere Stellen
abgeordnet, und zwar eine Juristin an den Bundesgerichtshof und ein Jurist an das
Bundesministerium der Justiz. Der Austausch mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit des
Freistaates Bayern (vgl. Jahresbericht 2003, S. 109, und Jahresbericht 2004, S. 119) wurde
fortgesetzt. Unverändert war im Berichtsjahr ein Richter des Landgerichts München I an das
Bundespatentgericht abgeordnet.
Drei juristische Richter waren am Stichtag beurlaubt, um Aufgaben bei der Weltorganisation
für geistiges Eigentum, beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt und beim
Europäischen Patentamt wahrzunehmen.
Zum Stichtag vom 31. Dezember 2005 gehörten 144 nichtrichterliche Bedienstete dem Bun-
despatentgericht an (2004: 137), 8 davon waren beurlaubt, 6 von diesen aufgrund von
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
Das Bundespatentgericht bildete im Berichtsjahr insgesamt sechs junge Menschen aus,
davon je zwei zu Verwaltungsfachangestellten, zu Fachangestellten für Medien- und
Informationsdienste und zu Fachangestellten für Bürokommunikation. Alle
Auszubildenden befanden sich am Stichtag 31.
Ausbildungsjahr. Mit dieser Ausbildungsleistung erfüllt das Bundespatentgericht die von
der Bundesregierung in der Bundesverwaltung angestrebte Ausbildungsquote von
7 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.
E. Ausbildung der Patentanwaltsbewerberinnen und -bewerber
Patentanwaltsbewerberinnen und -bewerber werden während ihrer Ausbildung jeweils für
sechs Monate dem Bundespatentgericht zugewiesen. Federführend für diese Ausbildung
im Ganzen ist das Deutsche Patent- und Markenamt. In den Jahren bis 2001 hatte sich die
Zahl der Patentanwaltskandidaten, die jährlich ihre Ausbildung beim Bundespatentgericht
durchlaufen, zwischen 90 und 110 bewegt. Nach einem abrupten Anstieg an zugewiesenen
Bewerbern im Jahr 2002 (186) ging diese Zahl im Jahr 2003 zunächst auf 141 zurück und
lag im Berichtsjahr mit 153 Bewerberinnen und Bewerbern erneut weit über dem früheren
Durchschnitt. Es ist damit zu rechnen, dass sich die Zahl der Patentanwaltsbewerberinnen
und -bewerber auch künftig in den Größenordnungen der letzten Jahre bewegen wird.
Anzahl der ausgebildeten Patentanwaltsbewerberinnen und -bewerber 2001 – 2005
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
Bei der derzeitigen Bewerberzahl wird dem Bundespatentgericht alle vier Monate jeweils eine
neue Gruppe von ca. 50 Bewerberinnen und Bewerber zugeteilt. Die Bewerberinnen und
Bewerber werden in kleinen Gruppen den verschiedenen Senaten zur Ausbildung zugewiesen.
Gleichzeitig unterrichten Richterinnen und Richter beim Bundespatentgericht jede
Bewerbergruppe in einer Vielzahl von Arbeitsgemeinschaften, die mit Rücksicht auf die
Größe der Gruppen alle doppelzügig geführt werden.
Von den 156 Prüfungsteilnehmern (2004: 157) haben im Berichtsjahr 149 Kandidatinnen und
Kandidaten, also 95,5 %, die Patentanwaltsprüfung bestanden (2004: 154 = 98 %).
Prüfungs-Erfolgsquote (%) in den Jahren 2001 – 2005
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
Dokumentation der Rechtsprechung
Im abgelaufenen Jahr wurden 65 Eilunterrichtungen über wichtige Entscheidungen des
Bundespatentgerichts (60) und des Bundesgerichtshofs (5) interessierten Stellen zugeleitet.
Zusätzlich sind alle Eilunterrichtungen unter dem Stichwort „Leitsätze" (unter dem
Menüpunkt „Entscheidungen") auch im Internet über die Homepage des Gerichts verfügbar
(www.bpatg.de). Einträge aus der Zeit bis zum 31. Dezember 2005 bleiben dort für ein halbes
Jahr nach Veröffentlichung eingestellt. Danach werden sie gelöscht, da zwischenzeitlich in
der Regel eine Veröffentlichung in der Fachpresse erfolgt ist.
Ein neuer elektronischer Dienst des Bundespatentgerichts besteht darin, dass alle ab 1. Januar
2006 ergehenden Entscheidungen im Volltext auf der Homepage des Gerichts veröffentlicht
werden (siehe unten bei „I. Öffentlichkeitsarbeit"). Mit Rücksicht auf diesen neuen Dienst
bleiben die Leitsätze für Entscheidungen aus der Zeit seit dem 1. Januar 2006 dauerhaft unter
dem Stichwort „Leitsätze" eingestellt.
Der Verein der Richter am Bundespatentgericht gibt die Sammlung „Entscheidungen des
Bundespatentgerichts" (BPatGE) heraus und hat in dieser Sammlung im Berichtsjahr 30
Entscheidungen veröffentlicht. Ferner wurden der Fachpresse im Berichtszeitraum 73 von den
Senaten ausgewählte Entscheidungen zur Veröffentlichung zugeleitet.
Auf der Grundlage des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der juris GmbH
geschlossenen Vertrages über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der automatisierten
Rechtsdokumentation gab die Dokumentationsstelle im Laufe des Jahres 704 Entscheidungen
der Senate dokumentarisch aufbereitet an die juris-Datenbank ab. Ergänzend wurden 695
Fundstellen von Entscheidungen des Gerichts in den einschlägigen Publikationsorganen und
693 Langtexte von bereits in der Datenbank enthaltenen Entscheidungen des Gerichts
nachgeführt. Somit werden im Berichtszeitraum ca. 32 % der ergangenen Sachentscheidungen
in der juris-Datenbank nachgewiesen. 71
% dieser Entscheidungen betreffen den
Markenbereich, 21 % die Technischen Beschwerdesenate, 4 % die Nichtigkeitssenate und
4 % die übrigen Bereiche.
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
Die Datenbank juris bietet Zugriff auf die von den Senaten dazu bestimmten Entscheidungen,
auf alle Entscheidungen, gegen die Rechtsbeschwerde zugelassen oder eingelegt ist, auf
Entscheidungen, die in den Jahresberichten seit 1995 zitiert sind, und auf alle Entscheidungen
des Bundespatentgerichts, die in den mehr als 600 von juris ausgewerteten Printmedien im
Laufe des Jahres publiziert wurden.
II. Interne Dokumentation
Nach Rechtsfragen geordnet wurden 65 ausgewählte Entscheidungen aller Senate und 9
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes für die hauseigene Rechtsprechungsdokumentation
aufbereitet. 1446 aus dem Deutschen Patent- und Markenamt neu zugegangene Akten und
1028 Erledigungen der Marken-Beschwerdesenate wurden für die hauseigene Marken-
Dokumentation ausgewertet.
Im zweiten Quartal des Berichtsjahres wurde als zweite Ausbaustufe des elektronischen
Markendokumentationssystems die Kartei der Kollisionsverfahren in das Gesamtsystem
integriert und in Betrieb genommen. Das System bietet umfangreiche Such- und
Retrievalfunktionen und ermöglicht von jedem Arbeitsplatz des Gerichts aus den direkten
Zugriff auf die Dokumentationsdaten aller Verfahren im Markenbereich. Zusätzlich werden
alle dazugehörigen Volltexte der Entscheidungen sowie Bildzeichen in Originalform
dargestellt, sie sind ebenso suchfähig. Ein spezielles Suchtool erlaubt die freie Suche nach
Bildinhalten. Die im vergangenen Jahr für den juristischen Beschwerdesenat eingerichtete
Datenbank mit seinen eigenen Entscheidungen hat sich im Praxisbetrieb bewährt und soll
2006 um die Entscheidungen aller mit technischen Sachverhalten befassten Senate erweitert
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
G. Bibliothek
Im Berichtszeitraum ist der Buchbestand der Bibliothek auf ca. 15 000 Titel angewachsen.
Für die Handbibliotheken der Richterschaft konnten mehrere wichtige Kommentarwerke in
großer Stückzahl beschafft werden. Die Bibliothek führt, teilweise in Mehrfachbezug, derzeit
129 fortlaufende Sammelwerke (Loseblattwerke, Jahrbücher etc.) und 187 laufende
Zeitschriften. Die Sondersammlung Produktkataloge umfasst derzeit 4 000 Kataloge und
Produktverzeichnisse aller Art.
Über den Austausch mit dem Deutschen Patent- und Markenamt gelangen 484
Zeitschriften in den gerichtsinternen Umlauf. In einer Kurzzeitauslage stehen fast alle in
der Bibliothek des Deutschen Patent- und Markenamts eingehenden Zeitschriftenhefte zur
Einsichtnahme zur Verfügung und ermöglichen es neben den Gerichtsangehörigen auch
allen Mitarbeitern der Markenabteilungen des Deutschen Patent- und Markenamts, sich
über den Inhalt von ca. 1 000 Zeitschriftentiteln aktuell zu informieren.
Die zur Unterstützung der Tätigkeit der Marken-Beschwerdesenate angelegte Wortschatz-
Datenbanken für die Bereiche Werbesprache/Werbeslogans und Trendwörter sind auf ca.
250 000 Einträge angewachsen.
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
H. Elektronischer
Rechtsverkehr beim Bundespatentgericht
Seit dem Inkrafttreten der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im gewerb-
lichen Rechtsschutz am 15. Oktober 2003 können beim Bundespatentgericht Dokumente zu
Nichtigkeitsverfahren in Patentsachen und zu Beschwerdeverfahren in Markensachen rechts-
wirksam auch elektronisch eingereicht werden. Neben dem Weg über die zentrale E-Mail
Adresse [email protected] stellt das Bundespatentgericht, ebenso wie der Bundes-
gerichtshof, dafür den „elektronischen Gerichtsbriefkasten" zur Verfügung, der bei sehr ein-
fachem IT-Aufwand (Webbrowser genügt) die Vorteile einer sicheren Übertragung (sicherer
als ein Telefax) fast aller gängigen Dateiformate und einer sofortigen elektronischen
Empfangsbestätigung bietet.
Aufbauend auf den bisherigen Erfahrungen plant das BPatG die Einführung eines einheit-
lichen IT-gestützten Vorgangsbearbeitungssystems (VBS) für die „Elektronische Gerichts-
und VerwaltungsAkte" (EGuVA), das die elektronische Registratur, die elektronische Akte
und die elektronische Vorgangsbearbeitung beinhaltet.
Der für die Bundesverwaltung geltende Standard für „Dokumentenmanagement und
elektronische Archivierung im IT-gestützten Geschäftsgang" ist das DOMEA®-Konzept 2.0
der Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik
(KBSt). Dieses DOMEA®-Konzept ist ein allgemeines Organisationskonzept, dessen
konkrete Umsetzung an die speziellen Bedingungen im BPatG angepasst werden muss. Dazu
bedarf es umfangreicher planerischer und konzeptioneller Vorarbeiten im BPatG im Rahmen
einer Pilotphase, deren Ergebnis ein Einführungskonzept für das VBS im BPatG ist.
Nach der Ist- und Zielanalyse liegen die derzeit erkennbaren BPatG-spezifischen
Anforderungen vor. Die Pilotphase im BPatG erfolgt in zwei Stufen:
In der 1. Stufe soll eine Testumgebung im BPatG aufgebaut werden. Nach gründlichem
Kennenlernen der Möglichkeiten des installierten VBS sollen realitätsnah unter Einbeziehung
der späteren Nutzer elektronische Gerichtsakten für verschiedene Bereiche (insbesondere für
Technische und Marken-Beschwerdesenate) modelliert und Verfahrensabläufe simuliert
werden. Hierbei wird die Einbindung der BPatG-Fachanwendung für die Verwaltung der
Gerichtsakten in das VBS erprobt. Außerdem soll ein organisationsbezogener Einführungstest
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
der elektronischen Verwaltungsakte in einer Organisationseinheit des BPatG erfolgen, um
Erfahrungen im Praxisbetrieb zu sammeln.
In der 2. Stufe soll das VBS auf weitere Organisationseinheiten des BPatG ausgeweitet
werden, wobei ein prozessorientierter Einführungstest für die elektronische Verwaltungsakte
geplant ist. Dieser Test soll einen hausweiten Einflüssen unterliegenden Vorgang zum
Gegenstand haben und Erfahrungen zur Vorgangsbearbeitung über Organisationseinheiten
hinweg erbringen. Ferner werden ausgewählte Gerichtsakten in der Praxis erprobt.
Diese beiden Einführungstests zur elektronischen Verwaltungsakte (vgl. die entsprechenden
Einführungsvorschläge der KBSt im DOMEA®-Konzept) bringen praktische Erfahrungen in
der täglichen Arbeit mit dem VBS. Im Rahmen der Pilotphase können bei Bedarf auch
weitere Bereiche bzw. Organisationseinheiten im BPatG Tests mit dem VBS durchführen.
I. Öffentlichkeitsarbeit,
Zusammenarbeit mit Partnern im In- und
Im Berichtsjahr lag ein besonderer Schwerpunkt der Öffentlichkeitsarbeit bei der Fortent-
wicklung des Internetauftritts des Gerichts. Im Juli wurde das bisherige äußere Erscheinungs-
bild der Webseite www.bpatg.de aufgegeben und durch eine völlig neue Gestaltung aller
Oberflächen ersetzt. Das Gericht freut sich mitteilen zu können, dass seine Webseite nach
Maßgabe der W3C-Standards vollständig barrierefrei ist.
Hinzu kamen die technischen und organisatorischen Vorbereitungen für eine fortlaufende
Veröffentlichung der Gerichtsentscheidungen im Internet. Dieser neue elektronische Dienst
wurde - nach dem Berichtsjahr - im März 2006 aufgenommen und wird seitdem auf der
Webseite des Gerichts unter dem Menüpunkt „Entscheidungen" zur Verfügung gestellt. Fort-
laufend erfasst wird die ganz überwiegende Zahl der verfahrensabschließenden richterlichen
Entscheidungen, beginnend mit dem Januar 2006. Für nicht kommerzielle Zwecke kann
dieser Dienst kostenlos in Anspruch genommen werden.
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
Nach vielen Jahren einer sehr guten Zusammenarbeit kam der Staatssekretär im Bundes-
ministerium der Justiz, Herr Prof. Dr. Geiger, im November 2005 zu einem Abschiedsbesuch
in das Bundespatentgericht, bevor seine Tätigkeit für das Bundesministerium der Justiz im
selben Monat endete.
Im Oktober 2005 hat der Gerichtspräsident Dr. Landfermann zusammen mit dem Vorsitzen-
den Richter Claus-Dieter Meinhardt und dem Richter Claus-Peter Brandt in Washington D.C.,
U.S.A., an der Vierten internationalen Richter-Konferenz über den gewerblichen Rechts-
schutz teilgenommen, die die Intellectual Property Owners Association in Kooperation mit
dem Court of Appeals for the Federal Circuit (CAFC) veranstaltet hat. Von den insgesamt 13
Federal Courts of Appeal hat der CAFC als einziger eine bundesweite Zuständigkeit und eine
exklusive sachliche Zuständigkeit für Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren in Patent- und
Markensachen sowie für die Überprüfung der Entscheidungen des U.S.-amerikanischen
Patent- und Markenamts.
Der erfolgreiche Erfahrungsaustausch zwischen dem Gericht einerseits und dem Obersten
Wirtschaftsgericht sowie der Bundesbehörde für geistiges Eigentum, Patente und Marken der
Russischen Föderation andererseits wurde fortgesetzt. Seit dem Jahr 2004 ist das russische
Patentamt der genannten Bundesbehörde unterstellt. Zusammen mit dem Obersten Wirt-
schaftsgericht veranstaltete das Bundespatentgericht im Juni 2005 in Moskau in Kooperation
mit dem Markenverband e.V. und unter Beteiligung der Deutschen Stiftung für internationale
rechtliche Zusammenarbeit (IRZ), Bonn, ein Seminar zum Markenrecht. Außerdem waren
Angehörige des Russischen Patentamts und russische Richter auf verschiedenen Veranstal-
tungen zu Gast beim Bundespatentgericht in München. Darüber hinaus hat das Gericht im
Berichtsjahr seine Kooperation im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes auf neue Partner
in der Russischen Föderation ausgedehnt: In Kooperation mit GRUR hat das Bundespatent-
gericht Anfang Oktober in Sankt Petersburg zusammen mit der dortigen Industrie- und
Handelskammer ein Seminar über die Erlangung und Durchsetzung bio- und gentechnologi-
scher Patente veranstaltet. Ende November 2005 nahmen Vertreter des Bundespatentgerichts
als Referenten an einer Klausurtagung in München teil, die die Deutsche Stiftung für inter-
nationale rechtliche Zusammenarbeit (IRZ), Bonn, in Kooperation mit dem Europäischen
Patentamt für hochrangige Mitglieder des Forschungszentrums für Privatrecht beim Präsi-
denten der Russischen Föderation veranstaltet hat. Thema der Tagung waren die Vorberei-
tungen des Forschungszentrums für den Entwurf für das 4. Buch des Russischen Zivilgesetz-
buches, das sich mit dem geistigen Eigentum befasst. Zu den russischen Teilnehmern gehörte
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
auch der Vorsitzende des Forschungszentrums für Privatrecht, Herr Weniamin Jakowlew, der
in seiner Eigenschaft als früherer Präsident des Obersten Wirtschaftsgerichts viele Jahre lang
Kooperations-Partner des Bundespatentgerichts gewesen ist.
Auch in anderen Bereichen der Kooperation des Gerichts mit Partnern im Bereich des
gewerblichen Rechtsschutzes im In- und Ausland kam es im Jahr 2005 zu einer überdurch-
schnittlichen Zahl von Kontakten. Zusätzlich zu den Veranstaltungen mit seinen russischen
Partnern hat das Gericht etwa weitere zwanzig Besuche für Gäste aus dem In- und Ausland
organisiert, darunter zum ersten Mal auch für Vertreter der Republik Usbekistan und der
Volksrepublik Vietnam. In den Begegnungen mit ausländischen Gästen ging es häufig um die
Vorbereitungen der entsprechenden Staaten für deren Beitritt zur WTO und zum TRIPS-
Unter dem Vorsitz des Gerichtspräsidenten, Dr. Hans-Georg Landfermann, hat am
14. Dezember 2005 erneut die internationale Arbeitsgruppe „Streitregelung" getagt, deren
Aufgabe es ist, die Schaffung einer besonderen Gerichtsbarkeit für die europäische Patent-
organisation vorzubereiten. Der von der Arbeitsgruppe ausgearbeitete Entwurf, das "European
Patent Litigation Agreement" (EPLA), hat sowohl bei den Regierungen der Mitgliedstaaten
als auch bei den interessierten Kreisen der Wirtschaft und der Anwaltschaft viel Zustimmung
Geschäftsbericht
BPatG Jahresbericht 2005
Gesamtstatistik über die Tätigkeit des Bundespatentgerichts
in den Jahren 2000 – 2005
Nichtigkeits-, Beschwerde- und Einspruchsverfahren
Nichtigkeits- Gebrauchs-
Beschwerde- Beschwerdesenate:
Beschwerde- Einspruchs-
Beschwerde- Beschwerde-
Verfahren
(ab Jan. '02) (soweit nicht gem. § 165
insgesamt:
MarkenG (gesondert
1-8)
14., 15., 17., 14., 15., 17.,
9
2000
eingegangen
189 71 93 751 - 2373 - 2 3479
2001
eingegangen
166 83 82 824 - 2002 - 1 3158
2002
eingegangen
163 67 63 798 584 2725 45 - 4445
2003
eingegangen
181 88 84 827 909 2368 696 - 5153
2004
eingegangen
200 73 55 869 810 1619 852 - 4478
2005
eingegangen
225 79 64 920 822 1496 - - 3606
BPatG Jahresbericht 2005
Geschäftsbericht
Verfahren außerhalb eines Hauptverfahrens
- ZA (pat) Verfahren -
Nichtigkeits- Gebrauchs-
Beschwerde- Beschwerdesenate:
Beschwerde- Einspruchs-
Beschwerde- Beschwerde-
Verfahren
(ab Jan. '02) (soweit nicht gem. § 165
insgesamt:
MarkenG (gesondert
1-8)
14., 15., 17., 14., 15., 17.,
9
2000
eingegangen
164 32 25 308 - 87 - - 616
2001
eingegangen
108 49 20 289 - 86 - - 552
2002
eingegangen
129 34 10 275 24 81 - - 553
130 36 10 271 24 84 - - 555
2003
eingegangen
119 79 - - 707
erledigt 140 39 12 306
110 78 - - 685
30 4 3 5 9 4 - - 55
2004
eingegangen
166 69 1 - 645
erledigt 143 31 17 223
172 67 1 - 654
26 2 5 4 3 6 - - 46
2005
eingegangen 189 46
erledigt 189 44 13 207
250 54 - - 757
26 4 1 8 6 4 - - 49
Source: https://www.bundespatentgericht.de/cms/media/Oeffentlichkeitsarbeit/Veroeffentlichungen/Jahresberichte/jahresbericht_2005.pdf
Pour l'accessibilité Pour combattre la pauvreté Pour l'amélioration de la santé Pour la maîtrise des coûts Pour une politique du médicament qui fait passer la santé de la population avant l'intérêt des compagnies pharmaceutiques Avril 2005 Table des matières Un document ministériel qui doit être revu
American Association of Avian Pathologists (AAAP) Position on the Judicious Use of Drugs Fed to Poultry and the Risks to Human Audience: AAAP Members and Veterinarians The American Association of Avian Pathologists (AAAP) is a professional organization of poultry veterinarians and scientists responsible for the health and well-being of commercial poultry, and the protection of public health. The AAAP fully supports antibiotic stewardship efforts and promotes the responsible use of antibiotics in food- producing animals. Upon graduation, veterinarians take a veterinary oath "to swear to use scientific knowledge and skills for the benefit of society through the protection of animal health and welfare, the prevention and relief of animal suffering"; therefore, animal welfare as well as judicious use of drugs is a priority.