Kapitel_5_04-10_pdf
Allergien und Asthma bei Kindern und Jugendlichen, das
5. Erkrankungen der unteren Atemwege
5. Erkrankungen der unteren Atemwege
5.1 Aufbau und Funktion der unteren Atemwege
5.2 Verengung der Atemwege
5.3 Obstruktive (spastische) Bronchitis
5.4 Asthma bronchiale
5.5 Entzündung der Lungenbläschen (Alveolitis)
5.6 Pseudocroup
Zunächst werden Sie etwas über den Aufbau und die Funktion der unteren Atemwege
erfahren. Anschließend werden die obstruktive Bronchitis, das Asthma bronchiale, die
Entzündung der Lungenbläschen (Alveolitis) und der Pseudocroup besprochen.
5.1 Aufbau und Funktion der unteren Atemwege
Nachdem die Einatemluft Nase und Rachen passiert hat, gelangt sie durch den
Kehlkopf und die
Luftröhre in die großen und kleinen
Bronchien. Die Bronchien zweigen sich
immer weiter auf und enden in den
Lungenbläschen (
siehe Abbildung 5-1). Dort fin-
det der eigentliche Gasaustausch statt: Sauerstoff (O2) wird ins Blut aufgenommen und
Kohlendioxid (CO2) an die Ausatemluft abgegeben. Die Bronchien bestehen aus einem
Anteil aus Knorpel, einer Muskelschicht und einer Schleimhautschicht mit Schleimdrüsen
und Flimmerhärchen. Die kleinen Bronchien haben keine Knorpelspangen mehr, sodass
sie leichter kollabieren können. Die Flimmerhärchen haben die Aufgabe, Fremdstoffe ab-
zufangen und sie mit dem Schleim wieder nach oben zu transportieren.
Die Bronchialschleimhaut stellt mit der Schleimhaut des Nasenrachenraums eine Einheit dar. Der Begriff "united airways" = "vereinigte Atemwege" drückt diesen anatomischen und funktionellen Zusammenhang anschaulich aus. Diese Tatsache hat jedoch auch zu Konsequenz, dass bei Allergien im Nasenrachenraum auch die Bronchien in Mitleiden-schaft gezogen werden können.
Luftröhre mit Knorpelspangen
rechter Hauptbronchus
rechter Lungenflügel
Zwerchfell
Abbildung 5-1: Anatomie der oberen und unteren Atemwege
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5.2 Verengung der Atemwege
Die Bronchien können auf verschiedene Reize (z.B. Infektionen, Allergien, Tabakrauch)
mit einer Entzündung reagieren. Diese Entzündung kann zu einer
Verengung (= Ob-
struktion) führen: Die Bronchialschleimhaut schwillt an und produziert große Mengen an
Schleim. Zusätzlich verkrampft sich die Bronchialmuskulatur. Es kommt zu Husten, pfei-
fender Ausatmung, Kurzatmigkeit und Atemnot. Bei jungen Kindern sind die Atemwege
altersbedingt noch besonders eng und die Bronchialschleimhaut noch besonders emp-
findlich, daher sind Säuglinge und Kleinkinder von einer Verengung der Atemwege be-
sonders stark betroffen.
30 - 50% aller Kinder haben bis zum 6. Lebensjahr eine Bronchitis mit pfeifender Ausat-mung durchgemacht. Nicht alle entwickeln glücklicherweise ein chronisches Asthma bronchiale. Bei der ersten obstruktiven Bronchitis ist es jedoch oft nicht einfach voraus-zusagen, ob es sich um eine harmlose virusausgelöste obstruktive Bronchitis ohne Lang-zeitprobleme oder um den Beginn eines chronischen Asthma bronchiale handelt.
5.3 Obstruktive (spastische) Bronchitis
Der 18 Monate alte Jan hat seit zwei Tagen Schnupfen und Temperaturen um 38°C. Seit
der Nacht hustet er, ist unruhig und will nicht schlafen. Die Atmung ist beschleunigt,
beim Ausatmen hört man ein pfeifendes Geräusch. Ähnliche Symptome hatte der Junge
bisher nicht gehabt. Der Kinderarzt hört Jan gründlich ab und diagnostiziert eine
obstruktive Bronchitis. Er verordnet ein bronchialerweiterndes und schleimförderndes
Medikament und eine reichliche Flüssigkeitszufuhr.
5.3.1 Was ist eine obstruktive Bronchitis?
Die obstruktive oder spastische Bronchitis ist eine typische Erkrankung des Säuglings-
und Kleinkindesalter. Auslöser ist meist eine Virusinfektion, die zu einer Entzündung in
den Bronchien führt. Die Folgen sind eine
Anschwellung der Bronchialschleimhaut,
die
Bildung zähen Schleims und eine
Verkrampfung (= Spastik)
der Bronchialmus-
kulatur (
siehe Abbildung 5-3). Durch diese Blockierung (= Obstruktion) der Bronchien
bekommen besonders Säuglinge schnell Atemprobleme: bei ihnen sind die Atemwege
altersbedingt enger als bei älteren Kindern und daher kann bereits eine leichte An-
schwellung der Bronchialschleimhaut auch ohne Verkrampfung der Bronchialmuskulatur
zu einer erheblichen Einengung der Bronchien führen.
5.3.2 Wie äußert sich eine obstruktive Bronchitis?
Die Folgen der Verengung der Atemwege sind
Husten,
Kurzatmigkeit sowie eine
er-
schwerte Ausatmung, die von einem
pfeifenden Ausatemgeräusch (beim Abhören
der Lunge als
Giemen und
Brummen bezeichnet) begleitet wird. Der Allgemeinzustand
kann je nach Grad der Einengung kaum bis schwer beeinträchtigt sein. Bei einer Veren-
gung der Bronchien muss eine erhebliche Atemarbeit geleistet werden, was die Kinder
rasch erschöpfen kann.
5.3.3 Was sind die Ursachen einer obstruktiven Bronchitis?
•
Virusinfektionen
Erkältungsviren (insbesondere RS-, Parainfluenza-, Adeno- und Rhinoviren), welche
über Tröpfcheninfektion durch Anhusten, Anniesen oder Händekontakt übertragen
werden, sind die häufigsten Auslöser einer obstruktiven Bronchitis im Säuglings- und
Kleinkindesalter. Die meisten Kinder bekommen nach Kontakt mit diesen Viren nur
Schnupfen oder Husten, evtl. verbunden mit Fieber. Liegen jedoch die unten ge-
nannten Risikofaktoren vor, kann sich eine obstruktive Bronchitis entwickeln.
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•
Kleine, enge Atemwege
Kinder mit obstruktiven Bronchitiden im Säuglings- und Kleinkindesalter, die im spä-teren Alter nicht mehr davon betroffen sind, haben anlagebedingt besonders kleine Atemwege. Dadurch kommt es bei einem Virusinfekt besonders schnell zu einer Atemwegsverengung. Wenn die Kinder etwas älter und die Atemwege weiter gewor-den sind, verschwindet dieses Problem dann wieder.
•
Bronchiale Überempfindlichkeit (Hyperreagibilität)
Kinder, deren Eltern oder Geschwister an einem Asthma bronchiale leiden, haben oft eine vererbte bronchiale Überempfindlichkeit. Ebenso können Allergien, z.B. auf Hausstaubmilben, die Reizbarkeit der Bronchien erhöhen. Allergien spielen vor dem ersten Geburtstag allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Auch nach einer Keuch-hustenerkrankung kann das Bronchialsystem über Monate überempfindlich reagieren.
•
Andere Risikofaktoren
Besonders von obstruktiven Bronchitiden betroffen sind Frühgeborene, Kinder, die über ältere Geschwistern oder in der Kindertagesstätte bereits früh mit Viren in Kon-takt kommen sowie Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft geraucht haben oder noch rauchen.
5.3.4 Wie diagnostiziert man eine obstruktive Bronchitis?
Die Diagnose wird durch die Vorgeschichte, den Nachweis der pfeifenden Ausatmung und durch den Abhörbefund der Lungen mit Giemen und Brummen gestellt. Eventuell muss ein Röntgenbild zum Ausschluss einer Lungenentzündung oder Lungenfehlbildung ge-macht werden. Vor allem bei einseitigem Giemen muss an einen Fremdkörper, z.B. ein verschlucktes Erdnussstück, gedacht werden. Bei wiederholten obstruktiven Bronchitiden wird eine Allergietestung durchgeführt; insbesondere bei Kindern, die schlecht gedeihen, zum Ausschluss einer Mukoviszidose auch ein Schweißtest (
siehe Kapitel 3).
5.3.5 Die Behandlung der obstruktiven Bronchitis
Allgemeine Maßnahmen
Beruhigen Sie Ihr Kind, da Unruhe und Angst die Atemnot verstärken. Führen Sie ausrei-
chend Flüssigkeit zu, damit sich der Schleim verflüssigt und besser abgehustet werden
kann. Bei behinderter Nasenatmung sollte die Nase mit abschwellenden Nasentropfen
(z.B. Nasivin®, NasenSpray ratiopharm®, Olynth®, Otriven®) freigehalten werden, um die
Atemarbeit zu reduzieren. Auch eine leichte Schräglagerung mit angehobenem Oberkör-
per kann die Atmung erleichtern. Eine zusätzliche Reizung der Schleimhäute durch Rau-
chen in der Wohnung muss unbedingt vermieden werden.
Medikamentöse Behandlung
•
Bronchialerweiternde Medikamente
Zur Erweiterung der Bronchien und Unterstützung des Schleimtransports werden so
genannte Beta-Mimetika entweder zur Inhalation (z.B. Salbutamol = Broncho® In-
halat, Sultanol®, Generica) oder zum Einnehmen (z.B. Salbubronch Elixier®) verab-
reicht. Zusätzlich kann auch mit Atrovent®, einem Bronchialerweiterer mit anderem
Wirkungsansatz, inhaliert werden. Die Inhalation kann mit einem elektrischen Inha-
liergerät oder mit einem Spray mit Inhalierhilfe erfolgen (
siehe Abbildungen 5-3
und 5-8). Bei kleinen Säuglingen, bei denen mehr die Schleimhautschwellung und
weniger die Verkrampfung der Bronchialmuskulatur als Ursache der Atemprobleme im
Vordergrund steht, ist die Wirkung der o.g. Substanzen unter Umständen nicht sehr
ausgeprägt.
Die früher viel geübte Praxis, ätherische Öle auf die Kleidung aufzutropfen oder die
Brust damit einzureiben, ist für viele Kinder nicht günstig: ätherische Öle können die
Haut und die Schleimhäute der Atemwege erheblich reizen und auch Allergien auslö-
sen.
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•
In schweren Fällen: Kortikoide zur Schleimhautabschwellung
In schweren Fällen wird Kortison (meist als Zäpfchen, z.B. Prectal®, Klismacort®,
Rectodelt®, in der Klinik auch intravenös) verabreicht. Kortison ist der stärkste
Schleimhautabschweller und verstärkt auch die Wirkung von Beta-Mimetika, wirkt je-
doch erst nach 30 bis 60 Minuten. Bei einer kurzzeitigen Anwendung sind keine Ne-
benwirkungen zu erwarten. Ist der Zustand des Kindes nicht zu stabilisieren, ist ins-
besondere bei jungen Säuglingen eine stationäre Behandlung in der Kinderklinik nicht
zu umgehen. Dort wird neben der medikamentösen Therapie Flüssigkeit über eine
Infusion und evtl. auch Sauerstoff verabreicht. Zusätzlich kann Physiotherapie zur
Verbesserung des Schleimtransports notwendig werden.
5.3.6 Ist die obstruktive Bronchitis ein Vorbote eines Asthma bronchiale?
30-50% aller Säuglinge und Kleinkinder machen zumindest eine obstruktive Bronchitis durch, die meisten von ihnen entwickeln glücklicherweise kein Asthma bronchiale. Dies gilt insbesondere für Kinder bis zum dritten Geburtstag, wenn
• nur eine oder wenige obstruktive Bronchitiden im Rahmen von Virusinfekten
aufgetreten sind,
• in der Familie keine Risikofaktoren wie Asthma bronchiale, Neurodermitis oder
andere allergische Erkrankungen zu finden sind,
• beim Kind selbst keine Allergien oder Neurodermitis nachzuweisen sind.
Liegt jedoch einer der genannten Risikofaktoren vor, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich im weiteren Verlauf ein chronisches Asthma bronchiale entwickelt, deutlich höher. Für diese Kinder ist es besonders wichtig, dass sie keiner zusätzlichen Schadstoffbelastung wie Passivrauchen oder einer feuchten und schimmelpilzbelasteten Wohnumgebung ausgesetzt sind.
5.3.7 Zusammenfassung
Bei der obstruktiven (= spastischen) Bronchitis werden die Bronchien durch eine
Anschwellung der Bronchialschleimhaut, eine vermehrte Bildung zähen Schleims und eine Verkrampfung der Bronchialmuskulatur verlegt.
Die Folgen sind Husten und eine verlängerte und erschwerte Ausatmung mit einem
pfeifenden Ausatemgeräusch.
Die Ursache sind bis zum Alter von drei Jahren meist Virusinfektionen auf der Grund-
lage enger Atemwege. Reizstoffe wie Zigarettenrauch können die Beschwerden ver-stärken.
Die Behandlung besteht in reichlicher Flüssigkeitszufuhr sowie der Gabe bronchial-
erweiternder und schleimfördernder Medikamente.
Liegen keine Risikofaktoren wie Allergien und Asthma in der Familie oder eigene
allergische Erkrankungen beim Kind vor, ist die Prognose gut, dass sich die Situation bis zum dritten Geburtstag stabilisiert.
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5.4 Asthma bronchiale
Den achtjährigen Thomas kennen Sie bereits aus Kapitel 3 von seinem ersten Gang zur
Allergieuntersuchung. Er hatte bis zum Alter von drei Jahren viermal eine obstruktive
Bronchitis gehabt, welche jeweils durch Infekte ausgelöst worden war. Er hatte dann zu-
nächst keine offensichtlichen Atemprobleme mehr. Beim Schulsport konnte er allerdings
bei Dauerbelastung gelegentlich nicht ganz mithalten und musste husten. Jetzt hat er
seit drei Monaten einen hartnäckigen nächtlichen Husten. Auch bei einem anstrengenden
Fußballspiel bekommt er Husten und gelegentlich Atemnot. Wenn es besonders schlimm
ist, kann man ihn richtig pfeifen hören.
5.4.1 Was bedeutet Asthma bronchiale?
Unter einem Asthma bronchiale versteht man eine
anfallsweise auftretende Ver-
engung der Atemwege, deren Ursache eine
Überempfindlichkeit (Hyperreagibili-
tät) der Bronchien auf ganz unterschiedliche Reize ist. Grundlage dieser Überempfind-
lichkeit ist eine
chronische Entzündung in den Bronchien (
siehe Abbildung 5-2). Es
muss eine Veranlagung für diese chronische Entzündung vorliegen; sie wird bei Kindern
häufig durch Allergien ausgelöst. Das Asthma bronchiale ist eine
chronische Erkran-
kung mit oft jahre- oder gar jahrzehntelangem Verlauf. Jedoch bestehen glücklicher-
weise heute bessere Behandlungsmöglichkeiten als je zuvor.
chronische Entzündung der Bronchialschleimhaut
Überempfindlichkeit der Bronchien
Verengung der Atemwege
Abbildung 5-2: Überempfindlichkeit der Bronchien bei Asthma bronchiale
5.4.2 Was spielt sich beim Asthma bronchiale in den Bronchien ab?
Werden die entzündeten Bronchien gereizt, kommt es zu einer
Schwellung der
Bronchialschleimhaut, der
vermehrten Bildung zähen Schleims und einer
Ver-
krampfung der Bronchialmuskulatur. Dadurch werden die Bronchien verengt (
siehe
Abbildung 5-3). Beruhigt sich diese Entzündung nicht, kann ein Gewebeumbau mit
Narbenbildung die Folge sein. Daher ist eine konsequente Asthmatherapie so wichtig.
5.4.3 Wie häufig ist das Asthma bronchiale?
Das Asthma bronchiale ist
eine der häufigsten chronischen Erkrankungen des
Kindesalters. Etwa 10% der Kinder sind davon betroffen, das heißt in jeder Schulklasse
finden sich durchschnittlich 2 bis 3 Kinder mit Asthma bronchiale. Die Häufigkeit des
Asthma bronchiale hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen (Diskussion der mög-
lichen Ursachen in
Kapitel 2).
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Abbildung 5-3: normaler Bronchus (1) und verengte Bronchien (2,3,4)
5.4.4 Wie kann man ein Asthma bronchiale erkennen?
Bei diesen Symptomen sollten Sie Ihr Kind bei Ihrem Kinder- und Jugendarzt vorstellen:
pfeifendes Ausatemgeräusch anhaltender Husten, besonders in der Nacht oder bei Anstrengung Engegefühl oder Stechen in der Brust Kurzatmigkeit verminderte körperliche Belastbarkeit.
Das typische Asthmasymptom ist die
erschwerte Ausatmung mit einem
pfeifenden
Ausatemgeräusch. Häufig werden die Symptome durch körperliche Anstrengung ver-
stärkt. Der Arzt stellt im Asthmaanfall beim Abhören
Giemen,
Pfeifen und
Brummen über der Lunge fest. Diese Geräusche kommen durch die Einengung der Bronchien zu-
stande.
Diese Zeichen stellen jedoch nur die Spitze eines Eisberges dar. Auch bei (relativer)
Symptomfreiheit besteht die Entzündung in den Bronchien weiter. Bei manchen Kindern
können
Husten, ein
Engegefühl oder Stechen in der Brust, eine
verminderte
Ausdauer oder
Kurzatmigkeit die einzigen Symptome sein.
Das Gefühl, das ein Asthmatiker während eines Asthmaanfalles hat, kann ein Lungen-gesunder folgendermaßen versuchen nachzuvollziehen: man versuche über längere Zeit durch einen im Mund steckenden Trinkhalm bei zugehaltener Nase zu atmen. Man merkt rasch, wie anstrengend das ist.
5.4.5 Was sind die Ursachen eines Asthma bronchiale?
1) Chronische Entzündung in den Bronchien
Ursache eines Asthma bronchiale ist eine chronische Entzündung in der Bronchial-
schleimhaut. Diese Entzündung verursacht wiederum eine Übererregbarkeit und Über-
empfindlichkeit (Hyperreagibilität) der Bronchien. Diese Überempfindlichkeit führt im Zu-
sammenwirken mit unterschiedlichen Auslöse- und Verschlechterungsfaktoren zu den
oben genannten Asthmasymptomen (
siehe Abbildung 5-2). Die Bereitschaft für diese
Entzündung wird vererbt. Sie ist auch bei relativer Beschwerdefreiheit weiter vorhanden.
Wird diese chronische Entzündung in den Bronchien nicht konsequent behandelt, kann es zu Umbauvorgängen im Bronchialgewebe kommen. Dies führt auf Dauer zu einer Nar-benbildung in den Bronchien, dem so genannten Remodelling. Dadurch werden die Bron-chien starrer und noch enger. Ist eine Narbenbildung einmal eingetreten, ist diese nicht mehr rückgängig zu machen. Daher ist eine konsequente Behandlung dieser Entzündung so wichtig.
2) Auslöse- und Verschlechterungsfaktoren
Allergien
70–80% aller Kinder und Jugendlichen mit Asthma reagieren auf allergische Auslöser wie
Pollen (
siehe Kapitel 12.1), Hausstaubmilben (
siehe Kapitel 12.2), Tiere (
siehe
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Kapitel 12.3) oder Schimmelpilze (
siehe Kapitel 12.4). Nahrungsmittelallergien sind
eine sehr seltene Ursache eines
allergischen Asthma bronchiale.
Infektionen
Häufig sind vor allem bei kleinen Kindern Virusinfektionen Auslöser von Asthmaanfällen.
Sind Infekte Hauptauslöser eines Asthma bronchiale, spricht man auch von einem
Infektasthma.
Körperliche Anstrengung
Bei den meisten Kindern mit Asthma führt starke körperliche Anstrengung durch eine
Abkühlung und Austrocknung der Bronchialschleimhaut zu Beschwerden. Tritt ein Asthma
bronchiale vorwiegend bei körperlicher Anstrengung auf, spricht man von einem
Anstrengungs- oder
Belastungsasthma.
Umweltschadstoffe
Umweltschadstoffe wie Tabakrauch, Smog oder Ozon reizen die Bronchien zusätzlich.
Weitere Faktoren
Kalte Luft oder ein
Wetterumschwung verursacht bei vielen Asthmatikern Probleme.
Übergewicht ist ein weiterer Risikofaktor für das Auftreten eines Asthma bronchiale.
Jede Art von
innerer Anspannung kann auch die Anspannung der Bronchialmuskulatur
erhöhen. Bei nächtlichem Asthma kann ein
Rückfluss von saurem Mageninhalt über
die Speiseröhre in die Luftröhre (gastroösophagealer Reflux) ursächlich sein. Jede
Ent-
zündung der oberen Luftwege (Nasennebenhöhlen, Nase) auch nichtallergischen Ur-
sprungs kann durch abfließendes Sekret oder Reflexmechanismen über die Nerven-
bahnen die Reizbarkeit der Bronchien erhöhen. Bestimmte
Medikamente wie Acetyl-
salicylsäure (z.B. Aspirin
®) führen bei entsprechend veranlagten Personen über
pseudoallergische Mechanismen zu einem Asthmaanfall (
siehe auch Kapitel 10.3).
Hormonelle Faktoren wie bei Frauen in der Zeit kurz vor der Menstruation können ein
Asthma bronchiale verschlechtern.
Meist spielen
mehrere der genannten Faktoren gemeinsam eine Rolle. Man kann
sich diese Vorgänge wie ein Fass vorstellen, das sich langsam (in unserem Fall mit
Asthmaauslösern) füllt. Zum Schluss reicht eine Kleinigkeit aus, um das Fass zum Über-
laufen zu bringen und damit einen Asthmaanfall auszulösen. Mitunter gleicht es einer
Detektivarbeit, den hauptverantwortlichen Auslöser dingfest zu machen.
5.4.6 Formen des Asthma bronchiale
Man kann das Asthma bronchiale je nachdem, welcher Auslöser im Vordergrund steht, in verschiedene Formen einteilen:
•
allergisches (oder extrinsisches) Asthma bronchiale
Das Asthma bronchiale ist nur allergisch bedingt (z.B. Pollenasthma).
•
nicht allergisches (oder intrinsisches) Asthma bronchiale
Es lassen sich keine allergischen Auslöser oder eine allergische Veranlagung nachweisen (z.B. Infektasthma, Anstrengungsasthma).
•
gemischtförmiges Asthma bronchiale
Allergische und nichtallergische Auslöser wirken zusammen. Dies ist im Kindesalter die mit Abstand größte Gruppe.
Die Diagnose eines Asthma bronchiale wird durch die
Krankengeschichte, die
körper-
liche Untersuchung und den
Nachweis einer rückbildungsfähigen Bronchialver-
engung gestellt. Andere Ursachen von Bronchialeinengungen wie Mukoviszidose oder
Fremdkörper müssen im Verdachtsfall ausgeschlossen sein.
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1) Anamnese
Sind beim Kind oder in der Familie eine Neurodermitis oder Allergien bekannt? Welche
Symptome haben bestanden, z.B. Husten, pfeifende Atmung, Engegefühl in der Brust,
Atemnot? Wann haben diese Beschwerden begonnen? Wie häufig und unter welchen Um-
ständen treten sie auf? Können Auslösefaktoren eingegrenzt werden? Wie gut ist das
Kind körperlich belastbar? Macht es in der Freizeit Sport? Hustet es dabei? In welcher
häuslichen, schulischen oder beruflichen Umgebung lebt der Betroffene? Welche Dia-
gnostik und Behandlungen wurden bisher durchgeführt?
2) Körperliche Untersuchung
Bei der Untersuchung achtet der Arzt besonders auf die Form und Beweglichkeit des
Brustkorbs. Das Abhören und Abklopfen der Lunge gibt Aufschluss über die Belüftung der
Lungenflügel und das Vorliegen von Atemnebengeräuschen hervorgerufen durch eine
Bronchialverengung oder Schleim (Giemen und Brummen). Auch Nase, Nasenneben-
höhlen und Ohren werden auf eine entzündliche Mitreaktion hin überprüft. Wichtig ist
auch, ob das Kind richtig gewachsen und gediehen ist.
3) Lungenfunktionsuntersuchung
Einfachere Lungenfunktionsprüfungen gelingen etwa ab einem Alter von vier bis fünf
Jahren. In einigen Spezialkliniken kann bereits bei Säuglingen die Lungenfunktion ge-
messen werden. Entscheidend für die Diagnose Asthma bronchiale ist der Nachweis einer
rückbildungsfähigen Einengung der Bronchien. Verschiedene Methoden der Lungenfunk-
tionsprüfung stehen zur Verfügung:
a) Peak-Flow-Meter
Die einfachste Möglichkeit ist die Messung des
maximalen Luftflusses bei Ausatmung (Peak-Flow)
mit einer relativ einfachen Vorrichtung, dem Peak-
Flow-Meter. Damit können ohne großen Aufwand
auch häusliche Kontrolluntersuchungen vorgenom-
men werden. Das Peak-Flow-Meter erfasst jedoch
nur gröbere Einschränkungen der Lungenfunktion
und liefert bei Verengung der kleinen Atemwege
trotzdem normale Werte!
Abbildung 5-4: Peak-Flow-Meter
Eine Peak-Flow-Messung wird folgendermaßen durchgeführt:
• aufrecht stehen
• Zeiger auf Null schieben
• zur Seite ausatmen, dann tief Luft holen
• Mundstück mit den Lippen fest umschließen
• schnell und kräftig wie ein Sturm in das Gerät hineinpusten
• Messwert ablesen
• Zeiger wieder auf Null schieben
• insgesamt 3-mal messen, den besten Wert notieren.
b) Fluss-Volumen-Spirometrie
Wesentlich aussagekräftiger ist die Aufzeichnung des Luftflusses bei Ein- und Ausatmung
in einer Fluss-Volumen-Kurve. Hierdurch können bereits geringgradige Veränderungen
der Lungenfunktion und auch Verengungen der kleinen Atemwege dokumentiert werden.
Bei verengten Bronchien nimmt das Ausatmungsvolumen ab und die Fluss-Volumen-
Kurve bekommt eine Delle ("hängende Wäscheleine", siehe Abbildung 5-5).
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Abbildung 5-5: Fluss-Volumen-Kurve - normale Fluss-Volumen-Kurve (blau) - Fluss-Volumen-Kurve bei verengten Bronchien (rot)
c) Atemwiderstandsmessung
Der Atemwiderstand zeigt an, welchen Widerstand die Atemluft in den Bronchien über-
winden muss. Er kann mit verschiedenen Methoden gemessen werden. Bei einer Bron-
chialverengung steigt der Atemwiderstand an.
d) Bodyplethysmographie
Die aufwändigste Methode ist die Untersuchung in der Lungenfunktionskammer
(Bodyplethysmographie). Neben der Fluss-Volumen-Kurve und dem Atemwiderstand
liefert sie auch Aussagen über eine mögliche Lungenüberblähung.
e) Bronchospasmolysetest
Beim Bronchospasmolysetest wird nach Inhalation eines bronchialerweiternden
Medikaments eine zweite Lungenfunktionsprüfung durchgeführt. Dabei zeigt sich, wie
weit sich die Bronchien öffnen können und ob eine Verengung rückbildungsfähig ist.
f) bronchiale Provokationstests
Die bronchialen Provokationstests können eine bronchiale Überempfindlichkeit unter
Belastungsbedingungen nachweisen. Man kann damit unter anderem ein Asthma bron-
chiale von anderen Lungenerkrankungen unterscheiden. Folgende bronchiale Provoka-
tionstests können eingesetzt werden:
• Laufbelastung
Die Laufbelastung ist eine wichtige Untersuchung insbesondere wenn der Verdacht besteht, dass sich die Bronchien bei körperlicher Anstrengung verengen (Be-lastungs- oder Anstrengungsasthma). Vor und nach einem Lauf von sechs Minuten Dauer wird eine Lungenfunktionsuntersuchung durchgeführt. Bei einer belas-tungsabhängigen Bronchialverengung steigt der Atemwiderstand nach dem Lauf deutlich an, auch die Fluss-Volumen-Kurve zeigt die Einengung der Bronchien.
• Inhalation von Histamin, Methacholin oder kalter Luft
Die Inhalation mit Histamin oder Methacholin führt bei einem überempfindlichen Bronchialsystem zu einer Verengung der Bronchien mit Erhöhung des Atemwider-standes und einer Veränderung der Fluss-Volumen-Kurve. Ähnlich wirkt die Inha-lation von kalter Luft.
• Inhalation von Allergenen
Bei der bronchialen Provokation mit Allergenen wird eine Lungenfunktionsdia-gnostik vor und nach Inhalation einer fein vernebelten Allergenlösung durchge-führt. Während und nach einer Inhalationsbelastung muss der Patient gut über-
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wacht werden, da unter Umständen schwere Asthmaanfälle und noch nach sechs bis zehn Stunden Spätreaktionen auftreten können. Aus diesen Gründen wird eine bronchiale Provokation mit Allergenen bei Kindern heute nur noch in Ausnahme-fällen durchgeführt.
4) Allergietestung
Da bei den meisten Kindern mit Asthma bronchiale allergische Auslöser eine Rolle spie-
len, wird im Pricktest oder RAST (siehe auch Kapitel 10.3 und 10.6) nach Allergieaus-
lösern gefahndet.
5) Sonstige Untersuchungen
Wenn die Diagnose nicht eindeutig ist oder eine Asthmatherapie nicht anspricht wird zum
Ausschluss von Lungenfehlbildungen oder anderer Lungenveränderungen ein Röntgenbild
der Lunge angefertigt und insbesondere bei Kindern, die schlecht gedeihen, zum Aus-
schluss einer Mukoviszidose ein Schweißtest durchgeführt. Mit der Pulsoxymetrie kann
durch die Haut der Sauerstoffgehalt im Blut gemessen werden. Ein zusätzlicher
Mosaikstein bei der Diagnose und Therapiesteuerung des Asthma bronchiale könnte die
Messung des ausgeatmeten Stickstoffmonoxids (FeNO = fraktioniertes exhaliertes NO)
werden. Dieser Entzündungswert ist allerdings nicht bei allen Asthmaformen erhöht und
auch die Messgeräte müssen noch verbessert werden.
5.4.8 Schweregrade eines Asthma bronchiale
Verlauf und Schweregrad des Asthma bronchiale können von Kind zu Kind und auch bei jedem einzelnen Kind im Laufe der Zeit stark schwanken. Daher wurde abhängig von der Häufigkeit der Symptome und der Beeinträchtigung Lungenfunktion eine Einteilung in vier verschiedene Schweregrade vorgenommen (siehe Tabelle 5-1), wenn auch nicht jeder Patient ganz exakt in dieses Schema passt und die Grenzen zwischen wiederholten obstruktiven Bronchitiden und einem Asthma bronchiale oft fließend sind. Glücklicher-weise sind die meisten Kinder und Jugendlichen mit Asthma dem Schweregrad I bis IV zuzuordnen. Die Schweregradeinteilung ist auch eine Richtschnur für die erforderliche Therapie. Ab Schweregrad II reicht eine alleinige bronchialerweiternde Behandlung nicht mehr aus, es wird eine antientzündliche Dauertherapie erforderlich (siehe unten). Tabelle 5-1: Schweregrade des Asthma bronchiale
Schweregrad
Symptome
I intermittierendes gelegentlich Husten,
auch bei Symptomen
nicht beeinträchtigt
Asthma / wieder-
holte bronchiale
beschwerdefreies
Intervall länger als
II leichtes
beschwerdefreies
nicht beeinträchtigt
persistierendes
Intervall kürzer als
III mittelschweres
mehreren Tagen pro
Woche, auch in der Nacht
IV schweres
anhaltende tägliche
dauernd deutlich
Symptome, häufig
auch in der Nacht
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Diese Einteilung in vier Schweregrade ist für Personen, die bereits Asthmamedika-
mente bekommen, nicht geeignet. Zur Einstellung der Therapie orientiert sich daher
der Arzt an dem Grad der Asthmakontrolle (siehe Kapitel 5.4.16).
5.4.9 Ziele und Voraussetzungen einer erfolgreichen Asthmatherapie
Die Asthmatherapie hat die in Tabelle 5-2 aufgeführten Ziele:
Tabelle 5-2: Ziele der Asthmatherapie
• Symptomfreiheit
• normale körperliche Belastbarkeit soll möglich sein
• altersgerechte körperliche und psychische Entwicklung
• Erhaltung einer bestmöglichen (normalen) Lungenfunktion
• Vermeidung von Langzeitschäden
• einfach durchzuführende Therapie
• Beruhigung der Entzündung in den Bronchien
• keine Nebenwirkungen
Voraussetzung für eine optimale Asthmatherapie ist eine vertrauensvolle Zusammen-
arbeit zwischen Arzt, Patient und dessen Familie. Die Behandlungsmaßnahmen müssen je
nach Schweregrad sinnvoll gesteuert werden. Es stehen heute die therapeutischen Mög-
lichkeiten zur Verfügung, oben genannte Ziele für fast alle Asthmatiker erreichbar zu
machen. Dafür sind die Information und Schulung des Patienten, seiner Familie und wei-
terer Bezugspersonen unbedingte Voraussetzung.
5.4.10 Bausteine der modernen Asthmatherapie
Die moderne Asthmatherapie besteht aus einem ganzen Bündel unterschiedlicher Maß-nahmen (siehe Tabelle 5-3), welche in den folgenden Kapiteln besprochen werden. Die medikamentöse Behandlung erfolgt in Abhängigkeit vom Asthma-Schweregrad und im weiteren Behandlungsverlauf nach der erzielten Asthmakontrolle nach einem Stufenplan (siehe Tabelle 5-5). Generell ist eine reichliche Flüssigkeitszufuhr zu empfehlen, um den Schleim zu verflüssigen, damit er besser abgehustet werden kann.
Tabelle 5-3: Bausteine der modernen Asthmatherapie
• Information und Schulung
• Vermeidung von Auslösern
• medikamentöse Behandlung • weitere Maßnahmen: atemtherapeutische Techniken, Physiotherapie, Sport,
Entspannungstechniken u.a.
5.4.11 Information und Schulung
Die Betroffenen und die Bezugspersonen benötigen ein umfassendes Wissen über die Art
der Erkrankung, die Auslöse- und Belastungsfaktoren sowie die verschiedenen Behand-
lungsformen des Asthma bronchiale. Die Informationsmöglichkeiten reichen vom persön-
lichen Gespräch mit dem Arzt, Instruktionen z.B. über Inhalationstechniken durch Praxis-
oder Klinikpersonal, schriftlichem Informationsmaterial, Internetseiten etc. bis zu
Asthmaschulungskursen. Die Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und
Jugendalter hat die entsprechenden Standards ausgearbeitet. Patienten und Eltern, die
mit dem Arsenal der modernen Asthmatherapie umgehen können, haben weniger Angst
und wissen, dass sie viele Probleme erfolgreich selbst meistern können. Und sie sind in
der Lage zu erkennen, wann sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Die gesetzli-
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5. Erkrankungen der unteren Atemwege
chen Krankenkassen bieten Asthmaschulungskurse im Rahmen des DMP Asthma an (DMP = Disease-Management-Programm). Der Begriff leitet sich von vom englischen Wort Disease = Krankheit ab. Das DMP hat das Ziel, die Versorgung von chronisch Kranken zu verbessern.
5.4.12 Vermeidung von Auslösern
a) Allergenvermeidung
Beim allergischen Asthma steht an erster Stelle die Allergenvermeidung, die in Kapitel 12
"Allergieauslöser" für die einzelnen Allergene ausführlich beschrieben ist:
• Ratschläge für Pollenallergiker siehe Kapitel 12.1.5
• Ratschläge für Milbenallergiker siehe Kapitel 12.2.5
• Was ist zu tun bei einer Tierallergie? siehe Kapitel 12.3.3
• Ratschläge für Schimmelpilzallergiker siehe Kapitel 12.4.5.
Auch wenn bei einem Asthmakranken noch keine Allergie vorliegt, jedoch ein Allergie-risiko besteht, sind vorbeugende Maßnahmen sinnvoll: Luftfeuchtigkeit unter 50% zur Reduktion der Milben- und Schimmelpilzbelastung, Verzicht auf neue Fell und Federn tra-gende Haustiere, keine Grünpflanzen im Schlafbereich, keine Staubfänger.
b) Hyposensibilisierung
Beim allergischen Asthma bronchiale kommt eine Hyposensibilisierung (auch spezifische
Immuntherapie (= SIT) oder Allergieimpfung genannt) dann in Betracht, wenn der Aller-
gieauslöser nicht oder nur unzureichend zu meiden ist. Dies trifft vor allem für Pollen,
unter Umständen auch für Hausstaubmilben und Tiere zu. Bei der Hyposensibilisierung
wird dem Körper wiederholt ein Allergen in ansteigender Dosierung zugeführt mit dem
Ziel, dass der Körper eine Toleranz gegen das Allergen entwickelt. Sie setzt daher bei
den Ursachen der Allergieentstehung an. Die wirksamste und von den allergologischen
Fachgesellschaften als erste Wahl empfohlene Form ist die subkutane Hyposensibilisie-
rung, bei der die Behandlungslösung unter die Haut gespritzt wird. Weitere Einzelheiten
zur Hyposensibilisierung finden Sie in Kapitel 13.
c) Ausschaltung anderer Reizfaktoren
Am leichtesten zu beeinflussen sind häusliche Reizfaktoren wie die aktive oder passive
Inhalation von Tabakrauch. Die Reizwirkung von Tabakrauch muss unbedingt ausge-
schaltet werden. Dies gilt für jede Asthmaform. Die Anstrengungen zur Reduktion der
Schadstoffemissionen durch Kraftfahrzeuge, Industrie usw. müssen weiter verstärkt wer-
den. Viele Asthmatiker reagieren besonders empfindlich auf das Einatmen von kalter
Luft.
5.4.13 Medikamentöse Therapie
Fortschritte in der medikamentösen Therapie haben für Asthmakranke eine erhebliche
Verbesserung der Lebensqualität bewirkt. Die Behandlung mit Medikamenten wird je
nach Schweregrad des Asthma in verschiedenen Stufen durchgeführt (siehe Tabelle
5-5). Man unterscheidet Akutmedikamente ("Reliever"), welche bei akuten Beschwer-
den zur Erweiterung der Bronchien eingesetzt werden von Dauermedikamenten
("Controller"), welche als Dauertherapie der Bekämpfung der Entzündung und der vor-
beugenden Stabilisierung der Bronchien dienen (siehe Tabelle 5-4). Sobald Asthma-
anfälle nicht nur vereinzelt auftreten, wird eine die Bronchien stabilisierende antientzünd-
liche Langzeittherapie erforderlich. Nur so kann die Überempfindlichkeit der Bronchien
wirksam behandelt und eine nicht rückbildungsfähige Gewebsumwandlung mit Narbenbil-
dung in den Bronchien verhindert werden. Die Akutmedikamente werden durch einen
roten Kreis , die Dauermedikamente werden durch ein grünes Quadrat ■ gekennzeich-
net. Ihr Kinder- und Jugendarzt wird für Ihr Kind einen schriftlichen Behandlungsplan
erstellen, auf dem die täglichen Dauermedikamente und die Notfallmedikamente fest-
gehalten sind.
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Tabelle 5-4: Medikamente zur Asthma-Behandlung
1) Akutmedikamente (Bedarfsmedikamente):
rasch wirkende Beta-Mimetika (RABA), (z.B. Salbutamol = Bronchospray®, Sultanol®, Formoterol = Formotop®, Foradil®, Oxis®) Ipratropiumbromid (Atrovent®) Kortikoide oral oder intravenös (z.B. Prednisolon = Decortin® H, Generica) Reservemedikamente im Krankenhaus: Magnesium, Beta-Mimetika, Theophyllin intravenös
2) Dauermedikamente:
■ inhalative Kortikoide (z.B. Alvesco®, Budecort®, Budiair®, Flutide®, Junik®, Pulmicort®, Ventolair®, Generica) ■ lang wirkende Beta-Mimetika (LABA) (z.B. Aeromax®, Formotop®, Foradil®, Oxis®, Serevent® ■ Leukotrien-Antagonisten (Singulair®)
■ Kortikoide oral (z.B. Prednisolon = Decortin® H, Generica)
■ Anti-IgE-Antikörper (Omalizumab = Xolair®),
■ Theophyllin, lang wirkend (z.B. Bronchoretard®, Euphyllin® retard)
Tabelle 5-5: Stufenschema: Medikamentöse Langzeittherapie des Asthmas bei Kindern und Jugendlichen (Nationale Versorgungsleitlinie Asthma (NVL) 12/2009)
Stufe Bedarfstherapie
■ Dauertherapie
rasch wirkendes Beta-Mimetikum (RABA)
Alternative oder zusätzlich:
Ipratropiumbromid (Atrovent®)
niedrigdosiertes inhalatives Kortikoid
mitteldosiertes inhalatives Kortikoid
niedrig bis mitteldosiertes inhalatives Kortikoid
Leukotrien-Antagonist oder lang wirkendes Beta-Mimetikum (LABA)
hochdosiertes inhalatives Kortikoid
mittel- bis hochdosiertes inhalatives Kortikoid plus Leukotrien-Antagonist und lang wirkendes Beta-Mimetikum (LABA)
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zusätzlich zu Stufe 4:
orale Kortikosteroide
in begründeten Fällen bei IgE-
vermittelter Ursache:
Anti-IgE-Antikörper
in begründeten Fällen:
lang wirkendes Theophyllin
1) Akutmedikamente
a) rasch wirkende Beta-Mimetika (RABA)
Beta-Mimetika erweitern die Bronchien, regen die Flimmerhärchen in der Bronchial-
schleimhaut zum Schleimtransport an und verhindern bei Verabreichung vor körper-
licher Belastung, dass die Bronchien sich verkrampfen. Rasch und kurz wirkende
Beta-Mimetika (z.B. Salbutamol = Bronchospray®, Sultanol® und Generica) wirken 4
bis 6 Stunden. Sie können mit dem elektrischen Inhaliergerät, als Spray oder mit dem
Pulverinhalator inhaliert werden. Formoterol (= Foradil®, Formotop®, Oxis®) wirkt
rasch und lang (8 bis 12 Stunden) und ist zur Akut- und Dauertherapie zugelassen.
Es gibt Beta-Mimetika auch zum Einnehmen; die beste Wirkung wird jedoch durch In-
halation erzielt, sodass die Inhalation beim chronischen Asthma bronchiale wenn im-
mer möglich vorzuziehen ist. Bei hohen Dosen kann es zu einer vorübergehenden Be-
schleunigung des Pulsschlages oder Zittrigkeit kommen, was durch eine Erniedrigung
der Dosis bei der nächsten Inhalation vermieden werden kann. Werden kurz wirkende
Beta-Mimetika regelmäßig öfter als zwei- bis dreimal pro Woche gebraucht, ist wahr-
scheinlich die antientzündliche Dauerbehandlung unzureichend.
b) Ipratropiumbromid
Ipratropiumbromid (Atrovent®) kann zur Bronchialerweiterung an Stelle eines Beta-
Mimetikums inhaliert werden, wenn dieses nicht vertragen wird oder beim schweren
Asthmaanfall auch in Kombination mit einem Beta-Mimetikum (z.B. Berodual® oder frei
kombiniert) eingesetzt werden. Es hat außer einer möglichen Mundtrockenheit
praktisch keine Nebenwirkungen.
c) Theophyllin
Theophyllin wirkt bronchialerweiternd, unterstützt die Atemmuskulatur und regt die
Tätigkeit der Flimmerhärchen an. Es wird im akuten Asthmaanfall in Tropfenform (z.B.
Solosin® Tropfen) eingenommen oder intravenös gespritzt. Als Nebenwirkungen kön-
nen Koffein-ähnliche Wirkungen wie Unruhe, Nervosität, Übelkeit und eine Beschleuni-
gung des Pulsschlages auftreten.
d) orale Kortikoide
Kortison zum Einnehmen als Tablette (z.B. Prednisolon = Decortin® H, Generica) wird
beim schweren Asthmaanfall zur Abschwellung der Bronchialschleimhaut eingesetzt.
Zusätzlich wird die Wirkung der Beta-Mimetika verstärkt. Bei jungen Kindern können
die Kortikoide auch als Zäpfchen (z.B. Klismacort®, Prectal®, Rectodelt®) verabreicht
werden.
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2) Dauermedikamente ■
a) inhalative Kortikoide ■
Kortikoide (z.B. Kortisol) sind lebenswichtige Hormone und werden im menschlichen
Körper in den Nebennieren gebildet. Beispielsweise könnten wir ohne sie schwere
Stressreaktionen jeder Art nicht überleben. Kortikoide zur Inhalation werden so abge-
wandelt, dass sie vor allem eine stark entzündungshemmende Wirkung bekommen,
aber praktisch nicht in den Blutkreislauf gelangen. Damit wird die chronisch entzünd-
liche Reaktion in der Bronchialschleimhaut, ein wesentlicher Faktor für die bronchiale
Überempfindlichkeit, effektiv zurückgedrängt. Die Bronchien werden dadurch gegen-
über verschiedensten Asthmaauslösern unempfindlicher, eine Narbenbildung in den
Bronchien wird verhindert. Kortikoide zur Inhalation (wie Budesonid: z.B. Budiair®,
Budecort®, Novopulmon®, Pulmicort®, Generica; Ciclesonid: Alvesco®; Fluticason:
Flutide®; Beclomethason: Junik®, Ventolair®; Mometason: Asmanex®) sind daher die
wirkungsvollsten Medikamente zur Behandlung des Asthma bronchiale in Stufe 2 bis 5.
Die Inhalationen müssen regelmäßig durchgeführt werden, die Wirkung tritt frühestens
nach einigen Tagen ein, eine Sofortwirkung beim akuten Asthmaanfall besteht nicht.
Die Furcht vor Nebenwirkungen bei einer innerlichen Behandlung mit Kortikoiden ab
einer bestimmten Menge ist durchaus berechtigt. Kortikoide können ab einer gewissen
Schwellendosis den inneren Rhythmus der körpereigenen Kortisonausschüttung stören,
zu einer verminderten Knochendichte und zu Wachstumsstörungen führen. Bei der
Inhalation von Kortikoiden ist jedoch im Gegensatz zur innerlichen Anwendung bei
niedriger und mittlerer Dosierung nicht mit Auswirkungen auf den übrigen Organismus
zu rechnen. In diesem Dosisbereich sind die Vorteile der Behandlung bei weitem grö-
ßer als die möglichen Nachteile. Inhalative Kortikoide können mit einem elektrischen
Inhaliergerät, einem Spray (mit Ausnahme des Autohaler® immer mit Vorschalt-
kammer!) oder einem Pulverinhalator angewendet werden. Nach der Inhalation sollte
der Mund ausgespült, oder die Zähne geputzt werden, da es ansonsten zu Heiserkeit
und einem Hefepilzbefall im Mund kommen kann. Es wird mit der niedrigst möglichen
Dosis behandelt, welche zu einer vollständigen Beschwerdefreiheit führt. Jedoch ist
eine Unterbehandlung für Ihr Kind auf Dauer weitaus gefährlicher als eine kurzzeitige
Überbehandlung. Bei einer Unterbehandlung kann die Lebensqualität Ihres Kindes ganz
entscheidend leiden, es kann zu Dauerschäden an der Lunge und zu unter lebensbe-
drohlichen Asthmakrisen kommen.
b) lang wirkende Beta-Mimetika (LABA) ■
Lang wirkende Beta-Mimetika zur Inhalation (LABA), (z.B. Salmeterol = Aeromax®,
Serevent®, Formoterol = Foradil®, Formotop®, Oxis®) haben eine bronchialerweiternde
Wirkung von 8 bis 12 Stunden. Sie werden zur Dauertherapie in Stufe 3 bis 5 in
Kombination mit inhalativen Kortikoiden eingesetzt. Formoterol ist wegen seines
raschen Wirkungseintritts auch zur Akutbehandlung zugelassen. LABA stehen zur
Vereinfachung der Behandlung auch in sinnvollen festen Kombinationen zu Verfügung
(z.B. Symbicort®, Viani®).
c) Leukotrien-Antagonisten ■
Montelukast (Singulair®) blockiert die Wirkung von Leukotrienen, das sind wichtige
Botenstoffe der Entzündung in den Bronchien. Eine Reihe von anderen Botenstoffen
wird jedoch nicht beeinflusst. Es besteht auch eine leichte bronchialerweiternde Wir-
kung. Singulair® wird als Kautablette bzw. Granulat eingenommen und ist daher ein-
fach anzuwenden. Es ist schwächer wirksam als die inhalativen Kortikoide. Nennens-
werte Nebenwirkungen sind bisher nicht beobachtet worden.
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d) Theophyllin in Retardform ■
Theophyllin in Retardform mit lang anhaltender Wirkstofffreisetzung (z.B. Bronchore-
tard®, Euphylong®, Solosin® retard und Generica) wird zur Dauerbehandlung beim
kindlichen Asthma bronchiale nur noch selten eingesetzt. Zusätzlich zur bronchialer-
weiternden Wirkung besteht auch ein leichter entzündungshemmender Effekt. Der
Nachteil ist, dass der Theophyllinspiegel im Blut stark schwanken kann und daher
mittels Blutspiegelkontrolle überwacht werden muss und dass bereits bei geringer
Überdosierung Nebenwirkungen auftreten. Ein möglicher Grund für den Einsatz von
Theophyllin können sonst nicht beherrschbare nächtliche Asthmaanfälle sein.
e) orale Kortikoide ■
Kortikoide zum Einnehmen als Dauertherapie (z.B. Prednisolon = Decortin® H, Gene-
rica) sind bei Kindern und Jugendlichen glücklicherweise nur äußerst selten erforder-
lich. Ihr Einsatz kommt nur bei einem anders nicht zu beherrschenden Asthma bron-
chiale in Stufe 5 in Betracht.
f) Anti-IgE-Antikörper ■
Omalizumab (Xolair®), ist ein Antikörper, der IgE (den wichtigsten Antikörper der
allergischen Sofortreaktion) bindet. Es muss alle zwei bis vier Wochen unter die Haut
gespritzt werden. Xolair® kann bei schwerem allergischen Asthma bronchiale ab 6
Jahren als Zusatztherapie in Stufe 5 eingesetzt werden, wenn die Maßnahmen in Stufe
4 nicht zu einer ausreichenden Asthmakontrolle geführt haben.
g) DNCG ■
DNCG (z.B. Intal® und Generica) bremst die Freisetzung von allergischen
Mittlersubstanzen wie Histamin aus Mastzellen und hemmt dadurch die chronische
Entzündung und die Überempfindlichkeit der Bronchien. Da DNCG nur eine sehr milde
Wirkung hat, wird es im aktuellen Stufenschema zur Asthmabehandlung nicht mehr
eingesetzt.
h) Antihistaminika ■
Antihistaminika (z.B. Cetirizin = Zyrtec® und Generica; Desloratadin = Aerius®,
Levocetirizin = Xusal®; Loratadin = Lisino® und Generica, Telfast®) blockieren die
Wirkung von Histamin, einem wichtigen Botenstoff der allergischen Reaktion. Die
neueren Antihistaminika hemmen in höheren Dosen zusätzlich noch andere Boten-
stoffe. Sie haben dadurch auch eine leichte antientzündliche Wirkung und können so
beispielsweise bei einem Heuschnupfen auch die Überempfindlichkeit der Bronchien
herabsetzen. Zur Behandlung eines manifesten Asthma bronchiale ist diese Wirkung
allerdings nicht ausreichend. Für Ketotifen (z.B. Zaditen® und Generica) liegen Studien
vor, die eine schützende vorbeugende Wirkung mit Herabsetzung der bronchialen
Überempfindlichkeit zeigen, andere Studien konnten diesen Effekt nicht nachweisen.
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5.4.14 Inhalationstherapie
Allgemeines
Die Inhalationsbehandlung beim Asthma bronchiale kann mit einem elektrischen Inha-
liergerät, einem Dosieraerosol oder einem Pulverinhalator durchgeführt werden. Ihr Kin-
der- und Jugendarzt wird das für Ihr Kind am besten geeignete System vorschlagen. Die
Inhalationen dienen zum einen der Verabreichung von Medikamenten. Durch Inhala-
tion verabreichte Medikamente kommen direkt an den Wirkort in den Bronchien. Dadurch
werden die erforderlichen Medikamentenmengen im Vergleich zur innerlichen Gabe deut-
lich (auf höchstens 1/10) reduziert und Nebenwirkungen vermindert. Zudem wirken
Bronchialerweiterer auf dem Inhalationsweg deutlich schneller. Die Inhalation mit dem
Inhaliergerät, z.B. mit 0,9%iger Kochsalzlösung, führt zusätzlich zu einer Befeuchtung
der Atemwege und unterstützt die Schleimlösung. Eine Inhalationsbehandlung ist bei
Erkrankungen der Bronchien allerdings nur dann wirkungsvoll, wenn ausreichend kleine
Teilchen inhaliert werden, die bis in die kleinen Bronchien gelangen. Große Teilchen (über
10 µm) bleiben in der Nase oder im Rachenraum hängen.
Inhalieren mit dem Inhaliergerät
Ein gutes Inhaliergerät muss ausreichend kleine Teilchen
(meist 3 - 6µm) erzeugen können, robust, leicht bedienbar
und gut zu reinigen sein. Am häufigsten werden so
genannte Verneblergeräte (z.B. Pari Boy®) eingesetzt. Ein
kleiner Kompressor produziert Pressluft, welche in einer
Düse das Aerosol erzeugt. Auch moderne Ultraschallgeräte
(z.B. multisonic®) können verwendet werden. Das Aerosol
wird über eine Maske oder ein Mundstück an den Patienten
abgegeben. Das Inhalieren mit einem Mundstück ist der
Inhalation mit der Maske überlegen, da bei der Maskeninhalation viele Teilchen in der Nase hängen blei-
Abbildung 5-6: Pari Boy®
ben. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann allerdings nur
mit der Maske inhaliert werden. Die Inhalation sollte in aufrechter Oberkörperhaltung vorgenommen werden. Eine regelmäßige Reinigung und trockene Aufbewahrung des Verneblers ist wichtig, damit es nicht zu einem Schimmelpilzwachstum kommt. Zur Rei-nigung genügt heißes Wasser, eine Desinfektion ist nicht notwendig. Die Verneblerteile müssen anschließend gut getrocknet werden (z.B. mit einem Föhn). Zur Aufbewahrung werden sie beispielsweise in ein sauberes Küchentuch eingeschlagen. Die Dauer einer einzelnen Inhalationen sollte mindestens fünf, jedoch höchstens zehn Minuten dauern, da ansonsten die Mitarbeit der Kinder deutlich nachlässt. Die Inhalation soll mit ruhigen und tiefen Atemzügen erfolgen, dabei soll nicht durch die Nase eingeatmet werden.
Zur Befeuchtung der Atemwege und zur Schleimlösung dient die Inhalation von Koch-
salzlösung (in der Regel 0,9%ig). Es sollten nur Fertigampullen mit 2 bis 5 ml Kochsalz-
lösung verwendet werden. Größere Abfüllbehältnisse, die wiederholt geöffnet oder ange-
stochen werden müssen, sind weniger geeignet, da sehr schnell eine Besiedelung mit
Bakterien oder Pilzen eintritt. Die Inhalation von 0,9%iger Kochsalzlösung ist völlig ne-
benwirkungsfrei. Medikamente zur Inhalation werden entweder als Fertiginhalat in 2ml
Ampullen angeboten (Atrovent®, Beta-Mimetika, Pulmicort®) oder in Tropfenform der
Kochsalzlösung oder einem Fertiginhalat (Atrovent®, Beta-Mimetika) zugesetzt.
Noch ein Hinweis: Nicht direkt vor dem Schlafengehen mit dem Inhaliergerät inhalieren.
Durch die Inhalation löst sich Schleim, der abgehustet werden muss. Geht man direkt
nach dem Inhalieren ins Bett, ist ein Abhusten kaum möglich. Daher besser eine halbe
Stunde bis eine Stunde vor dem Zubettgehen inhalieren. Durch Spielen und Herumtoben
löst sich noch Schleim und kann abgehustet werden.
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Dosieraerosole ("Sprays")
Die meisten Asthmamedikamente gibt es in dieser Form. Der Wirk-
stoffbehälter enthält neben dem Medikament ein Treibgas. Durch
Drücken wird eine bestimmte Dosis (ein "Hub") in fein vernebelter
Form freigesetzt. Die Anwendung geht schneller als mit dem Inhalier-
gerät und kann auch unterwegs ohne großen Aufwand erfolgen. Bei
Atemzug-gesteuerten Dosieraerosolen (z.B. Autohaler®) wird der
Sprühstoß erst bei Ausübung eines bestimmten Sogs bei der Ein-
atmung ausgelöst. Ältere Kinder, die einen Spraystoß zeitgleich mit
dem Einatmen auslösen können, können Beta-Mimetika direkt aus
dem Dosieraerosol inhalieren. Für jüngere Kinder und für die Inhala-
tion von Kortikoiden gibt es Inhalationshilfen, auch Vorschaltkammer Abbildung 5-7:
oder Spacer genannt (siehe unten).
Dosieraerosol
Entscheidend für eine gute Wirkung der Medikamente ist die richtige Anwendung des
Sprays in folgenden Schritten:
• aufrecht sitzen oder stehen
• Spray kräftig schütteln und Schutzkappe abnehmen
• Kopf gerade halten oder leicht nach hinten neigen
• Spray senkrecht mit Öffnung nach unten halten
• ruhig und tief ausatmen
• Ansatzstück in den Mund zwischen die Zähne nehmen
• Spray drücken, dabei langsam und tief einatmen
• Atem anhalten und in Gedanken auf 5 bis 10 zählen, es darf kein Dampf vor dem
Mund zu sehen sein
• langsam durch die Nase oder mit der Lippenbremse ausatmen
• Spray aus dem Mund nehmen
• wenn vom Arzt verordnet Inhalation wiederholen
• Schutzkappe wieder aufsetzen.
Inhalationshilfen
Kortikoid-haltige Dosieraerosole mit Ausnahme des Autohaler® werden grundsätzlich mit
einer Vorschaltkammer (Spacer) angewendet, um eine Heiserkeit oder einen Pilzbefall im
Mund zu verhindern. Zudem kommen Vorschaltkammern bei Säuglingen und kleinen Kin-
dern zum Einsatz, die ein Dosieraerosol noch nicht koordiniert anwenden können. Mit der
Kombination von Dosieraerosol und Vorschaltkammer (z.B. AeroChamber®, Babyhaler®,
Nebulator®, Volumatic®, Vortex®, siehe Abbildung 5-8) ist die selbe Wirkstoffmenge in
die Bronchien zu transportieren wie mit einem Inhaliergerät, die erforderliche Dosis ist
bei Kortikoiden sogar deutlich geringer. Das Aerosol wird zunächst in die Vorschaltkam-
mer gesprüht und verteilt sich dort fein. Größere, nicht lungengängige Teilchen schlagen
sich an der Kammerwand nieder. Dann erst erfolgt die tiefe Einatmung in die Bronchien.
Der Vorteil ist, dass eine geringere Menge des Medikaments im Rachenraum hängen
bleibt und ein größerer Anteil die feinen Bronchien erreicht. Größere Kinder verwenden
Vorschaltkammern mit Mundstück, Säuglinge und Kleinkinder mit Maske.
Mit der Vorschaltkammer wird wie folgt inhaliert:
• aufrecht sitzen oder stehen
• Spray schütteln und mit der Öffnung nach unten in die Inhalierhilfe stecken
• Spray einmal drücken
• Mundstück der Inhalationshilfe mit Zähnen und Lippen fest umschließen, bei
Säuglingen und Kleinkindern Maske fest ans Gesicht anlegen
• drei- bis fünfmal langsam und tief über den Mund einatmen, Luft einige Sekunden
anhalten und durch die Nase ausatmen. Bei Inhalierhilfen mit Ventil kann auch gegen das Ventil ausgeatmet werden, die Ausatemluft entweicht dann seitlich. Die erste tiefe Inhalation ist die wichtigste.
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• wenn vom Arzt verordnet Inhalation wiederholen
• Mund ausspülen, wenn ein Kortisonspray inhaliert wurde
• Inhalierhilfe trocken lagern
• Vorschaltkammer nach Vorschrift des Herstellers reinigen.
Abbildung 5-8: Inhalationshilfen Volumatic®, Vortex®, Babyhaler®
Pulverinhalatoren
Bei der Pulverinhalation gelangt das Medikament in Form eines feinen Pulvers in die
Bronchien. Die Inhalation aus dem Pulverinhalator (z.B. Diskus®, Novolizer®, Turboha-
ler®, Spinhaler®) erfolgt durch einen kräftigen Luftstrom bei der Einatmung. Die Pulver-
inhalation ist vor allem bei älteren Kindern und Jugendlichen zur Inhalation des Dauer-
medikaments beliebt, da die Anwendung einer Vorschaltkammer entfällt. Auch bei der
Pulverinhalation wird zunächst ruhig und tief ausgeatmet (nicht in den Inhalator hinein!),
dann aber im Unterschied zur Spray-Inhalation schnell und kräftig eingeatmet. An-
schließend wird der Atem angehalten, auf 5 bis 10 gezählt und durch die Nase oder mit
der Lippenbremse wieder ausgeatmet. Der Vorgang wird evtl. nach ärztlicher Verordnung
wiederholt.
Abbildung 5-9: Pulverinhalatoren (Diskus®, Novolizer®)
Welche Inhalationsform für welches Kind?
Akut- und Dauermedikamente können bereits ab dem Säuglingsalter mit dem Dosier-
aerosol und einer Vorschaltkammer effektiv inhaliert werden. Ältere Kinder brauchen bei
Verwendung eines Akut-Medikaments als Spray bei guter Koordination keine Vorschalt-
kammer mehr. Schulkinder und Jugendliche bevorzugen oft den Pulverinhalator. Vorteil
von Dosieraerosol und Pulverinhalator ist eine kurze Inhalationszeit, was vor allem bei
einer Dauerbehandlung ein wichtiger Faktor für die konsequente Mitarbeit des Patienten
(Compliance) ist. Ein elektrisches Inhaliergerät ist von Vorteil, wenn zusätzlich eine Be-
feuchtung der Atemwege zur Schleimlösung erwünscht ist oder beim schweren Asthma-
anfall eine langsame und kontinuierliche Verabreichung eines Medikaments angestrebt
wird. Der Erfolg einer Inhalationsbehandlung hängt weniger vom verwendeten System
ab, sondern in viel stärkerem Maße von der regelmäßigen und korrekten Anwendung.
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5.4.15 Atemtherapeutische Techniken
Die Atemtherapie dient der Verbesserung der Atemtechnik und Verminderung der Atem-arbeit. Sie soll das Abhusten von Schleim fördern und die Lungenbelüftung verbessern. Auch die Beweglichkeit des Brustkorbes kann gefördert werden.
Konsequente Nasenatmung
Einatmen durch die Nase schützt die Bronchien vor Austrocknung, Kälte, Luftschadstoffen
und Allergenen, die in der Nase abgefangen werden und dadurch nicht in die Bronchien
gelangen können.
Dosierte Lippenbremse
Man lässt die Ausatemluft durch die fast geschlossenen, locker aufeinander liegenden
Lippen langsam und ohne Druck ausströmen. Dadurch wird der Luftstrom durch die
Lippen gebremst und der Druck in den Bronchien erhöht. Die Bronchien fallen so bei der
Ausatmung nicht so leicht zusammen und bleiben länger offen. Den gleichen Effekt erzielt
man, wenn beim Schwimmen gegen den Druck ins Wasser ausgeatmet wird. Die folgen-
den atemerleichternden Körperstellungen sollen immer zusammen mit der Lippenbremse
angewendet werden.
Atemerleichternde Körperstellungen
Jedes Kind mit Asthma bronchiale sollte mindestens eine atemerleichternde Körper-
stellung in Zusammenhang mit der Lippenbremse beherrschen (siehe Abbildung 5-10,
11,12):
• Kutschersitz
Das Kind setzt sich mit leicht nach vorn gebeugtem Oberkörper auf einen Stuhl und stützt sich mit den Unterarmen auf den Oberschenkeln ab.
• Torwartstellung
Die Hände werden im Stehen bei leicht gebeugten Knien auf den Oberschenkeln abgestützt.
• Stehen mit Abstützen an der Wand
Das Kind stellt sich im rechten Winkel zu einer Wand und stützt sich mit dem Ellbogen an der Wand ab.
• Hängebauchlage
Das Kind kniet sich hin, setzt den Po auf die Fersen und legt den Kopf nach vorn seitlich auf die auf dem Boden aufliegenden gebeugten Arme.
• Abstützen auf einem Tisch
Das Kind setzt sich an einen Tisch, die Arme werden auf die Tischplatte, der Kopf auf die Arme gelegt.
Abbildung 5-10,11,12: Hängebauchlage, Torwartstellung, Abstützen auf einem Tisch
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5. Erkrankungen der unteren Atemwege
GRÜNE Zone "Alles okay"
Du hast keine Asthmasymptome, keinen Husten, Du kannst allen sportlichen
Betätigungen nachgehen, Dein Schlaf ist ungestört
Peak-Flow 80-100% vom Bestwert
Medikamente weiter wie vom Arzt verordnet
GELBE Zone "Achtung"
Du hast eventuell Husten, bist kurzatmig oder hast ein Engegefühl in der Brust,
diese Symptome hindern Dich beim Sport oder beim Schlafen
und/oder
Peak-Flow 60-80% vom Bestwert
Notfallplan
ROTE Zone "Notfall"
Du hast dauernd Husten oder bist kurzatmig oder hast ein Engegefühl in der Brust,
die Symptome hindern Dich am normalen Sprechen bei leichter Anstrengung
oder beim Schlafen
und/oder
Peak-Flow unter 50% vom Bestwert
Notfallplan
Abbildung 5-13: Beispiel eines Asthmaselbstbehandlungsplans (Gesellschaft für
Pädiatrische Pneumologie)
5.4.16 Steuerung der Asthmatherapie und Notfallplan
Steuerung der Asthmatherapie
Die Festlegung der Asthmatherapie erfolgt zum einen durch die Beobachtung von Häufig-
keit und Schwere von Asthmasymptomen wie Husten, Pfeifen, Kurzatmigkeit oder Enge-
gefühl in der Brust. Bei jungen Kindern geschieht dies vor allem durch die Eltern, bei
größeren Kindern auch durch Selbstwahrnehmung ("Lungendetektiv"). Sobald es das
Alter des Kindes zulässt, wird die Asthmatherapie auch durch eine Lungenfunktionsprü-
fung überwacht. Dies ist normalerweise ab dem Alter von vier bis fünf Jahren der Fall.
Der Abhörbefund ist zwar eine wichtige, jedoch nicht allein ausreichende Therapiekon-
trolle, da eine Verengung der Atemwege oft nicht mit einem auffälligen Abhörbefund ein-
hergeht. Die Verwendung eines Peak-Flow-Meters ist vor allem während instabiler Phasen
oder bei Therapieänderungen eine sinnvolle Maßnahme zur Unterstützung der Selbst-
kontrolle.
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5. Erkrankungen der unteren Atemwege
Grade der Asthmakontrolle
In der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Asthma werden drei Grade der Asthma-
kontrolle definiert. Betrachtet wird jeweils eine Woche innerhalb der letzten vier Wochen:
a) Kontrolliertes Asthma
Überhaupt keine Symptome oder Einschränkungen, keine Notfallmedikamente
erforderlich gewesen, normale Lungenfunktion.
b) Teilweise kontrolliertes Asthma
Ein bis zwei der folgenden Kriterien erfüllt: irgendein Symptom tagsüber oder
nachts, Einschränkung im Alltag, Einsatz von Notfallmedikamenten, einge-
schränkte Lungenfunktion.
c) Unkontrolliertes Asthma
Drei oder mehr der unter b) aufgeführten Kriterien oder Verschlechterung mit
Abfall der Lungenfunktionswerte.
Notfallplan
Nach entsprechender Schulung kann mit einem Asthmaselbstbehandlungsplan die
Behandlung vom Patienten bzw. seinen Eltern auch zwischen den Vorstellungsterminen
beim Arzt bei Bedarf angepasst werden (siehe Abbildung 5-13 und 5-14).
GELBE Zone "Achtung"
ROTE Zone "Notfall"
Kutschersitz oder Torwartstellung mit Lippenbremse 2–3 Hübe Notfallspray weiter Kutschersitz/Torwartstellung mit Lippenbremse
wenn nach 10 Minuten keine Besserung
2 – 3 Hübe Notfallspray
Kutschersitz/Torwartstellung mit Lippenbremse Kortison-Notfalltablette einnehmen
wenn nach 10 Minuten keine Besserung
Arzt und Eltern verständigen weiter Kutschersitz/Torwartstellung mit Lippenbremse
Abbildung 5-14: Beispiel eines Notfallplanes für Schulkinder (Luftiku(r)s Osnabrück)
5.4.17 Asthma und Sport
Bei den meisten Kindern mit Asthma bronchiale führt starke körperliche Anstrengung durch eine Abkühlung und Austrocknung der Bronchialschleimhaut zu Beschwerden. Eine generelle Befreiung eines Asthma-kranken Kindes oder Jugendlichen vom Sport sollte allerdings der Vergangenheit angehören. Regelmäßiges körperliches Training fördert die motorische und psychische Entwicklung insgesamt. Die Teilnahme an sportlichen Aktivi-täten führt bei Asthmatikern zu einer eindeutigen Verbesserung der Lungenfunktion. Das Asthma-kranke Kind soll mit seinen Klassenkameraden mithalten können. Die individuelle Belastbarkeit kann durch einen Laufbelastungstest mit Lungenfunktionsmessung beim Arzt und durch Symptombeobachtung und Peak-Flow-Messung beim Sport bestimmt werden.
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5. Erkrankungen der unteren Atemwege
Die günstigste Sportart für Asthmatiker ist Schwimmen. Hier muss das eigene Körper-gewicht nicht getragen werden und die Einatemluft ist feucht. Es kann jedoch eventuell Probleme in stark gechlorten Bädern geben, da Chlor auf die Bronchien reizend wirkt. Als eher ungeeignet haben sich Kraftsport, Ringen und Boxen erwiesen. Prinzipiell gibt es jedoch keine Sportart, die Asthma-kranke Kinder nicht ausüben könnten, wenn die unten genannten Voraussetzungen stimmen. Der Spaß und die Freude an der gewählten Sport-art sollten im Vordergrund stehen.
Ein plötzlicher Kaltstart birgt am ehesten die Gefahr, einen Asthmaanfall auszulösen und sollte daher vermieden werden. Eine ausreichend lange Aufwärmphase von mindestens zehn Minuten wirkt hingegen stabilisierend. Die körperliche Belastung sollte nicht bis ans Maximum gehen, da maximale Belastung leicht Asthmaanfälle auslöst. Ein Asthma-krankes Kind muss bei Einsetzen von Beschwerden abbrechen dürfen. Individuelle Ein-schränkungen müssen natürlich beispielsweise bei Pollenallergikern bei starkem Pollen-flug bei Sport im Freien oder bei Hausstaubmilbenallergikern in einer verstaubten Turn-halle gemacht werden. An vielen Orten haben sich Asthmasportgruppen gebildet, wo asthmakranke Kinder unter Anleitung von speziell geschulten Lehrern Sport treiben kön-nen.
Voraussetzung ist allerdings, dass eine optimale Asthmabehandlung durchgeführt wird. Diese beinhaltet ab Asthma-Schweregrad II eine antientzündliche Dauerbehandlung. Zu-sätzlich kann bei Bedarf vor Sport mit einem Beta-Mimetikum inhaliert werden. Kinder und Jugendliche, die beim Sport leicht mit Asthmaanfällen reagieren, sollten bei körper-licher Betätigung immer ein bronchialerweiterndes Akut-Spray greifbar haben und an-wenden können. Sie müssen geschult sein, ihre Leistungsfähigkeit durch Selbstbeobach-tung und/oder Peak-Flow-Messung richtig einzuschätzen.
5.4.18 Klima und Urlaub
Ein Klimawechsel führt unabhängig von einer Reha- oder Kurmaßnahme zu einer vorü-bergehenden Verbesserung der Körpertemperaturregulation, einer verstärkten körper-eigenen Kortisonproduktion und einer psychischen Stabilisierung. Zusätzlich bestehen in bestimmten Klimazonen geringere Allergenkonzentrationen, was zu einer Verminderung der Entzündung in den Bronchien führen kann. Bei Pollenallergien kann der Pollenkontakt durch einen Aufenthalt in einem Gebiet mit anderer Vegetation, im Hochgebirge ab 1500 bis 2000 m oder am Meer reduziert werden. Viele Pollenallergiker nützen diesen Umstand bei der Urlaubsplanung. Informationen hierzu liefern spezielle Urlaubs-Pollenflugkalender. Ab 1000 m Höhe nimmt die Milbenzahl in unseren Breiten deutlich ab, ab 1500 m sind keine Hausstaubmilben mehr nachweisbar. Ein Klimawechsel kann also zu einer vorüber-gehenden Stabilisierung der bronchialen Situation führen. Er wird jedoch ohne länger-fristigen Effekt sein, wenn erforderliche Maßnahmen zur Allergenvermeidung und Dauer-behandlung zu Hause nicht konsequent fortgeführt werden. Allein durch eine Klimaverän-derung kann ein Asthma bronchiale nicht geheilt werden!
5.4.19 Rehamaßnahmen
Siehe Kapitel 18.
5.4.20 Asthma und Psyche
Asthma und Psyche beeinflussen sich wechselseitig. Die früher oft zu hörende Meinung, dass das Asthma bronchiale rein psychisch ausgelöst sei, ist überholt. Jedoch spielen bei vielen Asthmatikern psychische Faktoren als Auslöse- oder Verschlechterungsfaktoren eine mehr oder weniger wichtige Rolle. Eine schlechte psychische Verfassung oder Angst machen den Körper empfänglicher für einen Asthmaanfall. Eine ausgeglichene psychische Verfassung und die Abwesenheit von Angst machen einen Asthmaanfall weniger wahr-scheinlich. Es gibt Asthmatiker, bei denen psychische Auslösefaktoren eine so große Rolle spielen, dass eine psychotherapeutische Behandlung notwendig wird. Und es gibt Asth-
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matiker, die mit einem echten oder angedrohten Asthmaanfall ihre Eltern oder die übrige Umwelt in Atem halten, sich damit die gewünschte Aufmerksamkeit verschaffen.
Zwei Grundhaltungen können den Verlauf eines Asthma bronchiale erheblich beein-
flussen. Die Verdrängung (Nichtwahrhabenwollen) körperlicher Symptome durch den
Asthmakranken selbst oder durch die Eltern eines betroffenen Kindes führt unter Um-
ständen zu einer erheblichen Verzögerung der Diagnose und des Behandlungsbeginns.
Da jeder Asthmaanfall für einen weiteren Asthmaanfall empfindlicher macht, ist dies län-
gerfristig gesehen ein ungünstiger Weg. Auch Jugendliche neigen in den schwierigen
Zeiten der Entwicklung und Selbstfindung zu einer Verdrängung körperlicher Symptome
oder haben nicht den Mut, mit den Eltern oder dem Arzt darüber zu sprechen. Oft ver-
hindert die Vorstellung "mir kann so etwas nicht passieren" eine adäquate Therapie.
Ebenso nachteilig ist eine überbeschützende Haltung der Eltern, die ihr Kind ständig
ängstlich beobachten und von allen nur denkbaren "Gefahren" schützen wollen. Das Kind
kann dadurch kein gesundes Selbstvertrauen entwickeln und wird, wenn überhaupt, erst
spät Mitverantwortung in der Therapie übernehmen.
Ein wichtiger Aspekt ist die Rückwirkung der körperlichen Situation auf die seeli-
sche Verfassung: Die Angst vor einem unvorhersehbaren neuen Asthmaanfall; die
Angst, in manchen Dingen, vor allem was die körperliche Leistungsfähigkeit anbelangt,
hinter Gleichaltrigen zurückstehen zu müssen; die Angst, in Schule, Beruf und Privatle-
ben benachteiligt zu werden und so weiter. All dies hat Rückwirkungen auf das Selbst-
wertgefühl. Wenn dadurch das seelische Gleichgewicht gestört wird und erneut Angst
entsteht, kann es tatsächlich zu einer Verschlechterung der körperlichen Situation mit
vermehrten Asthmaanfällen kommen, der Teufelskreis ist geschlossen.
Zur besseren Bewältigung seelischer Anspannungen haben sich Entspannungstechniken wie das autogene Training und die progressive Muskelentspannung nach Jacobson be-währt. Besteht die Erfordernis einer Psychotherapie, ist zwischen einer Vielzahl therapeu-tischer Methoden auszuwählen (z.B. Einzeltherapie, Gruppentherapie, Familientherapie). Der in der Asthmatherapie erfahrene Arzt wird dies im Einzelfall mit dem Betroffenen und/oder den Eltern besprechen. Dabei ist auch das jeweils vor Ort vorhandene thera-peutische Angebot zu berücksichtigen.
5.4.21 Impfungen bei Asthma
Siehe Kapitel 15.
5.4.22 Komplikationen
Ein nicht oder unzureichend behandeltes Asthma bronchiale kann erhebliche Konsequen-zen für das soziale, schulische oder berufliche Leben haben: Atemprobleme, Sauerstoff-mangel und gestörter Schlaf führen zu chronischer Müdigkeit mit Gereiztheit und Lei-tungsabfall, Wachstums- und Entwicklungsstörungen und vermindertem Selbstbewusst-sein. Wird die chronische Entzündung in den Bronchien nicht ausreichend behandelt, kann eine nicht mehr rückbildungsfähige Narbenbildung in den Bronchien die Folge sein. Bei einem schweren Asthma bronchiale mit chronischen Atemproblemen kann sich der Brustkorb verformen und eingezogen werden. Die Brustmuskeln verkürzen sich, was zu einem Rundrücken führt. Kann die Ausatemluft über einen längeren Zeitraum nicht mehr vollständig entweichen, kommt es zu einer andauernden Überblähung der Lungen mit einem fassförmigen Brustkorb. Eine starke chronische Überblähung kann vor allem bei Jugendlichen mit mangelnder Selbstwahrnehmung in Verschlechterungsphasen leicht zu bedrohlichen Asthmakrisen führen. Von einem Status asthmaticus spricht man, wenn länger als 12 Stunden Atemnot in Ruhe besteht und auf die Inhalation von Beta-Mimetika keine Besserung erfolgt. Ein bedrohlicher Warnhinweis ist eine Blauverfärbung der Lippen. In diesen Fällen ist eine sofortige Klinikbehandlung erforderlich.
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5.4.23 Verlauf und Prognose des Asthma bronchiale
Das Asthma bronchiale ist eine chronische Erkrankung. Es ist heute zwar in den aller-meisten Fällen gut zu behandeln, jedoch nicht heilbar. Die Bereitschaft der Bronchien, überempfindlich zu reagieren, bleibt das ganze Leben mehr oder weniger stark bestehen. Grob vereinfacht kann man von folgenden Zahlen ausgehen:
• bei einem Drittel der Kinder verliert sich das Asthma bis auf geringe Rest-
• bei einem Drittel bessert sich das Asthma,
• bei einem Drittel bleibt das Asthma unverändert oder es verschlechtert sich sogar.
Die beste Prognose haben Kinder mit einem nichtallergischen Asthma, das hauptsächlich durch Virusinfekte ausgelöst wird (Infektasthma). Schlechtere Chancen haben Kinder und Jugendliche, bei denen das Asthma bereits sehr früh begonnen hat, die in früher Kind-heit bereits ein sehr schweres Asthma hatten, bei denen Allergien oder eine Neurodermi-tis bestehen und die aktiv oder passiv Tabakrauch ausgesetzt sind. Jugendliche, die in der Pubertät nicht erscheinungsfrei sind, werden ihre Beschwerden im Erwachsenenalter wahrscheinlich nicht verlieren.
5.4.24 Berufswahl bei Allergien der Atemwege und Asthma
Neben persönlichen Neigungen und Fähigkeiten spielt bei Jugendlichen mit Allergien der Atemwege und Asthma bei der Berufswahl die Belastung durch Allergieauslöser sowie andere Reizstoffe und Belastungsfaktoren am zukünftigen Arbeitsplatz eine besondere Rolle.
• Wo kann ich mich informieren?
Die erste Anlaufstelle für medizinische Fragen ist zunächst der behandelnde Kin-der- und Jugendarzt bzw. Allergologe. Er kann aufgrund der medizinischen Be-funde darüber informieren, welche Allergieauslöser und weitere Belastungsfakto-ren je nach vorliegender Erkrankung unbedingt vermieden werden sollten und welche Berufsbilder am geeignetsten sind. Der Berufsberater beim Arbeitsamt kann dann auf diesen Informationen aufbauend je nach persönlichen Voraus-setzungen über mögliche Berufswege beraten, vorhandene Ausbildungsstellen vermitteln oder vor der Berufsausbildung eine Berufsfindung, eine Arbeitserpro-bung oder einen Förderlehrgang vorschlagen.
• Auf welche Belastungsfaktoren ist zu achten?
Grundsätzlich gilt, dass Jugendliche mit allergischer Bindehautentzündung, allergi-schem Schnupfen und Asthma oder auch mit bekannter Allergiebereitschaft Ar-beitsplätze, an denen sie einer starken Belastung mit Inhalationsallergenen (= Allergieauslöser, die mit der Luft übertragen werden) ausgesetzt sind, meiden sollten. Dies betrifft natürlich zunächst einmal die bereits individuell bekannten Inhalationsallergene wie Tierhaare, Pollen oder Schimmelpilze. Zudem sind un-spezifische Reizfaktoren wie Zigarettenrauch, Stäube und andere atemwegs-reizende Stoffe, eine starke Kälte- oder Hitzeexposition sowie bei Belastungs-asthma auch schwere körperliche Anstrengung zu umgehen. In welchem Ausmaß dies geschehen muss, ist jedoch immer eine individuelle Entscheidung in Abspra-che mit dem behandelnden Arzt.
Liegen zusätzlich Nahrungsmittelallergien und Kontaktallergien (z.B. gegen Me-talle) vor, erschwert dies die Berufswahl zusätzlich. Zudem besteht die Neigung zur Allergieausweitung , das heißt, dass sich bei bereits bestehenden Allergien bei entsprechendem Kontakt weitere Allergien entwickeln können. Allerdings können sich auch bei bisher Gesunden im Laufe des Berufslebens noch Allergien entwi-ckeln.
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• Welche Berufe sind zu empfehlen bzw. zu meiden?
Die Berufswahl beim Allergiker und Asthmatiker ist immer eine individuelle Ent-scheidung, die nach entsprechender eingehender Beratung mit dem Arzt und dem Berufsberater getroffen werden sollte. Sie hängt auch vom Schweregrad der Er-krankung ab und wie gut die Erkrankung behandelt ist. Die folgenden Tabellen zeigen Beispiele von Berufen mit geringem, tragbarem und hohem Risiko für Ju-gendliche mit Allergien der Atemwege und Asthma. Sie wurden unter anderem nach Empfehlungen des Asthmazentrums in Berchtesgaden zusammengestellt und sollen als Orientierung dienen. Es kann unter Umständen besser sein, einen Beruf mit tragbarem Risiko (siehe Tabelle 5-7), der jedoch den persönlichen Nei-gungen des Jugendlichen entspricht, zu wählen statt eines Berufes mit geringem Risiko (siehe Tabelle 5-8), welcher dem Auszubildenden überhaupt keinen Spaß macht. Oft kann auch durch entsprechende Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz der Kontakt mit Allergie- oder Reizstoffen deutlich eingeschränkt werden, die Be-rufsgenossenschaften haben dazu entsprechende Empfehlungen und Vorschriften herausgegeben.
Tabelle 5-6: Beispiele für Berufe mit hohem Risiko bei Allergien der Atemwege und Asthma
• mehlverarbeitende Berufe: Bäcker, Konditor, Lagerarbeiter in Mehlsilos, Koch
• Gärtner, Florist
• Tischler und andere holzverarbeitende Berufe
• Berufe mit engem Tierkontakt (Tierarzt und Hilfspersonal, Tierpfleger, Zoohändler,
Arbeit mit Labortieren, Kürschner, Schlachthofarbeiter, Fisch- und Futtermittelverarbeiter)
• Friseur, Kosmetiker
• Polsterer, Dekorateur
• Schuhfabrikarbeiter
• Zahntechniker
• Müllwerker, Kanalarbeiter
• Tiefbauarbeiter, Berufe im Untertagebau • Industriearbeiter mit Umgang mit allergisierenden oder chemisch reizend
wirkenden Stoffen
Tabelle 5-7: Beispiele für Berufe mit tragbarem Risiko bei Allergien der Atemwege und
• Verkäufer im Einzelhandel
• Lagerist (nicht in Getreide- und Düngemittellagern)
• Berufe in der Bekleidungs- und Textilherstellung
• Drucker, Druckereiarbeiter
• Fotograf (ohne Dunkelkammerarbeiten)
• Pflege- und Hilfspersonal in Krankenhaus und Arztpraxis
• Apotheker und Hilfspersonal
• Chemotechniker (ohne Umgang mit Labortieren)
• Hauswirtschafts- und Hotelfachkraft
• Fein-, Kfz- und Elektromechaniker
• Fensterputzer
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• Industriearbeiter an emissionsfreien Arbeitsplätzen • Maschinenführer im Baugewerbe (ohne Straßenbau), in der Forstwirtschaft , im
Tabelle 5-8: Beispiele für Berufe mit geringem Risiko bei Allergien der Atemwege und
• kaufmännische Berufe
• Verwaltungsberufe (z.B. Verwaltungsangestellter) mit Hilfsberufen (z.B. Bote,
• technische und künstlerische Planungsberufe
• pädagogische Berufe (z.B. Lehrer)
• soziale Berufe (z.B. Sozialarbeiter)
• therapeutische Berufe (z.B. Logopäde, Musiktherapeut)
• wissenschaftliche Berufe im theoretischen Bereich
• Informatikberufe (z.B. Programmierer)
• journalistische, nachrichten- und medientechnische Berufe im Innendienst
• industrielle Produktionsberufe an emissionsfreien Arbeitsplätzen
5.4.25 Mythen und Fakten zum Asthma bronchiale
Tabelle 5-9 fasst einige Mythen und Fakten zum Thema Asthma zusammen.
Tabelle 5-9: Asthma bronchiale – Mythen und Fakten
Asthma kommt und geht.
Asthma ist eine chronische Entzündung in
den Bronchien, die immer da ist, auch wenn
gerade keine Beschwerden vorhanden sind.
Asthma ist eine psychische Erkrankung.
Asthma ist eine Erkrankung der Lunge und
nicht der Psyche. Emotionaler Stress kann
allerdings Asthmasymptome z.B. durch
Ausschüttung von Entzündungsstoffen
Asthmamedikamente sollten nur bei
Nur die regelmäßige Anwendung von
Beschwerden eingesetzt werden, sonst
Medikamenten kann die ursächliche
gewöhnt sich der Körper daran und sie
Entzündung in den Bronchien bekämpfen und
verlieren sie ihre Wirksamkeit.
Asthmaanfälle verhindern.
Entzündungshemmende Asthmamedikamente
verlieren ihre Wirkung nicht.
Asthma bei Kindern verwächst sich.
Die angeborene Überempfindlichkeit der
Bronchien bleibt bestehen, auch wenn bei
vielen Kinder die Asthmassymptome mit dem
Alter weniger werden.
Asthma verschwindet, wenn man ans
Ein Umzug ans Meer kann bei einer
Meer oder in die Berge zieht.
Milbenallergie ein Asthma sogar
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verschlechtern, wenn dort keine Milbensanierung durchgeführt wird. Wenn die individuellen Auslöser vermieden werden und eine regelmäßige Behandlung durchgeführt wird, kann ein Asthma-kranker überall leben.
5.4.26 Zusammenfassung:
Unter einem Asthma bronchiale versteht man eine anfallsweise auftretende
Verengung der Atemwege, deren Ursache eine Überempfindlichkeit (Hyperrea-
gibilität) der Bronchien auf unterschiedliche Reize ist.
Grundlage dieser Überempfindlichkeit ist eine chronische Entzündung in den Bron-
Werden die entzündeten Bronchien gereizt, kommt es zu einer Schwellung der
Bronchialschleimhaut, der vermehrten Bildung zähen Schleims und einer Ver-
krampfung der Bronchialmuskulatur.
Das typische Asthmasymptom ist die erschwerte Ausatmung mit einem pfeifen-
den Ausatemgeräusch.
Auslöser für Asthmaanfälle können Infekte, Allergien, körperliche Anstrengung, Luft-
schadstoffe, emotionaler Stress, seltener auch Medikamente sein. Als allergische Auslöser kommen hauptsächlich Milben, Pollen, Haustiere und Schimmelpilze in Be-tracht.
Die Diagnose eines Asthma bronchiale wird durch die Krankengeschichte, die
körperliche Untersuchung und den Nachweis einer rückbildungsfähigen Bron-
chialverengung in der Lungenfunktion gestellt
Die Therapie besteht aus unterschiedlichen Maßnahmen: der Vermeidung von
bekannten Auslösern, der medikamentösen Behandlung sowie ergänzenden Maßnah-men wie Sport, atemerleichternden Körperstellungen und Entspannungstechniken. Eine gründliche Information und Schulung des Betroffenen und seiner Bezugsperso-nen ist hierfür notwendig.
Man unterscheidet Akutmedikamente ("Reliever", Symbol roter Kreis ), welche als
Bedarfstherapie bei akuten Beschwerden eingesetzt werden von Dauermedika-
menten ("Controller", Symbol grünes Quadrat ■), welche als Dauertherapie der Be-
kämpfung der Entzündung und der vorbeugenden Stabilisierung der Bronchien die-
nen.
Inhalationen erfolgen entweder mit dem Inhaliergerät, Dosieraerosolen ("Sprays") mit
und ohne Inhalationshilfen oder Pulverinhalatoren. Die konsequente antientzündliche Behandlung ist enorm wichtig, da sonst durch die Entzündung in den Bronchien nicht mehr rückbildungsfähige Narben entstehen können.
Mit den heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmaßnahmen können fast alle
Kinder und Jugendliche mit Asthma bronchiale gut behandelt werden, obwohl wir Asthma nicht dauerhaft heilen können.
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5.5 Entzündung der Lungenbläschen (exogen allergische
Alveolitis)
Neben dem Asthma bronchiale gibt es noch eine andere zwar seltene, jedoch auch schon
bei Kindern vorkommende allergische Erkrankung der Lunge: die exogen allergische
Alveolitis.
Es handelt sich dabei um eine Entzündung der feinen Lungenbläschen (= Alveolen). Diese Form der Entzündung wird durch organische Feinstäube tierischen und pflanzlichen Ursprungs ausgelöst, die über die Bronchien eingeatmet werden. Bei Kindern kommen z.B. Schimmelpilze in verschimmeltem Heu (Farmerlunge) oder Vogelkot (Taubenzüch-terlunge) als Auslöser in Betracht. Bei Erwachsenen können auch Chemikalien und Medi-kamente ursächlich sein. Es werden IgG-Antikörper gegen die jeweils auslösenden Aller-gene gebildet. Es handelt sich um eine allergische Typ III-Reaktion (siehe Kapitel 16.4)
Es gibt eine akute und eine chronische Form der allergischen Alveolitis. Bei Kindern
kommt meist die chronische Form vor. Es zeigen sich ein trockener Husten, allgemei-
nes Krankheitsgefühl, Atemnot bei Anstrengung und Gewichtsabnahme. Mit einem Rönt-
genbild der Lunge kann man meist schon die Verdachtsdiagnose stellen. Die Lungenfunk-
tionsprüfung zeigt eine mangelnde Dehnbarkeit der Lunge (restriktive Ventilationsstö-
rung). Im Blut sind IgG-Antikörper gegen das auslösende Allergen nachweisbar. Die
Diagnose kann durch eine Computertomographie der Lunge, durch eine Blutuntersuchung
und durch den Nachweis bestimmter Zellen bei der Bronchoskopie (= Luftröhrenspiege-
lung) gesichert werden. In Zweifelsfällen muss unter Umständen ein kleines Stück Lun-
gengewebe entnommen und untersucht werden.
Die Behandlung besteht in einer strikten Meidung des Auslösers, am Anfang meist auch in einer innerlichen Behandlung mit Kortikoiden, da nur diese in der Lage sind, die starke Entzündungsreaktion in der Lunge zu stoppen. Bei unzureichender Therapie können nicht mehr rückgängig zu machende Veränderungen in der Lunge entstehen.
Die Entzündung der Lungenbläschen (exogen allergische Alveolitis) kommt durch
die Bildung von IgG-Antikörpern gegen inhalierte organische Materialien wie Vogelkot (Taubenzüchterlunge) oder Schimmelpilze in verschimmeltem Heu (Farmerlunge) zu-stande.
Bei Kindern überwiegen chronische Verläufe mit Husten, Atemnot, allgemeinem
Krankheitsgefühl und Gewichtsabnahme.
5.6 Pseudocroup
Sina, zwei Jahre alt, hat seit einem Tag Schnupfen und Temperaturen bis 38°C. Am
Abend zeigt sich ein leichter bellender Husten. Gegen 22 Uhr wacht Sina mit einem lau-
ten Bellhusten auf. Wenn sie weint, hört man ein ziehendes Geräusch beim Einatmen.
Sinas Eltern kennen die Symptome von Christoph, Sinas fünfjährigem Bruder und wissen
was los ist: Pseudocroup. Der Vater nimmt Sina auf den Arm und beruhigt sie. Die Be-
schwerden lassen dadurch bereits deutlich nach. Die Temperatur beträgt 37,8°C, ist also
nur leicht erhöht. Der Vater zieht Sina eine warme Jacke an und geht mit ihr auf den Bal-
kon in die kühle Abendluft. Bereits nach einigen Minuten ist das ziehende Atemgeräusch
verschwunden, gelegentlich hustet das Mädchen bellend. Die Mutter hat in der Zwischen-
zeit etwas zum Trinken gebracht. Außerdem hängt sie feuchte Tücher im Kinderzimmer
auf und öffnet die Fenster. Der Rest der Nacht verläuft dann relativ ruhig. Sina wacht
noch zweimal kurz mit bellendem Husten auf, schläft aber bald wieder ein.
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5.6.1 Was bedeutet Pseudocroup?
Unter Pseudocroup (auch Laryngotracheobronchitis genannt) versteht man eine Entzün-dung und Verengung der Luftröhre unterhalb der Stimmbänder. Hervorgerufen wird diese Entzündung meist durch Virusinfektionen. Betroffen sind vor allem Säuglinge und Kinder zwischen drei Monaten und drei Jahren.
5.6.2 Wie äußert sich ein Pseudocroup?
Oft zeigt sich zunächst nur ein Schnupfen. Dann folgt meist abends oder in der Nacht ein typischer bellender Husten und ein pfeifendes Einatemgeräusch (Stridor). Die Symptome können sich jedoch auch ganz plötzlich ohne Vorboten zeigen (spasmodischer Croup) und halten normalerweise mehrere Tage an. Es werden vier Schweregrade unterschieden. In vielen Fällen ist das Kind kaum beeinträchtigt und zeigt nur bei Aufregung einen bellen-den Husten. Die Symptomatik kann sich jedoch bis zu schwerster Atemnot steigern. Eine künstliche Beatmung ist jedoch nur extrem selten erforderlich.
5.6.3 Wovon muss der Pseudocroup abgegrenzt werden?
Abzugrenzen ist der Pseudocroup vor allem von der eitrigen Kehldeckelentzündung
(Epiglottitis), hervorgerufen durch eine bakterielle Infektion mit Hämophilus influenzae
Typ B (dieses Bakterium hat nichts mit dem Grippenvirus zu tun). Die eitrige Kehldeckel-
entzündung ist ein lebensbedrohliches Krankheitsbild mit hohem Fieber, Beschwerden
beim Einatmen, Schluckbeschwerden, kloßiger Sprache und Speichelfluss. Der für den
Pseudocroup typische bellende Husten fehlt. Betroffen sind meist Kleinkinder von zwei bis
fünf Jahren. Die Epiglottitis bedarf sofortiger stationärer Behandlung mit antbiotischer
Therapie und Einführen eines Beatmungsschlauches (Tubus) in die Luftröhre, um ein Er-
sticken zu verhindern. Die eitrige Kehldeckelentzündung ist glücklicherweise seit der
Einführung der Impfung gegen Hämophilus influenzae sehr selten geworden.
5.6.4 Was sind die Ursachen des Pseudocroup?
Die meisten Fälle von Pseudocroup sind durch eine Virusinfektion bedingt (Parainfluenza-, Influenza-, Adeno- und Rhinoviren). Eine groß angelegte Studie konnte in Deutschland nur einen schwachen Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Pseudo-crouphäufigkeit feststellen, wahrscheinlich weil der Schwefeldioxidausstoß in den letzten Jahrzehnten reduziert werden konnte. Es besteht jedoch ein Zusammenhang mit dem anlagebedingten überempfindlichen (hyperreagiblen) Bronchialsystem. Dies erklärt auch, warum nur eine bestimmte Gruppe von Kindern durch eine Infektion mit den oben ge-nannten Viren an einem Pseudocroup erkrankt und die meisten Kinder auf die selbe In-fektion nur mit Schnupfen oder Fieber reagieren.
5.6.5 Wie wird ein Pseudocroup behandelt?
• Kind beruhigen
Der erste und wichtigste Schritt ist die Beruhigung des Kindes. In Ruhe haben viele Kinder nur noch geringe oder keine Beschwerden mehr.
• Kühl-feuchte Luft einatmen lassen
Das Einatmen kalter und feuchter Luft bewirkt eine Abschwellung der Schleim-haut. Man kann z.B. feuchte Tücher im nicht beheizten Kinderzimmer aufhängen. Bei akuten Atembeschwerden geht man mit dem warm angezogenen Kind ans ge-öffnete Fenster oder auf den Balkon und lässt es dort die kühle Außenluft einat-men. Falls dies nicht möglich ist, kann auch im Bad mit einer heißen Dusche Was-serdampf erzeugt werden.
• Bei anhaltenden Beschwerden: Kortikoid-Zäpfchen
Falls mit den oben genannten Maßnahmen keine Besserung zu erreichen ist, wird ein Kortikoid-Zäpfchen (z.B. Prectal®, Klismacort®, Rectodelt®) verabreicht. Korti-son ist der effektivste Schleimhautabschweller, die Wirkung tritt allerdings erst
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nach ca. 30 bis 60 Minuten ein. Vielen Kindern kann damit eine Krankenhausauf-nahme erspart werden. Mit ähnlicher Wirkung können Kortikoide auch mit einem elektrischen Inhaliergerät verabreicht werden.
• Wann muss das Kind ins Krankenhaus?
Haben diese Maßnahmen keinen Erfolg, das heißt wenn das Kind weiterhin eine deutliche Atemnot zeigt, sich nicht beruhigt, sich blau verfärbt, nicht mehr sprechen oder schlucken will oder apathisch wird, muss eine sofortige stationäre Aufnahme erfolgen. Im Krankenhaus werden neben den Kaltluftinhalationen auch Adrenalin-Inhalationen (z.B. Infectokrupp Inhal, Mikronephrin®, Suprarenin®) verabreicht, was zu einer zusätzlichen Schleimhautabschwellung führt. Eventuell werden auch Kortikoide intravenös gegeben.
• Kommt der Pseudocroup wieder?
In der Regel ist ein Pseudocroupanfall nach einigen Tagen abgeklungen. Bei welchem Kind die erste auch die letzte Episode gewesen ist und bei welchem Kind weitere Pseudocroupanfälle auftreten werden, lässt sich im Einzelfall schwer voraussagen. Die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung ist jedoch bei einer Familienvorgeschichte mit einem hyperreagiblen Bronchialsystem erhöht. Etwa 50% der betroffenen Kinder haben mehrere Pseudocroupanfälle.
5.6.6 Zusammenfassung
Bei einem Pseudocroupanfall treten ein bellender Husten sowie ein pfeifendes Ein-
atemgeräusch (Stridor) auf. Betroffen sind meist Kinder von drei Monaten bis drei Jahren.
Die Ursache ist eine Einengung der Luftröhre unterhalb des Kehlkopfes durch eine
Entzündung der Schleimhaut. Die häufigsten Verursacher sind Virusinfektionen. Luft-schadstoffe spielen in Gegenden mit geringer Luftverschmutzung normalerweise eine geringe Rolle.
Besonders empfindlich reagieren Kinder mit einem überempfindlichen Bronchial-
system und Allergien.
Die Behandlung besteht zunächst in der Beruhigung des Kindes, Inhalationen von
feuchter kalter Luft sowie reichlicher Flüssigkeitszufuhr.
Bei anhaltender Symptomatik werden zur Schleimhautabschwellung Kortikoid-haltige
Zäpfchen eingesetzt, bei deren kurzzeitiger Anwendung keine Nebenwirkungen zu er-warten sind.
Bei mit diesen Maßnahmen nicht zu beherrschenden Atemnotszuständen muss eine
Überwachung in der Kinderklinik erfolgen.
Wichtig ist die Abgrenzung von der eitrigen Kehldeckelentzündung (Epiglottitis). Hier-
bei bestehen hohes Fieber, Beschwerden beim Einatmen, Schluckbeschwerden, eine kloßige Sprache und Speichelfluss. Die Epiglottitis bedarf wegen Erstickungsgefahr sofortiger stationärer Behandlung.
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Source: http://www.paedia.uni-luebeck.de/pina/buch/pdf/kapitel_5.pdf
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Critical Care Medicine Simon R. Finfer, M.D., and Jean-Louis Vincent, M.D., Ph.D., Editors Severe Sepsis and Septic Shock Derek C. Angus, M.D., M.P.H., and Tom van der Pol , M.D., Ph.D. From the CRISMA (Clinical Research, Inves-tigation, and Systems Modeling of Acute Sepsis is one of the oldest and most elusive syndromes in medicine. Hippocrates claimed that sepsis (σ ´